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AKADEMIE
10.01.2021

Mein TSG-Moment (25): Sina Schiele und Philipps Zeugnisübergabe

Der Fußball steckt voller Emotionen, vor allem, wenn der eigene Verein beteiligt ist. In unserer Serie „Mein TSG-Moment“ blicken aktuelle und ehemalige Mitarbeiter, Trainer und Spieler der Akademie auf ihre ganz besonderen Momente mit der TSG zurück – ob als aktiv Beteiligte oder als Zuschauer. Heute: Sina Schiele. Die pädagogische Mitarbeiterin der Akademie denkt mit Freude an den Moment zurück, als Philipp Ochs sein Fachabiturzeugnis überreicht bekam.

»Es war eine normale Zeugnisübergabe – und am meisten haben sich Philipp Ochs selbst und seine Eltern gefreut. Aber auch für mich war das ein großartiges Gefühl, als Philipp im Juli 2016 das Fachabitur endgültig in der Tasche hatte. Drei Jahre haben wir intensiv auf diesen Moment hingearbeitet. Drei Jahre, in denen er nicht nur schulisch die eigenen Erwartungen und die seines Umfelds übertroffen hat, sondern parallel hart für seine Fußball-Karriere schuften musste. Auch hier hat er sich letztlich belohnt und ist mittlerweile Profi.

Ich habe 2007 bei Anpfiff ins Leben als Nachhilfelehrerin angefangen und bin 2012 in die TSG-Akademie gewechselt, wo ich mich um die Laufbahnbegleitung der Hoffenheimer Talente gekümmert habe. In jenem Sommer verließ Philipp sein Elternhaus in Wertheim. Er hatte gerade den Hauptschulabschluss gemacht und zog nun in das Spielerwohnheim der Akademie ein. Zunächst machte er auf einer unserer Partnerschulen, der Theodor-Heuss-Schule ins Sinsheim, den Werkrealschulabschluss und räumte nebenbei zwei Preise ab: Einen für seine sportlichen Leistungen, was auch zu erwarten war, und darüber hinaus einen für Bildende Kunst. Philipp war ein kreativer Junge, und ich habe ihm durchaus zugetraut, jetzt auch noch das Fach-Abi in Angriff zu nehmen. Ich war zuversichtlich, dass Philipp, der damals als Jugendnationalspieler sportlich sehr gefordert war, mithilfe seiner außerordentlichen Disziplin das schulische Ziel erreichen würde.

Wir haben Gespräche geführt und den damaligen Koordinationslehrer Michael Kunzmann, der in der U13 Philipps Trainer war, mit ins Boot geholt. Auch er erkannte das Potenzial und wir haben uns geeinigt, ihn für das Berufskolleg Sport- und Vereinsmanagement an der Max-Weber-Schule anzumelden. Ganz wichtig bei unseren Überlegungen war, dass auch Philipps Eltern von dieser Idee überzeugt waren und uns immer unterstützt haben, denn sie ebenfalls hatten großes Interesse daran, dass ihr Sohn, obwohl er fußballerisch schon auf einem sehr guten Weg war, den bestmöglichen Schulabschluss anstrebt.

Die drei Jahre, in denen ich mich nicht ausschließlich, aber doch sehr viel um Philipp gekümmert habe, waren sehr intensiv. In erster Linie natürlich für ihn, der von der Schule ins Training und anschließend in den Nachhilfeunterricht hastete, um anschließend nur noch ins Bett zu fallen. Aber auch für mich, wobei mir diese Arbeit sehr viel Spaß gemacht hat. Wir haben uns täglich kurzgeschlossen, um den Tagesablauf durchzusprechen. Darüber hinaus stand ich in regelmäßigem Austausch mit den Profi-Trainern, um den Wochenplan abzugleichen, mitunter hatte Philipp zwei Mal am Tag Training. Entspannung hat er dann in künstlerischen Aktivitäten gefunden. Er hat mir einige Male bei Projekten geholfen, unter anderem bei der Wandgestaltung im Leistungszentrum oder im Anpfiff ins Leben-Pavillon.

Zu Beginn des Berufskollegs spielte Philipp noch in der U17, wurde in jener Saison mit der U19 Deutscher Meister und nahm an der U17-Europameisterschaft auf Malta teil. Im zweiten Jahr folgten die ersten Einheiten im Profi-Kader, mit seinen U19-Kollegen erreichte er erneut das Finale um die Deutsche Meisterschaft. Das Abschlussjahr war besonders intensiv. Philipp rückte in den Profi-Kader auf, debütierte im August 2015 in der Bundesliga und erhielt im Januar 2016 einen Profivertrag bei der TSG. Im Mai stand er zum dritten Mal in Folge im U19-Finale und anschließend berief ihn der DFB noch zur U19-Europameisterschaft.

Philipp ist ein emotionaler Typ und manchmal, wenn es sportlich oder schulisch mal nicht so lief, hatte er viel Gesprächsbedarf und wir mussten ihn wieder aufrichten. Aber nicht nur ich, sondern auch die Nachhilfelehrer, die ihn in den Abendstunden unterrichteten, unterstützten ihn nach Kräften. Alle zogen an einem Strang. Ein Abbruch kam für ihn nie in Frage, und das, obwohl er seinen Profivertrag schon in der Tasche hatte.

Nach den schriftlichen Abschlussprüfungen mussten wir die mündlichen dann wegen der U19-EM verlegen, selbstverständlich in Absprache mit den zuständigen Behörden. Bei der EM erzielte Philipp nebenbei vier Tore und half mit, die Qualifikation für die WM zu sichern.

Philipp kam mit dem Hauptschulabschluss ins Spielerwohnheim und hat es als Profi mit dem Fachabitur in der Tasche wieder verlassen. Das Schöne war, dass er das alles sehr zu schätzen wusste und sich immer wieder für unseren Einsatz bedankt hat, weil er vielleicht anfangs nicht daran geglaubt hatte, es packen zu können. Als es dann soweit war und er mit seinem Zeugnis dastand, war das auch für mich ein bewegender Moment. Seine Mutter sagte mir später, dass für sie die Zeugnisübergabe genauso emotional war wie Philipps Bundesliga-Debüt in Leverkusen.

Mittlerweile spielt Philipp in Hannover, wo er 2014 mit der U19 Deutscher Meister wurde. Wir tauschen uns noch immer aus und es freut mich sehr, dass er den Kontakt aufrechterhalten hat. Das zeigt mir, dass er unseren Einsatz für seinen Schulabschluss sehr zu schätzen weiß. Philipps duale Laufbahn war beispielhaft und dient hoffentlich weiteren Talenten als Vorbild.«

Ein Blick zurück: Duales Ziel mit Bravour geschafft

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