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AKADEMIE
15.11.2020

Mein TSG-Moment (6): Claudio Lanzillotta und der Liverpool-Trip

Der Fußball steckt voller Emotionen, vor allem, wenn der eigene Verein beteiligt ist. In unserer Serie „Mein TSG-Moment“ blicken aktuelle und ehemalige Mitarbeiter, Trainer und Spieler der Akademie auf ihre ganz besonderen Momente mit der TSG zurück – ob als aktiv Beteiligte oder als Zuschauer. Heute: Claudio Lanzillotta. Der Koch der TSG-Akademie durfte vor drei Jahren als Privatkoch der Profis mit nach Liverpool fliegen.

»Mit der ersten Mannschaft zum Champions-League-Qualifikationsspiel nach Liverpool zu fliegen, war für mich nicht nur der schönste TSG-Moment. Das war eine Erfahrung, die ich in meinem Leben nie vergessen werde – auch wenn sie mit Entbehrungen und viel Arbeit verbunden war.

Ich bin in Monopoli geboren und aufgewachsen, einem wunderschönen Küstenort in Apulien, Italien. Knapp einen Monat vor dem Liverpool-Spiel hat Manuel Neuer in unserer Kathedrale geheiratet. Ansonsten hat meine Heimatstadt mit dem Weltfußball wenig zu tun, unser Klub hat immer unterhalb der Zweiten Liga gespielt.

2010 habe ich mich entschlossen, nach Deutschland zu gehen. Ich fand Anstellungen in italienischen Restaurants in Worms, Neckargemünd sowie beim Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Vor vier Jahren wurde ich durch eine Annonce in der Rhein-Neckar-Zeitung darauf aufmerksam, dass die TSG-Akademie einen Koch für abends sucht. Fußball ist meine Leidenschaft, daher habe ich mich sofort beworben – und wurde glücklicherweise eingestellt.

Anfang August wurde ich schließlich gefragt, ob ich für den etatmäßigen Koch, der verhindert war, einspringen und mit den Profis nach Liverpool fliegen könne. Ich hätte gerne sofort zugesagt, musste mir aber etwas Bedenkzeit erbeten, denn der Termin lag mitten in meinem geplanten Sommer-Heimaturlaub in Monopoli. Aber meine damalige Frau und meine Söhne haben gesagt, ich solle das unbedingt machen und mir wurde schnell klar: So eine Gelegenheit kommt nie wieder! Also habe ich meinen Sommerurlaub gestrichen.

Ich habe mich in den darauffolgenden Tagen mit dem Ernährungsberater der TSG und dem Küchenchef des Liverpooler Hotels abgestimmt, die Ware bestellt und mich am Montag mit der Vorhut in Richtung England auf den Weg gemacht. Ja, im Vorfeld war ich aufgeregt und nervös – aber die Nervosität habe ich bei der Abfahrt in Zuzenhausen gelassen. Ich war einfach nur glücklich, dabei sein zu dürfen und wollte einen guten Job machen.

Unser Hotel war ein umfunktioniertes Lagerhaus mitten in den ehemaligen Docks. Von der Stadt habe ich jedoch nicht viel gesehen, denn ich hatte alle Hände voll zu tun. Die Mannschaft kam am Dienstagnachmittag an und ich musste für 50 Leute das Mittagessen bereit haben. Natürlich habe ich Unterstützung vom Küchenpersonal vor Ort bekommen, ganz alleine ist das ja nicht zu schaffen.

Zu den drei Hauptmahlzeiten kamen noch über den Tag verteilt drei Brotzeiten, also Sandwiches und dergleichen, hinzu, so dass ich rund um die Uhr beschäftigt war. 5:30 Uhr aufstehen, 7 Uhr Frühstück, letzter Imbiss um 22 Uhr, danach ins Bett. Aber es hat Spaß gemacht, auch weil ich mit den Profis in Kontakt gekommen bin und es mich gefreut hat, dass sie sich am Ende der Reise für das Essen bei mir bedankt haben. Es gab hier und da auch Rückfragen und Wünsche, die ich so gut es ging versucht habe, zu erfüllen. Steven Zuber zum Beispiel vermisste am Buffet Quinoa, glücklicherweise konnte ich es besorgen.

Beim Spiel in Anfield am Mittwochabend durfte ich dabei sein. Dazu muss man wissen: Ich bin Juventus-Anhänger – und zwischen Juventus und Liverpool gab es 1985, ausgerechnet in meinem Geburtsjahr, eine große Tragödie, als im Heyselstadion von Brüssel vor dem Europapokalfinale englische Zuschauer italienische attackierten und dabei mehrere Menschen zu Tode getrampelt wurden. Das Verhältnis dieser Klubs ist also angespannt. Für mich hat das an diesem Abend keine Rolle gespielt. Ich liebe den Fußball und habe die einmalige Atmosphäre in einem der berühmtesten Stadien der Welt genossen. Ich bin mit anderen Staff-Mitgliedern in einem kleinen Bus hinter dem Mannschaftsbus hergefahren, wir wurden mit Blaulicht direkt vors Stadion kutschiert.

Natürlich habe ich der TSG die Daumen gedrückt, aber leider haben wir 2:4 verloren. Ich habe zehn Minuten vor dem Abpfiff das Stadion verlassen und wurde mit einem Taxi wieder ins Hotel gebracht, damit ich den Abend-Snack vorbereiten konnte. Die Stimmung war natürlich gedrückt und ich kann mich noch sehr gut an die Abschlussrede von Trainer Julian Nagelsmann erinnern.

Am Abreisetag habe ich noch 50 Lunchpakete mit Früchten, Müsli-Riegeln usw. gerichtet und vor der Abfahrt Ermin Bičakčić gebeten, ein Erinnerungsfoto machen zu dürfen. Er hat dann ein paar Jungs zusammengetrommelt und wir haben in der Lobby dieses Bild geschossen. Ich hatte das Gefühl, dass die Spieler und der gesamte Staff mit meinen Kochkünsten zufrieden waren.

Für die Profis sind solche Reisen Gewohnheit. Für mich war der Trip nach Liverpool ein herausragendes Erlebnis, das mir niemand mehr nehmen kann und das mich unglaublich an diesen Verein bindet. Dass ich meinen Sommerurlaub dafür gestrichen habe, habe ich zu keiner Zeit bereut.«

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