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AKADEMIE
22.11.2020

Mein TSG-Moment (9): Kai Herdling und das erste Bundesliga-Tor

Der Fußball steckt voller Emotionen, vor allem, wenn der eigene Verein beteiligt ist. In unserer neuen Serie „Mein TSG-Moment“ blicken aktuelle und ehemalige Mitarbeiter, Trainer und Spieler der Akademie auf ihre ganz besonderen Momente mit der TSG zurück – ob als aktiv Beteiligte oder als Zuschauer. Heute: Kai Herdling. Der U23-Trainer wird das erste Bundesliga-Tor, das er für die TSG erzielte, niemals vergessen.

»Also ganz ehrlich: Mich für den einen TSG-Moment zu entscheiden, ist alles andere als einfach. Ich bin jetzt seit 18 Jahren, also mein halbes Leben, in diesem Verein, und diesen einen Moment herauszupicken, ist praktisch nicht möglich. Viele Menschen verbinden mit mir wahrscheinlich immer noch das DFB-Pokal-Spiel gegen Bayer Leverkusen, als ich als 19-Jähriger eingewechselt wurde und prompt den 3:2-Siegtreffer erzielte. Das war in der Tat ein tolles Erlebnis, aber ich fände es schade, auf dieses eine Tor reduziert zu werden. Auch als Trainer hatte ich bereits viele emotionale Momente, nicht zuletzt in diesem Sommer, als wir uns mit dem 4:0 in Dortmund für die Europa League qualifiziert haben. Aber letzten Endes ist die Wahl auf mein erstes Bundesliga-Tor gefallen.

Ich erlebte gerade meinen dritten Frühling. Mein erster fiel in die Zeit, als ich das eingangs erwähnte Siegtor gegen Leverkusen erzielte. Ich war jung, die TSG ein aufstrebender Klub, die Zukunft schien mir offen zu stehen. Auf mein Bundesliga-Debüt, den zweiten Frühling, musste ich dann aber nochmal fast sieben Jahre warten. Unter Ralf Rangnick kam ich zu einem Kurzeinsatz gegen Mainz. Kurz vor meiner Einwechslung war das 0:1 gefallen und leider ist es bei dem Ergebnis auch geblieben.

Dann bin ich wieder in die U23 zurück, weil ich mit meinen 26 Jahren wohl als zu alt galt. Bis mich Markus Gisdol drei Jahre später aus der Regionalliga in die erste Mannschaft beförderte und beim 5:1 am zweiten Spieltag 2013/14 in Hamburg ins kalte Wasser warf. Für sieben Minuten. Gisdol kannte mich sehr gut, ich habe zwei Jahre in der U23 unter ihm gespielt und er vertraute mir. Er hat mir den dritten Frühling ermöglicht.

Zwei Monate später stand ich erstmals bei einem Auswärtsspiel in der Startelf. Wir mussten in Hannover ran, die in der Tabelle drei Punkte vor uns lagen. Ich spielte hinter den Spitzen Roberto Firmino und Anthony Modeste und es lief gut für uns. Sejad Salihović hatte uns mit einem Foulelfmeter in Führung gebracht und wir blieben am Drücker.

Andi Beck lief wie gewohnt die rechte Außenbahn hoch und runter. In der 18. Minute brachte er einen hohen Ball in die Mitte. Hannovers Christian Schulz stand einen Meter von mir weg und ich merkte, wie die Kugel punktgenau kam. Torentfernung: zwölf Meter. Das Kopfballspiel war nicht gerade meine Stärke, aber in dem Moment blieb mir gar keine andere Wahl. Ich sprang hoch und traf den Ball ganz gut. In dieser Sekunde war der erste Gedanke nicht etwa „Der kommt aufs Tor“ oder „Vielleicht geht er sogar rein“, sondern „Diese Szene schafft es heute Abend in die Sportschau-Zusammenfassung“. Damit war ich anscheinend schon zufrieden.

Dann senkte sich die Kugel hinter Ron-Robert Zieler zum 2:0 ins lange Eck. Die nächsten Sekunden erlebte ich wie im Rausch. Ich weiß nur noch, wie Tobi Strobl, mit dem ich viele Spiele in der U23 bestritten hatte, als erster Gratulant auf mich zu gerannt kam. Dass es ein Kopfball war, machte das Tor noch besonderer, wenn man das überhaupt so sagen kann. Jetzt würde die Szene also auf jeden Fall in der Sportschau gezeigt werden! Wenige Wochen zuvor hatte ich in der ersten Runde des DFB-Pokals beim 9:0 gegen die SG Aumund-Vegesack einen Doppelpack erzielt, da hatte der Reporter noch meinen Namen falsch ausgesprochen, weil ich eben auf der großen Fußball-Bühne ein unbeschriebenes Blatt war.

Jedes Kind träumt davon, mal in der Bundesliga zu spielen und ein Tor zu schießen. Bei mir hat sich dieser Traum erfüllt – im Alter von 29 Jahren und vier Monaten. Ich weiß nicht, ob es überhaupt einen Spieler gegeben hat, der bei seinem Bundesliga-Premierentreffer älter war, aber bei der TSG mit Sicherheit nicht!

Wir haben das Spiel in Hannover nach zwei weiteren Treffern von „Bobby“ Firmino 4:1 gewonnen und uns an 96 vorbeigeschoben, ich kam in jener Saison auf 23 Einsätze. Das war für mich eine denkwürdige, weil meine erfolgreichste Spielzeit. Dass ich erst im höheren Fußballer-Alter mein Bundesliga-Debüt gegeben habe, lässt mich diese Tatsache nur umso mehr wertschätzen. Es war ein herrlicher dritter Frühling.«

Ein Blick zurück: 26. Oktober 2013 | 4:1-Sieg bei Hannover 96

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