Alle Ergebnisse TSG eSPORTS TSG IST BEWEGUNG TSG Radio
AKADEMIE
21.11.2023

Wie schon bei Niklas Süle: Erfahrene Lehrkräfte unterstützen die TSG-Talente

Mit seinen insgesamt 124 Lernbegleitenden sorgt Anpfiff ins Leben (AiL) im Zusammenspiel mit der TSG-Akademie und den weiteren Förderzentren in der Region dafür, dass junge Talente auch abseits des Fußballs eine Perspektive haben. Erfahrene Lehrkräfte wie Gunther Busch und Volker Hoffmann haben schon Niklas Süle und Grischa Prömel zum Schulabschluss geführt. Ans Aufhören denken die beiden Endsiebziger von AiL aber nicht – denn die lernwilligen Kicker freuen sich über ihre Unterstützung.

Es gibt diese besonderen Momente, in denen auch für ein Gefühl wie Stolz ein wenig Platz ist. „Es ist für mich eine Freude, wenn ich den Maxi Beier am Wochenende im Stadion sehe“, sagt Gunther Busch und fügt mit einem Schmunzeln an: „Er hat ja mit mir bis zum bitteren Ende durchgehalten und war wirklich sehr zuverlässig.“ Am Ende stand die Mittlere Reife für den heute 21-Jährigen, der mit sechs Treffern und vier Vorlagen in elf Bundesliga-Partien nicht nur die TSG-Fans verzückt. Und Gunther Busch, dieser aufgeweckte, 77 Jahre alte Pädagoge, darf zufrieden sein. Er hat als Lehrkraft wieder einem fußballerischen Talent zu einer außersportlichen beruflichen Perspektive verholfen, indem er beim Erreichen des Schulabschlusses half. „Ich finde, man sollte dem Fußball keine höhere Priorität zuwenden als der schulischen Ausbildung“, sagt Busch, der seit mehr als einem Jahrzehnt jungen Sportlerinnen und Sportlern in der Schule hilft. „Auch jeder junge Mensch sollte daran denken, dass man sich verletzen kann, dass es sportlich nicht reichen kann. Deshalb ist es so wichtig, auch schulisch am Ball zu bleiben.“

Der erste Junge, der nachhaltig von Gunther Busch unterstützt wurde und einen regulären Abschluss machte, heißt Niklas Süle. Der gebürtige Hesse kam 2010 aus Darmstadt zur TSG – und zu Lehrer Busch. Und obgleich der heute 28 Jahre alte Nationalspieler mittlerweile hoch dekoriert ist, ebenso Champions- League-Sieger wurde wie Deutscher Meister und Pokalsieger, sagte er noch viele Jahre später: „Ich bin sehr froh, meinen Abschluss gemacht zu haben – und das sage ich jetzt nicht, weil es sich gut anhört. Als ich damals zu den Profis hochgezogen wurde, steckte ich mitten in der Vorbereitung auf die Mittlere Reife. Herr Busch hat mir damals extrem geholfen, diese Doppelbelastung zu meistern und dafür bin ich ihm immer noch sehr dankbar.“

Dankbarkeit ist ein Wert, dem auch Volker Hoffmann etwas abgewinnen kann. Der 79-Jährige ist seit nunmehr einem Jahrzehnt für die TSG tätig – ein studierter Diplom-Physiker, der seit 55 Jahren im Schuldienst arbeitet und nach seiner Pensionierung immer noch am Löwenrot-Gymnasium in St. Leon-Rot die Fächer Physik und Mathematik unterrichtet. Ein Lehrer aus Passion. „Wenn ich in der Abi-Zeitung lese: ‚Teacher by Heart, Nummer 1: Volker Hoffmann‘, dann geht mein Herz auf und ich denke: So viel kann ich alter Kerl da nicht falsch gemacht haben, auch wenn ich auf Dinge wie Pünktlichkeit und Ruhe Wert lege. Handys gibt es bei mir nicht.“ An in der Regel vier Tagen in der Woche kommt der überaus alerte Pädagoge in die TSG-Akademie nach Hoffenheim, um seine Hilfe anzubieten. Von Prüfungsvorbereitung über Nachhilfe bis zu nachgeholten Unterrichtsstunden reicht das Portfolio, das Hoffmann in den naturwissenschaftlichen Fächern abbildet. Vor allem für die zahlreichen Junioren-Nationalspieler, die bei Turnieren, in Trainingslagern oder auf Lehrgängen weilen, ist das Thema Unterrichtsausfall ein zentrales Argument für die Anpfiff-Lernbegleiter.

22 Abschlüsse im Jahr 2023

Zwischen zwei und vier Stunden üben Hoffmann und Busch mit den Talenten, teils in Kleingruppen von bis zu acht Personen, oftmals auch in einer Eins-zu-eins-Betreuung. Die TSG-Akademie, deren Talente zuvorderst in den sechs Eliteschulen des Fußballs in Sinsheim untergebracht sind, kann dabei, auch dank des von Anpfiff ins Leben gestützten Systems, auf eine einzigartige Erfolgsbilanz verweisen. Insgesamt 124 Lehrkräfte beschäftigt Anpfiff ins Leben an elf Standorten von Speyer im Westen bis zum östlichen Heilbronn, von Fußball über Golf bis hin zu den Junglöwen im Handball.

Der Schwerpunkt der schulischen Kooperation liegt naturgemäß, schon sportlich bedingt, bei der TSG Hoffenheim. Im Sommer 2023 etwa durften sich 17 Kicker aus der TSG-Akademie sowie fünf Spielerinnen über ihr Abschlusszeugnis freuen. Von dieser Gruppe, die allesamt in Hoffenheimer Nachwuchsteams spielen, legten elf Spielerinnen und Spieler das Abitur ab, zweimal wurde das Fachabitur überreicht und neunmal die Mittlere Reife ausgesprochen.

Ganz ohne Umwege aber, das macht Gunther Busch – der früher als eine Art Universalgelehrter („Außer Katholische Religion und Musik habe ich alles unterrichtet“) fünf Jahre in Indien und drei Jahre auf den Philippinen wirkte – deutlich, geht es bei manchen Schülern dann auch nicht. Es gehöre zum Lernprozess, „dass da der eine oder andere kurz vor der Prüfung schon reumütig ankommt“, der zuvor noch meinte, das Thema Schule leichtfertig meistern zu können. Busch, der in Hoffenheim wohnt und dessen Frau als Übungsleiterin der Turnabteilung bei der TSG verwurzelt war, ist erfahren genug, um sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Disziplin und Eigenmotivation, daran lässt er keinen Zweifel, sind für ihn keine verzichtbaren Sekundärtugenden.

Er sei stets ein Freund konsequenter Haltung gewesen, sagt Busch, der bei aller vermeintlicher Strenge gleichwohl schelmisch lächeln kann, wenn er den Schülerinnen und Schülern etwas erklärt: „Streng, aber wohlwollend“, sei seine Herangehensweise, erzählt Busch. „Früher bei den Abschlussfeiern an der Schule wurde schon mal gefragt: ‚Habt ihr Angst vor Herrn Busch?‘ Die Antwort war: ‚Angst nicht, nur Respekt.‘ Das finde ich eine angemessene Antwort.“ Und ein Lächeln umspielt seine Lippen.

Es bleibt eine Herausforderung, junge Menschen zum Lernen zu motivieren, deren Neigung doch erkennbar der Fußball ist, die ihrem Lebenstraum nachjagen, dafür arbeiten, eines Tages Fußballprofi zu werden – und diesem Ziel in einem Nachwuchsleistungszentrum ja anscheinend auch sehr nahe sind. Durchaus logisch also, dass der eine oder andere Jugendliche seine Prioritäten gern anders setzen würde – und umso wichtiger, die Jugendlichen an den Wert einer regulären schulischen Ausbildung zu erinnern. „Grundsätzlich haben wir es hier mit überaus engagierten Jungs zu tun“, sagt Jule Schneider, Laufbahnbegleiterin von Anpfiff ins Leben an der TSG-Akademie. Teilweise sieben Trainingseinheiten absolvieren die Talente von der U16 bis zur U19 pro Woche, bei dem straffen Programm liegt der Fokus verständlicherweise nicht immer zu 100 Prozent auf der Schule. „Wir kennen ja unsere Jungs“, sagt ihr Kollege Moritz Adler lachend. „Den einen oder anderen müssen wir dann schon mal daran erinnern, dass er gleich noch Nachhilfe hat.“ Insgesamt vier Laufbahnbegleiter und eine pädagogische Mitarbeiterin überprüfen die Noten, teilen die Nachhilfepläne ein und stehen entsprechend im Austausch mit dem 25 Köpfe zählenden Lehrerteam in Hoffenheim und Zuzenhausen. Die klassischen Fächer für Nachhilfe und Prüfungsvorbereitung sind dabei nach Aussage der Laufbahnbegleiter Adler und Schneider „die Fremdsprachen sowie Mathe und Physik“.

Am Krankenbett fürs Abi gepaukt

Es ist die Domäne von Volker Hoffmann, der begeisternd und mitreißend erzählen kann von seinen „Jungs“, die er nunmehr seit einem Jahrzehnt beschult und zumeist zum Fach-Abi oder gar der Allgemeinen Hochschulreife geführt hat. Die prominenten Namen fliegen durch den Raum, von Grischa Prömel und Nadiem Amiri bis zu Philipp Ochs. Mit Benedikt Gimber übte er auf Bitten der Mutter nach dessen Knöchelbruch noch am Krankenbett für die Abiturprüfung, für den Belgier Amadou Onana, der nun beim FC Everton in der Premier League kickt, saß Hoffmann abends daheim am Laptop und übersetzte Mathe-Übungen ins Französische. „Wir stehen in einem regelmäßigen Austausch über Kurznachrichten. Ich will ihn unbedingt mal in Liverpool besuchen und ihn dann im Goodison Park spielen sehen“, sagt Hoffmann. Man spürt, dass das Verhältnis Lehrer/Schüler angesichts der besonderen Fußball-Umgebung im Vergleich zur Regelschule durchaus enger sein kann. Die Pädagogen spüren, dass die Spieler häufig dankbar sind für die Hilfe, die ihnen zuteilwird. Talente wie der erst 16-jährige Tiago Poller, der ob seiner fußballerischen Begabung bereits in der U19 der TSG aufläuft, erkennen den Wert: „Durch die Unterstützung von Anpfiff ins Leben fällt es mir leichter, meine Leistungen sowohl auf dem Platz als auch daneben zu erbringen“, sagt der deutsche U17-Nationalspieler. „Die Angebote der Nachhilfe und Prüfungsvorbereitung sowie die organisatorische Betreuung helfen mir, mein schulisches Ziel, das Abitur, nicht aus den Augen zu verlieren.“

Gunther Busch und Volker Hoffmann können sich begeistern für diese Zielstrebigkeit. Und dann erzählt Hoffmann eine Geschichte, die abseits des Rampenlichts viel deutlicher für den Wert ihrer Arbeit steht als die Karrieren der Fußball-Profis. 2013 kam ein gewisser Benjamin Trümner in die TSG-Akademie, ein überragender Kicker, offensiver Außenbahnspieler, der unter Julian Nagelsmann 2014 die Deutsche Meisterschaft gewann, mit Kevin Akpoguma in der Junioren-Nationalmannschaft spielte und 2014 zudem mit heute gestandenen Profis wie Joshua Kimmich, Julian Brandt und Davie Selke sogar U19-Europameister wurde. Doch Trümners Karriere nahm nicht diese Richtung, bei der Reserve des 1. FSV Mainz 05 reichte es sportlich lediglich für die 3. Liga. Aber dank der Arbeit von Volker Hoffmann konnte Trümner etwa seine Mathematik-Schwäche nachhaltig ablegen – und schließlich seinen Abschluss machen. Der Pädagoge erinnert sich: „Das Tolle an Benni war ja: In einer der ersten Stunden sagte er zu mir: ‚Herr Hoffmann, ich muss eigentlich kein Profi werden. Ich will nun einfach nur schauen, wie weit ich als Fußballer kommen kann. Ich habe so viele andere Möglichkeiten und will nun einen gescheiten Schulabschluss haben.‘“ Den erreichte er – und ist mittlerweile im Familienbetrieb in der Geschäftsführung eines Altenpflegeheims tätig. Der 79 Jahre alte Hoffmann sagt anerkennend: „Das ist der Moment, wo ich sage: Mensch, der hat einen tollen Blick für das, was da kommt.“

Jetzt Downloaden!
Seite Drucken nach oben