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04.06.2023

Susanne Hartel: Ausgebremst im ersten Jahr

10 Jahre Bundesliga, Spielführerinnen im Fokus: Als Kapitänin führte Susanne „Susi“ Hartel den Kraichgau-Club 2013 in die Bundesliga, das Abenteuer in der höchsten Spielklasse endete für die heute 35-Jährige verletzungsbedingt aber schon nach nur acht Einsätzen im Oberhaus. Viele Jahre später kehrte die Torjägerin zur TSG zurück, trainierte für drei Spielzeiten die Hoffenheimer U15-Juniorinnen. Momentan legt Hartel eine Fußballpause ein, die Erinnerungen an ihre aktive Zeit sind aber noch längst nicht verblasst.

Hallo Susi, lass‘ uns ganz von vorne beginnen. Du bist 2010 vom SC Freiburg zur TSG Hoffenheim gewechselt, die damals gerade in die 2. Liga aufgestiegen war. Wie kamst du zum Verein?

„Das ist schon ganz schön lange her. (lacht) Der SC Freiburg ist damals aus der Bundesliga abgestiegen, die TSG Hoffenheim aus der Regionalliga aufgestiegen. Beide Vereine haben im Folgejahr somit in der 2. Liga gespielt. Der entscheidende Unterschied war, dass die TSG nur 50 Kilometer von meinem zuhause entfernt war, der Sport-Club hingegen 200 Kilometer. Da ich mich nah bei meiner Familie immer am wohlsten gefühlt habe und mir ein Angebot von Hoffenheim vorlag, war der Wechsel eine logische Konsequenz für mich.“

2013 ist die TSG schließlich in die Bundesliga aufgestiegen. Du hast das „Endspiel“ am letzten Spieltag gegen den 1. FC Köln im Dietmar-Hopp-Stadion auf dem Platz miterlebt. Welche Erinnerungen hast du an diesen Tag?

„Das war eines meiner emotionalsten Spiele, es war Wahnsinn. Trotz des Regenwetters waren mehr als 3000 Zuschauer im Dietmar-Hopp-Stadion. Dort finden zwar über 6000 Leute Platz, von der Geräuschkulisse und der Menschenmenge hat es sich aber wie ausverkauft angefühlt. Vor so vielen Zuschauern hatte ich im TSG-Trikot noch nie vorher gespielt, auch meine Familie und meine Freunde waren da. Wir wussten, dass uns selbst ein Unentschieden zum Aufstieg reichen würde.“

Mit deinem Treffer zum zwischenzeitlichen 3:2 hattest du einen entscheidenden Anteil, dass ihr noch den benötigten Punkt geholt habt.

„Es ging im ganzen Spiel hin und her. Für die Zuschauer war das natürlich perfekt. Wir lagen erst mit 0:1 zurück, haben dann erst ausgeglichen, aber kurz vor der Pause das 1:2 kassiert. Ich muss gestehen, dass ich viele Chancen hatte, das Ding frühzeitig zu entscheiden. Aber der Ball wollte einfach nicht über die Linie. Mein Trainer hat dann in der Halbzeit zu mir gesagt: ‚Bleib ruhig, du machst ihn schon noch rein!‘ Er sollte Recht behalten. Ich habe noch den Treffer zum 3:2 gemacht, mit dem Endstand von 3:3 haben wir den Aufstieg perfekt gemacht. Auf diesen Moment hatten wir drei Jahre lang hingearbeitet.“

Du warst damals Kapitänin des Teams. Was hat die Mannschaft ausgemacht?  

„Wir hatten eine gute Mischung aus unbekümmerten, lernwilligen, jungen Spielerinnen und den „alten Hasen“ mit reichlich Erfahrung. Damals - mit Anfang zwanzig - war man ja schon in der Gruppe „Alt“, wenn es im Training um Spiele zwischen Jung gegen Alt ging. (lacht)  

Acht Spiele hast du für die TSG in der Bundesliga bestritten, dann hat dich eine Fußverletzung ausgebremst.

„Ich hatte mir einen Knochen unterhalb des großen Zehs gebrochen. Anfangs war die Prognose nicht so schlecht und ich dachte: ‚Ich unterziehe mich schnell einer Operation und alles ist wieder gut.‘ Je länger das alles aber dauerte, desto mehr kristallisierte sich leider heraus, dass es wohl nie mehr so werden würde wie zuvor. Ich kann mich ehrlich gesagt auch gar nicht mehr so richtig erinnern, wie die Saison verlaufen ist. Ich war viel zu sehr mit mir selbst und dem Kampf zurück auf den Platz beschäftigt.“

Diese Verletzung hat dich schließlich 2015 auch zum Karriereende gezwungen. Wie schwer ist dir dieser Schritt gefallen?  

„Damals war es für mich ein Weltuntergang, es hat mir das Herz gebrochen. Ich hatte noch so viele Träume, Ziele und Erwartungen an mich selbst. Das alles war mit einem Mal kaputt. Am Anfang hatte ich wirklich schwer zu kämpfen, habe mich sehr zurückgezogen und wollte irgendwie alles vergessen. Wenn man sich einer Sache verschrieben hat, mit der man sich komplett identifiziert und auf das man sein Leben ausrichtet, und das dann plötzlich wegfällt, ist das echt brutal. Ich habe versucht, diese große Lücke mit anderen Dingen zu füllen.“

Wie ging es danach für dich weiter? 

„Ich wollte anfangs möglichst großen Abstand zu alledem. Irgendwann hatte ich dann doch nochmal das Bedürfnis, ins Stadion oder zum Trainingszentrum zu gehen. Das war aufregend und schmerzhaft zugleich. Aber es war auch unfassbar schön, altbekannte Gesichter zu sehen und zu spüren, dass man willkommen ist und vermisst wurde. Ab dann war ich regelmäßiger dort.“

Einige Jahre später bist du zum Fußball zurückgekehrt, allerdings als Trainerin an der Seitenlinie. Wie bist du dazu gekommen?

„Ich habe bei den D-Junioren in Wieblingen angefangen, und es war cool, eine andere Seite kennenzulernen. Ich habe echt Gefallen daran gefunden. 2016 habe ich dann die Frauenmannschaft des MFC Lindenhof übernommen. Es war eine Herzensangelegenheit für den Verein, bei dem ich selbst das Fußballspielen gelernt habe. Ich habe das vollste Vertrauen bekommen, hatte keinen Druck und konnte meine Trainingsmethoden entwickeln und mein Wissen von den Trainerlizenzen umsetzen. Das Team war super und hat das auch alles mitgemacht. Ich habe mich in dieser Position nochmal anders kennengelernt und mich weiterentwickelt.“

Drei Jahre später bist du zur TSG zurückgekehrt und hast für drei Spielzeiten die U15-Juniorinnen trainiert. Wie hat es sich für dich angefühlt, wieder regelmäßig am Trainingszentrum zu sein und im TSG-Shirt auf dem Platz zu stehen?

„Es fühlte sich super an, wieder ein Teil der TSG-Familie zu sein. Ich hatte in der Zwischenzeit meine DFB-Jugend-Elite-Lizenz erworben und wollte den nächsten Schritt machen. Ich hatte gute Gespräche mit Ralf Zwanziger und es hat alles gepasst. Ich glaube, es war auch für die Mädels ganz cool, mit einer ehemaligen TSG-Spielerin arbeiten zu können. Meine Erfahrungen konnte ich im Leistungsbereich nochmal ganz anders weitergeben und vermitteln. Allerdings sind in so einem professionellen Umfeld die Anforderungen sehr hoch, an das Trainerteam, an die Mannschaft und was den zeitlichen Aufwand anbelangt. Da ich selbst Vollzeit arbeite, waren vier Trainingseinheiten pro Woche für mich fast nicht umzusetzen. Es hat sich angefühlt als würde ich zwei Vollzeit-Jobs machen. Im vergangenen Sommer habe ich mich dann entschlossen, auf eine unbestimmte Zeit eine Fußballpause einzulegen.“ 

Wie würdest du deine heutige Verbindung zum Fußball beschreiben?  

„Ich lebe nicht mehr für den Fußball, aber die Verbindung ist natürlich noch da. Ich schaue mir gerne Spiele im Fernsehen an oder gehe mit meinem Vater zu dem Heimspielen meines Heimatvereins, genieße in der Halbzeit das eine oder andere Kaltgetränk. Manchmal fachsimpel wir auch ein wenig über das Spiel. Ich bin glücklich, so wie es ist, bin auch über die Zeit meiner Verletzung hinweg. Und ich bin jetzt auch schon 35 Jahre alt, da hätte ich meine Kickschuhe womöglich sowieso schon an den Nagel gehängt.“

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