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SPIELFELD
12.02.2018

Kevin Akpoguma: "Will keinen Welpenschutz mehr"

Kevin Akpoguma kam 2013 vom Karlsruher SC zur TSG, spielte in der U23 und wurde dann für zwei Jahre an Fortuna Düsseldorf ausgeliehen. Dort erlitt er am 21. April 2017 im Heimspiel gegen den FC St. Pauli einen Halswirbelbruch. Der Unfall sorgte bundesweit für Schlagzeilen, weil die Karriere des 22-Jährigen am seidenen Faden hing. Im vorigen Sommer kehrte der Innenverteidiger nach Hoffenheim zurück, arbeitete sich aus der Reha zurück in den Kader. Viel schneller als erwartet bestritt der ehemalige U21-Nationalspieler seine ersten Bundesliga- Partien. Im SPIELFELD-Interview blickt er zurück und beschreibt seine nächsten Ziele.

Kevin, erst einmal herzlichen Glückwunsch. Wir sind immer noch erstaunt, wie schnell Du nach der fürchterlichen Verletzung mit dem Halswirbelbruch wieder zurückgekehrt bist.

Kevin Akpoguma: "Ja, es ist ein kleines Wunder. Das hat ja gar keiner erwartet, auch ich nicht. Eigentlich war ja die Zielsetzung für das Jahr 2017, erst einmal überhaupt auf den Platz zurückkehren und wieder Anschluss finden zu können. Das verlief sehr positiv, sogar überraschend positiv. Ich war zuerst ja schon froh, so schnell wieder im Training zu sein und zeigen zu können, was ich kann. Es hat gut geklappt, dass ich schnell wieder auf mein Level kam und zeigen konnte, was ich kann."

Sogar in der Bundesliga. Am 22. Oktober durftest Du beim Spiel in Wolfsburg Dein Debüt feiern.

Akpoguma: "Das war ein großartiges Gefühl. Du wirst plötzlich eingewechselt und es funktioniert. Nicht nur im Training, sondern auch in einem Bundesligaspiel. Das habe ich gar nicht erwartet, dass es so auf einmal geht."

Hast Du in der ganzen Zeit nie Angst gehabt nach Deinem Halswirbelbruch?

Akpoguma: "Beim ersten Mal in der Arena in Sinsheim, beim Vorbereitungsspiel gegen Bologna, da war sie da. Ich hatte schon ein bisschen Muffe in den ersten Minuten. Es gab ein paar hohe Bälle, da hatte ich gar keine Lust hinzugehen (lacht). Und es gab ein paar Trainingssituationen, die kitzlig waren. Einmal habe ich in einer Einheit den Weg von Sandro Wagner gekreuzt – und er mich dann volles Rohr mit dem Arm im Gesicht erwischt. Aber ich hab‘ nix gemerkt – zumindest nicht am Halswirbel.“

Der schönste Nackenschlag der Karriere …

Akpoguma: (lacht) "So kann man es sagen. Das waren Situationen, wo man Selbstvertrauen in den eigenen Körper bekommt. Auch wenn man zum Kopfball hochgeht und merkt, da ist nichts mehr. Klar, in den ersten Spielen in der U23 war ich ein bisschen ängstlich, aber es waren zwei, drei Spiele, dann war es vorbei. Jetzt denke ich gar nicht mehr daran."

Es gibt ein Video, in dem du schon als 14-Jähriger in die Kamera guckst und sagst: "Ich will Profi werden." War es Dir immer so klar?

Akpoguma: (lacht) "Ich kenne den Film. Aber damals habe ich es wohl eher als Traum gesehen denn als klare Perspektive. Mein Ziel war das eines jeden Jungen in dem Alter: So viele Medaillen und Pokale gewinnen wie möglich, um sie dann im Zimmer aufs Regal zu stellen. Ich wäre auch gerne mal gewählt worden als bester Spieler des Jahrgangs – aber das wurde die ganze Zeit Serge Gnabry, der da in Stuttgart spielte."

Aber trotzdem wurde aus dem Traum ein Ziel.

Akpoguma: "Ich wusste schon, wo ich hin wollte. Es ging dann ja auch relativ schnell beim Karlsruher SC in Richtung Profi. Als ich vom DFB dann regelmäßig eingeladen wurde in die U16 und höher, da war es schon ein klares Ziel, Profifußballer zu werden."

Das Du konsequent verfolgt hast, nicht zuletzt mit dem Wechsel zur TSG im Jahr 2013.

Akpoguma: "Ja, auch wenn es nicht ganz so einfach war. Im ersten Jahr habe ich unter Markus Gisdol immer bei den Profis´mittrainiert – und dann aber immer in der U23 gespielt. Vor der zweiten Saison habe ich dann gesagt: Es ist besser für mich, wenn ich auch gleich mit der U23 trainiere, wenn ich da ohnehin spiele. Es geht um die eigene Entwicklung und darum, echter Teil einer Mannschaft zu sein. Das ist nicht so einfach, sich das einzugestehen, wieder eine Etage tiefer zu gehen. Aber man muss ehrlich zu sich sein, was der richtige Schritt ist. Und das war er definitiv."

Hast Du nie gezweifelt, ob der Wechsel nach Hoffenheim richtig war? Du warst beim KSC immerhin schon sehr jung Stammspieler.

Akpoguma: "Stimmt, aber hier hatte ich ja die Bundesliga vor Augen. Ich habe es nie bedauert. Es war eine schwierigere Zeit, aber es war abzusehen. Ich bin sehr dankbar auch für diese Erfahrung."

Wie bewältigt man eine solche schwere Phase denn psychisch?

Akpoguma: "Mit Demut und Geduld. Das ist meine Grundeinstellung fürs ganze Leben. Ich will am liebsten jedes Spiel spielen. Aber eine negative Ausstrahlung oder dass ich meinen Frust nach außen transportiere, das wird es nicht geben. Das hat mich die ganzen Jahre ausgezeichnet und das werde ich beibehalten."

Und Du hast Dich dann nach Düsseldorf ausleihen lassen, gleich für zwei Jahre.

Akpoguma: "Ja, weil ich wusste: Direkt Stammspieler zu werden ist nicht leicht. Man muss sich ja erst mal akklimatisieren. Ich hatte ja eigentlich null Erfahrung bis auf die Spiele der Nationalmannschaft."

Und dort spieltest Du plötzlich mit lauter Etablierten.

Akpoguma: "In der U19 des DFB war das gar nicht so schlimm. Da gab es vielleicht ein paar Ausnahmen, die mal Bundesliga gespielt haben. Aber in der U21 wurde es schlimmer, da bin ich ehrlich. Unser Kader war verrückt: Leroy Sane, Timo Werner, Leon Goretzka – das war schon ein brutaler Jahrgang. Und dazwischen ich, als ausgeliehener Spieler bei einem Zweitligisten."

Ein komisches Gefühl?

Akpoguma: "Ich war in Düsseldorf zu Anfang ja nicht mal Stammspieler. Dann kommst du zur Nationalelf und es spielt einer vor dir, der spielt bei Manchester City. Oder du schlägst einen Flugball auf einen aus Leipzig – und neben dir stehen Niklas Süle und Jonathan Tah. Da hast du schon überlegt, irgendwas passt hier nicht. Das war das Schwierigste für mich. Das hat am Selbstvertrauen gekitzelt. Immer diese Frage: 'Was machen die richtig, was mache ich falsch?'"

Und konnte Dir jemand die Frage beantworten?

Akpoguma: "Ich habe versucht, positiv zu bleiben, weiter fleißig zu sein. In der Zeit habe ich viele Sondereinheiten mit Peter Hermann (damals Co-Trainer in Düsseldorf; d. Red.) gemacht. Ich habe auch sehr viel mit Trainer Friedhelm Funkel gesprochen, der im März 2016 kam, als die Fortuna gegen den Abstieg spielte. Er hat klar zu mir gesagt: 'Akpo, du bist wirklich gut, aber ein junger Spieler. Im Abstiegskampf setze ich erst einmal auf die Erfahrenen. Wenn du einen Fehler machst als junger Kerl, dann zerreißen sie uns. Wenn wir den Klassenerhalt schaffen, dann mache dir keine Sorgen: Dann wirst du spielen.' Dann aber verletzte sich ein Verteidiger und ich kam im Spiel gegen Leipzig rein, spielte gut – und auf einmal war ich gesetzt. Und Herr Funkel hat zu mir gesagt: 'Du spielst besser als deine Konkurrenten: Warum soll ich dich also rausnehmen?' Das ist das Fairste gegenüber einem Spieler. Du weißt, woran du bist."

Ist das eine Klarheit, die auch Julian Nagelsmann auszeichnet?

Akpoguma: "Absolut. Es ist sehr leistungsgerecht, wie der Trainer aufstellt. Die Besten spielen, so sollte es überall sein. Das respektiere ich. Wenn du nicht spielst, dann weißt du, dass du mehr arbeiten musst und wenn du spielst, weißt du, dass du viel richtig machst und so weiter arbeiten musst. Das ist das Fairste, was man als Trainer machen kann."

Und so hast Du tatsächlich über Umwege Dein Glück im Kraichgau gefunden.

Akpoguma: "Ich habe schon damals gesagt: Ich werde irgendwann hier für die TSG in der Bundesliga spielen. Ich wollte es einfach schaffen, ich finde den Verein cool. Das Konzept ist überragend, hier Spieler auszubilden und zu entwickeln und dann, am besten für viel Geld, zu verkaufen. Das ist der TSG-Weg, auf den man stolz sein kann. Hoffenheim ist ein Klub, wo junge Spieler den Übergang machen können, wo sie viele Chancen bekommen und gefördert werden. Das macht den Verein ja auch so attraktiv für Talente, die vielleicht noch nicht so im Rampenlicht stehen.“

Du hast Deinen Vertrag ja jetzt auch gleich bis 2021 verlängert.

Akpoguma: "Ja, weil mir der Weg gefällt. Wir sind ja schon sehr ambitioniert, haben eine gute Balance aus gestandenen Profis und jungen Talenten. Ich will mich entwickeln und mit der Mannschaft erfolgreich sein."

Und für Dich konkret?

Akpoguma: "Das Ziel für die nächsten Jahre muss sein, regelmäßig zu spielen. Das Alibi 'Ich war ja lange verletzt' – das gibt es nicht mehr. Ich bin keine 18 mehr, ich bin jetzt 22 Jahre alt. Ich bin aus dieser Schiene Talent raus, habe die Erfahrung in der 2. Liga zwei Jahre gemacht. Diesen Welpenschutz für Talente: Den möchte ich nicht mehr."

Zum Spielerprofil von Kevin Akpoguma >>

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