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MÄNNER
27.12.2016

Die Heinleins: Im Einsatz für die TSG

Die drei Brüder Horst, Willi und Achim Heinlein sind ein starkes Stück TSG. Seit Jahrzehnten engagieren sich die Geschwister aus Hoffenheim für den Klub – in unterschiedlichen Funktionen. Vom Stadionsprecher bis zum Schiedsrichterbetreuer, vom Zeugwart über Kassierer bis zum Präsidenten: Die Heinleins haben fast jeden Posten ausgefüllt. Immer im Dienst des Vereins. SPIELFELD hat die Brüder besucht.

Irgendwann entfährt es Hilde Heinlein. Da schaut die 87-Jährige in die Runde, in die Gesichter ihrer Söhne Horst, Willi und Achim. Es folgt der gestrenge Satz: "Könnt ihr noch über was anderes reden als die TSG?" Die Frage ist berechtigt. Die drei erwachsenen Männer schweigen, schuldbewusst – zu Hause bei der Mutter bleibt auch ein gestandener Mann ein Leben lang Sohn.

Das Familienidyll der Heinleins ist keine Inszenierung, kein Werbeclip – es ist ein Hoffenheimer Leben. Jeden Freitag sitzen der 67-jährige Horst Heinlein sowie seine jüngeren Geschwister Willi, 60, und Achim, 50, bei Mutter Hilde am gedeckten Tisch: "Kaffee, ein bissel vespern und schwätze", wie Horst es nennt. Und immer mit am Tisch: die TSG. Die Verwurzelung der drei Brüder in ihrem Heimatklub, ihr jahrzehntelanger Einsatz für den Verein – diese Geschichte könnte einmalig sein in der Republik. Für solche Biographien ist der Begriff bodenständig erfunden worden. Ein ganzes, großes Leben, konzentriert auf ein paar Quadratkilometer Fläche. Das Leben als ewiges Heimspiel.

"Demütig" sei er, sagt Achim Heinlein, wenn er alle 14 Tage in seiner Funktion als Schiedsrichterbetreuer zum TSG-Heimspiel in die Arena fahre. "Denn ich weiß, wo wir herkommen, wie es hier früher war." Horst Heinlein etwa trägt sein Stück Klub immer in der Brieftasche. Der Mitgliedsausweis, Nummer 139. Man kann ihm wahrlich nicht vorwerfen, seine Liebe zum heutigen Bundesligisten erst spät, gar im Erfolg, entdeckt zu haben.

Erfinder der Dauerkarte

Als Junge spielte Horst Heinlein bei der TSG Fußball; ein ordentlicher Keeper, der bis in die zweite Herrenmannschaft das Tor hütete. Der Übergang zur Laufbahn abseits des Rasens geriet fließend. Ein Dorfverein braucht immer freiwillige Helfer, ehrenamtliche Überzeugungstäter waren stets rar gesät. Horst Heinlein aber war immer da. Er lief bei den Spielen in den unteren Amateurklassen um den Sportplatz und kassierte das Eintrittsgeld. Später, erzählt er belustigt, "hab' ich die erste Dauerkarte erfunden". Er fand 50 Käufer. So fing es an. Er war zweiter Vorsitzender, und seit 30 Jahren ist er nun auch so etwas wie die "Stimme der TSG".

Als Stadionsprecher im Dietmar-Hopp-Stadion erlebt er den rasanten Aufstieg des Klubs hautnah mit. Vom Jahr 1999 an, als das Stadion mit dem Spiel gegen den großen FC Bayern München eröffnet wurde. Horst Heinlein hat es nicht vergessen, wie er da unten auf dem Rasen stand; im Kopf die Zeiten aus der Kreisliga, vor sich die Stars Oliver Kahn, Stefan Effenberg oder Giovane Elber. Und Bayern-Stadionsprecher Stefan Lehmann, eine Koryphäe der Sprecherszene. "Ich hab' ihn gefragt, ob er seine Bayern nicht ansagen will", erzählt Horst Heinlein. "Er sagte nur: 'Nee, Horst, das ist dein Stadion.'" Dem 67-Jährigen ist die Rührung, der Stolz durchaus anzumerken. "Sein Stadion", sein Klub; heute so weit oben. "Ich hätte das nie für möglich gehalten."

Seinen Brüdern erging es nicht anders. Sie hatten ja den Tiefpunkt erlebt, hautnah, als Spieler; 1989, beim Abstieg in die Kreisklasse in der Relegation gegen den FC Stebbach: Willi Heinlein als Linksverteidiger, Achim vor ihm. Der Linksaußen, auf dem Rasen einer der Verlierer, nennt es heute amüsiert "die erfolgreichste Niederlage der Vereinsgeschichte". Denn abseits des Rasens in Elsenz stand an jenem Tag Dietmar Hopp. Und beschloss, seinen Heimatklub fortan zu unterstützen.

Plötzlich Präsident

Doch davon ahnte 1989 noch niemand etwas; im Gegenteil: Bei der folgenden Jahreshauptversammlung "haben alle nur gemeckert, aber keiner wollte etwas tun", erinnert sich Willi Heinlein an die triste Stimmung im Klubhaus. Das Präsidentenamt war nach dem Rückzug des Vorstands vakant, der Verein stand ohne Führung da. Willi Heinlein war genervt von der negativen Atmosphäre, doch er wusste auch keinen Ausweg: Er war zuvor in das Familienunternehmen für Bürotechnik eingestiegen, spielte selbst noch aktiv bei der TSG und trainierte bereits nebenher die A-Jugend. "Ich wusste, wenn ich jetzt die Hand hebe, dann hab ich gleich zwei Pistolen im Rücken: von meiner Frau und meinem Vater." Um kurz vor Mitternacht sagte er zu. Willi Heinlein wurde TSG-Präsident. "Ich konnte den Klub doch nicht im Stich lassen. Irgendwer muss dann doch Verantwortung übernehmen. Man kann nicht immer nur meckern und reden."

So sieht Willi Heinlein es; so sehen es auch seine Brüder. Was machen, sich engagieren, anpacken – das ist ihnen von ihren Eltern mitgegeben worden. Eine Art Ehrenamts-Gen. "Nur so kann ein Verein funktionieren", sagt Willi Heinlein, dessen Frau Andrea in seiner Amtszeit nebenher das Klubhaus bewirtschaftete und am Donnerstag immer dort kochte. Denn ohne sie, die Frauen, ging es nicht. Nicht ohne ihre Hilfe, erst recht nicht ohne ihren Langmut, ihre Bereitschaft zum Verzicht. "Ich kann ihr nicht genug danken", sagt Willi Heinlein über seine Gattin – und bei Horst Heinlein ist die Hymne auf seine Frau Leni ebenso ausgeprägt wie der Dank von Achim an Ehefrau Karin. Die drei Damen, keine Frage, haben diese ungewöhnliche Geschichte erst möglich gemacht.

Hoeneß' Swimmingpool...

Und das alles neben der beruflichen Belastung. Willi und Achim haben die Firma des Vaters weiter geführt, Horst war nach seiner Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann seit 1971 beim Elektronikunternehmen Phora GmbH (u.a. ProMarkt) beschäftigt, zuletzt als Betriebsratsvorsitzender für rund 4.500 Mitarbeiter. Er weiß, wie es ist, Leute zusammenzubringen, hinter einer Idee zu versammeln, sie zu begeistern. Horst Heinlein ist ein geübter Anekdotenerzähler; wie jene, als ihm der FC-Bayern-Boss Uli Hoeneß mit großer Geste vorgestellt werden sollte. "Dabei kannte ich den ja längst", erzählt Heinlein geheimnisvoll. "Ich habe nur gesagt: Mensch Uli, kennst du mich noch: Ich hab’ doch in den Siebziger Jahren bei dir in München die Lautsprecher am Swimmingpool eingebaut."

Da hat Hoeneß gelacht. "Der wusste genau, dass wir anschließend noch was trinken waren." Berührungsängste sind ihm weitgehend fremd; die Offenheit, das Kommunikative ist sein Kapital. So geht er auch seinen Job als Stadionsprecher bei der
U23 und U19 an; schon unter der Woche setzt er sich mit dem Kader des kommenden Gegners auseinander, übt im Zweifel die Aussprache komplizierter Namen und baut ansonsten – auch im Wechselspiel mit renitenten Fans – auf amüsante Deeskalation.

Turnen statt kicken

Als die Offenbacher Fans einst ihre Pyrotechnik abbrannten, mahnte Heinlein spitzzüngig: "Meine lieben Freunde, hebt euch das auf bis Silvester. Da braucht ihr es dringend." Danach war Ruhe. Unzählige Geschichten und Begegnungen haben ihn geprägt, mit der ersten Mannschaft, seit 2009 vor allem auch mit der U23 oder den U19-Junioren. Er hat sie alle hautnah erlebt; Julian Nagelsmann, Niklas Süle, Nadiem Amiri. "Die Jungs sind mir ans Herz gewachsen." Den Hoffenheimer Weg, den eigenen Nachwuchs intensiv zu fördern, hat auch Bruder Willi aus nächster Nähe beschritten. Inzwischen sitzt der frühere Klubchef als Betreuer der U23 auf der Bank. "Als eine Art Vater der Kompanie", sagt Willi Heinlein.

"Früher war ich ein bekloppter Fußballer, heut bin ich ein bekloppter Funktionär." Überspitzt gesagt: Ein Leben ohne Fußball ist denkbar, aber sinnlos. Dabei hatte der Arzt dem kleinen Willi einst verboten, überhaupt mit dem Fußball anzufangen – er sei zu schmächtig. Er ging zur TSG-Turnabteilung.

Und als er unter anhaltendem Gezeter dann doch zum Fußball durfte, nannten die Teamkollegen den kleinen, mageren Stürmer in Erinnerung an Nationalspieler Uwe Seeler immer 'Pudding-Uwe'. "Weil ich ständig umgefallen bin." Es hielt ihn nicht davon ab, mit der TSG später bis in die Landesliga aufzusteigen. Mit 37 Jahren. An seiner Seite, als kongenialer Offensivpartner – sein zehn Jahre jüngerer Bruder Achim; ebenso wie er einst Turner bei der TSG.

"Ein Schlüsselerlebnis"

Achim Heinlein war, so viel brüderliches Lob ist selbstverständlich, der beste Kicker der Familie. Der heute 50-Jährige spielte in der badischen Landesauswahl, gemeinsam übrigens mit dem späteren Weltmeister Jürgen Kohler oder auch Maurizio Gaudino; eine Verletzung verhinderte womöglich die größere Fußballer-Karriere. Seine Brüder sorgten schließlich dafür, dass Achim Heinlein 1986 nach drei Jahren quasi im Sinsheimer Exil zurück zur TSG kam, den dramatischen Abstieg erlebte – und den Aufschwung unter Mithilfe von Mäzen Dietmar Hopp, der auch Neuzugänge wie Erwin Rupp möglich machte. "Das war ein absolutes Schlüsselerlebnis", sagt Achim Heinlein.

"Erwin Rupp war hier eine absolute Größe in der Region, den haben wir verehrt. Und dann kommst du an einem Abend zum Training und er sitzt in der Kabine plötzlich einfach neben dir. Das war Wahnsinn."Es sind diese Dinge, die im Gedächtnis bleiben – wie jener Moment, als die TSG den langjährigen Rivalen FC Zuzenhausen überf lügelte, in einem Pokalspiel gar mit 7:4 besiegte: mit dem vierfachen Torschützen Achim Heinlein. „Danach kam Präsident Peter Hofmann zu mir und fragte, ob ich einem Jungen mein Trikot schenken könnte.“ Der kleine Bub empfand aufrichtige, kindliche Freude. Achim Heinlein war gerührt. Der Junge hieß Daniel Hopp.

Mit dem Bett auf den Berg

So schließen sich Kreise; vom Vater Hopp zum Sohn, aber auch für die Heinleins, wo Achim bis zum Jahr 1999 mit 33 Jahren in der 1. Mannschaft spielte; so lange, bis sein eigener Bruder beim Spiel im Dietmar-Hopp-Stadion seinen Namen in der Aufstellung verlas. So ist die TSG-Geschichte der Brüder immer auch aufs Engste verknüpft; und wenn Horst Heinlein heute die Ansagen macht oder bei den Spielen der Hoffenheimer Profis die Bundesliga- Ergebnisse verkündet, steht Achim, der Schiedsrichterbetreuer, unten am Spielfeldrand. Er kümmert sich um die Unparteiischen mit der klaren Maßgabe: "Die Schiedsrichter sollen sich hier wohl fühlen und gerne nach Hoffenheim kommen. Egal, ob sie auch mal einen Fehler gemacht haben."

Er kümmert sich um das Wohl der Referees, egal ob es um Ausrüstung, Transport oder Essen geht. Und wenn der frühere FIFA-Schiedsrichter Knut Kircher ihm anlässlich seines letzten Spiels in der Sinsheimer Arena einen handgeschriebenen Brief und ein paar Spezialitäten aus der schwäbischen Heimat da lässt, dann weiß Achim Heinlein, dass sich die ganze Mühe lohnt. "Das ist mir Anerkennung genug. Da geht mir das Herz auf." Da bleibt kein Zweifel, ob es richtig ist; die ganze Zeit,
der ganze Aufwand. Sie alle wissen es. Wenn das Wochenende naht, wenn die TSG, wenn das Dietmar- Hopp-Stadion ruft, dann schaut Leni Heinlein ihren Gatten nur milde an und sagt: "Horst, nimm am besten dein Bett mit hoch auf den Berg." Ihren Mann gibt es nur im Gesamtpaket  Mit der ganzen Familie. Mit der TSG. Sie haben es sich vielleicht nicht ausgesucht. Aber sie haben es auch nie anders gewollt. Leni weiß, dass sie keine Wahl hat.

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