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FRAUEN
27.03.2013

Frauen: "Ein Stammplatz ist mein Anspruch"

Sie spielt dort, wo es weh tut. Die gegnerischen Stürmerinnen kommen oft nicht ohne blaue Flecken davon, so gut wie immer sind ihre Tacklings fair. Lena Weiss räumt auf der rechten Abwehrseite auf, ist eine Spezialistin in der Defensive. Für die Feinheiten sind die anderen zuständig. "Zweikämpfe sind auf jeden Fall meine Stärke", sagt sie. Das ist selbstbewusst. Und richtig.

Beobachten, abwarten, zugreifen. So macht sie das immer. Beobachten, abwarten, zugreifen. So treibt sie ihre Gegenspielerinnen häufig zur Verzweiflung. Nur selten funktioniert es nicht. Beim Gegentor gegen Saarbrücken wurde sie überlaufen – eine Ausnahme. "Sie ist eine Kampfmaschine", sagt ihr Trainer Jürgen Ehrmann. "Gegen Lena wollte ich nicht spielen müssen", sagen ihre Mitspielerinnen.

Schon bei den U17-Juniorinnen waren Zweikämpfe ihre Stärke. "Lena hat eigentlich keinen Zweikampf verloren", erinnert sich ihr ehemaliger Trainer Frank Fürniß. Beiden Trainern ist dabei eines sehr wichtig: Sie scheue keinen Zweikampf, den Gegenspielerinnen tue es sicherlich das eine oder andere Mal weh, das Einsteigen ist aber so gut wie immer fair. Die Statistik beweist: In 23 Zweitligaspielen hat Weiss erst eine Gelbe Karte kassiert.

Der "Büffel" im Team

Sie war fünf Jahre alt, als sie Gefallen am Fußball gefunden hat. Damals hat sie mit den Jungs im Kindergarten gespielt. "Als die in einen Verein gegangen sind, bin ich da auch hin", erzählt Weiss. Bei Fortuna Kirchfeld hat sie mit den Jungs bis zur C-Jugend gespielt. Seit knapp drei Jahren spielt die gebürtige Heidelbergerin für 1899 Hoffenheim – erst ein Jahr bei den U17-Juniorinnen, dann wurde sie frühzeitig zu den Frauen hochgezogen.

"Am Anfang hatte ich keine Vorstellungen wie gut die anderen sein würden. Ich habe dann aber schnell gemerkt, dass ich mithalten kann", sagt Weiss über ihre erste Zeit bei den Frauen. Mittlerweile ist sie aus der Mannschaft nicht mehr wegzudenken. Zu Beginn der Saison lief es nicht so gut, wenig später war sie auf der rechten Abwehrseite aber gesetzt. "Es ist schön einen Stammplatz zu haben, aber auch mein Anspruch", sagt Weiss. "Mittlerweile bin ich mit mir selbst zufrieden."

Unter den Teamkolleginnen ist sie als "Büffel" bekannt. Niemand nennt sie so, den heimlichen Spitznamen hat sie wohl ihrer Spielweise zu verdanken. "Sie geht in jeden Zweikampf und gewinnt auch jeden", sagt Mitspielerin Anne Fühner. An ihrem Platz in der Kabine haben ihre Mannschaftskolleginnen das Bild eines Büffels aufgehängt. Büffel sind fleißig, belastbar und gründlich. Die Eigenschaften passen zu Hoffenheims Außenverteidigerin.

Fleißig, weil sie im Training immer alles aus sich herausholt und beim Zusatztraining zusammen mit Anne Fühner, Lisa Appel und Trainer Marco Göckel regelmäßig an ihrer Technik feilt. Belastbar, weil sie selten krank oder verletzt ist. "Ich bin hart im Nehmen", sagt Weiss. Gründlich, weil sie in der Defensive für Ordnung sorgt und ihre Ziele intensiv verfolgt. "Sie ist sehr ehrgeizig und weiß genau, was sie will", bemerkt Fürniß.

Erfolgreiche Bescheidenheit

Privat möchte sie im nächsten Jahr ihr Abitur machen und pünktlich zu ihrem 18. Geburtstag Anfang Juni den Führerschein haben. Die 1. Bundesliga ist ihr Ziel, die Nationalmannschaft das "Traumziel". Um dahinzukommen weiß Weiss genau, woran sie arbeiten muss: "Am Passspiel, der Technik und dem Torschuss – damit ich auch mal ein Tor schieße." Torschützinnen fallen auf, sie bleiben im Gedächtnis. Bei Verteidigerinnen ist das eher selten der Fall. Die eine Aktion, in der eine brenzlige Situation mit einem gewonnenen Zweikampf geklärt wird, fällt nur in diesem einen Moment auf.

Wie wichtig Defensivspielerinnen für ein Spiel sind, bleibt meist unbeachtet. Weiss macht sich jedoch nicht viel aus Aufmerksamkeit. Sie agiert im Hintergrund. Als sie im vergangenen Jahr mit den U17-Juniorinnen die Deutsche Meisterschaft gewonnen hat, war sie eine von vielen. Sie sagt, sie habe sich nicht als etwas Besonderes oder Besseres gefühlt, nur weil sie bereits bei den Frauen spiele. Frank Fürniß war von Weiss‘ Einstellung begeistert: "Trotz ihrer ruhigen Art war sie ein Lautsprecher mit sehr hoher Einsatzbereitschaft. Solche Spielerinnen sind sehr wichtig für eine Mannschaft."

Neuer Angriff beim DFB

Für ihre Entwicklung war die Meisterschaft ein prägendes Erlebnis: "Es war schön, mit der U17 nochmal etwas zu erreichen, zumal wir den Aufstieg mit den Frauen verpasst haben", erzählt Weiss. Diesen möchte sie dieses Jahr mit dem Team schaffen, das Potenzial habe die Mannschaft, sagt sie und fügt an: "Wir sind in einer guten Ausgangsposition." Pläne für die Nationalmannschaft hat die rothaarige Schülerin auch im Kopf.

Ihre bisherige Nationalmannschaftskarriere verlief unglücklich. Zum ersten Mal war Weiss in der U15 dabei. Dann brach sie sich das Schienbein und musste ein Jahr pausieren. Zwei Jahre später wurde sie wieder für die U17-Nationalmannschaft nominiert, nach drei Länderspielen war die Zeit beim DFB aber schon wieder vorbei – eine Fußverletzung im vergangenen Herbst hielt die DFB-Trainer bislang davon ab, sie erneut einzuladen. "Ich hätte gern noch mehr Spiele gemacht", sagt Weiss. Für diese Saison hat sie damit abgeschlossen, sieht für die kommende Saison aber wieder Chancen auf eine Nominierung.

Vom Fußball erholt sich Weiss beim Lesen und Spazieren mit dem Hund der Familie. Für andere Dinge bleibt kaum Zeit. Viel Zeit braucht sie auch nicht. Denn Fußball ist das Wichtigste in ihrem Leben, ihn würde sie für nichts aufgeben. "Natürlich würde ich gerne mal ins Ausland – aber nur in Verbindung mit Fußball", betont sie. In den USA könnte sie sich das gut vorstellen. Ihr kleiner Bruder geht nächstes Jahr in die USA, "Der kann mir davon dann ja schon mal erzählen." Bis dahin wird Weiss noch einige Zweikämpfe führen und gewinnen und hoffentlich einige ihrer Ziele erreicht haben.

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