Nicklas Dietrich: "Ich weiß genau, was ein Spieler leisten kann"
Hallo Nicklas, am Wochenende hat die Mannschaft frei. Inwiefern ändert sich das Athletiktraining während einer Länderspielpause?
Nicklas Dietrich: Generell ändert sich das Training nicht. Aber wir versuchen natürlich, individueller auf die Jungs einzugehen und das Athletiktraining auf die Bedürfnisse jedes Spielers abzustimmen. Das ist während der Länderspielpause einfacher, weil weniger Spieler da sind. Wie trainiert wird, ist auch davon abhängig, wie intensiv jeder Einzelne gespielt hat. Es kann auch sein, dass ein Spieler weniger machen muss als ein anderer.
Ist das Training für alle Spieler gleich aufgebaut?
Dietrich: Im Großen und Ganzen haben alle Spieler einen ähnlichen Aufbau. An den grundlegenden athletischen Dingen müssen alle gleich arbeiten. Danach kann es von Spieler zu Spieler variieren. Wir stimmen verschiedene Übungen auf die Leistungsdiagnostik der Spieler ab. Diese wird mit verschiedenen Tests ermittelt und anhand derer können wir ablesen, welcher Spieler wo Defizite hat und dafür dann einen individuellen Trainingsplan erstellen oder auf diese Bereiche Schwerpunkte legen.
Wo liegen die Trainingsschwerpunkte in der Endphase der Saison?
Dietrich: Jetzt geht es nur noch darum, die Leistungsfähigkeit zu erhalten. Anders als zu Beginn einer Saison werden keine hohen Reize mehr gesetzt. Vielmehr versuchen wir, die Belastung wegzunehmen, die Regeneration spielt jetzt eine größere Rolle. In Länderspielpausen geht es auch darum, den Kopf der Spieler frei zu bekommen. Deshalb arbeiten wir dann auch mal mit anderen Übungen als den üblichen.
Was bedeutet Aktivierung und was nutzt sie?
Dietrich: Die Aktivierung soll die Jungs auf Temperatur bringen. Es ist eine Herz-Kreislauf-Erwärmung und dient als kurzes Warm-Up, in das wir ein, zwei kurze Antritte einbauen.
Ist es für die Spieler wichtig, eine gewisse Routine in der Vorbereitung auf ein Spiel zu haben?
Dietrich: Definitiv! Wir ziehen vor den Spielen immer das exakt gleiche Programm durch. Das gewährleistet, dass sich alle Jungs entsprechend warm machen. Hauptbestandteile sind eine leichte Erwärmung, die Mobilisation der größten Gelenke, fußballspezifische Bewegungsanbahnung und kurze Aktivierung über ein paar Antritte. Zusätzlich zum Auwärmen mit dem Ball sind dies wichtige Elemente in der Vorbereitung auf ein Spiel.
Was analysierst du während eines Spiels, wenn du auf der Trainerbank sitzt?
Dietrich: Wenn das Spiel beginnt, habe ich eine genaue Vorstellung davon, was ein Spieler leisten kann. Darauf achte ich auch. Je länger das Spiel läuft, desto besser erkenne ich, ob ein Spieler an diesem Tag alles abrufen kann, was er drauf hat. Die Hauptanalyse findet aber nach dem Spiel statt - dann, wenn wir auch die Daten jedes einzelnen Spielers vorliegen haben.
Du kommst aus der Leichtathletik. Inwieweit werden Elemente aus der Leichtathletik ins Fußballtraining aufgenommen?
Dietrich: Zu Beginn meiner Zeit bei der TSG habe ich viel von dem angewendet, was in der Leichtathletik gemacht wird. Aber diese Dinge sind natürlich nicht auf den Fußball abgestimmt. Beim Fußball gibt es so viele verschiedene Bereiche, die trainiert werden müssen und alle Faktoren müssen auf dem Optimum gehalten werden. Es bedarf dabei einem ganz anderen athletischen Training als in der Leichtathletik.
Bevor du zu den Profis kamst, hat du die TSG-Jugend fit gemacht. Wo liegen die Unterschiede im Training?
Dietrich: Das Umsetzen der Trainingsinhalte war bei den Nachwuchsmannschaften aufgrund der schulischen Situation oft komplizierter. Die jungen Fußballer kamen oft direkt aus der Schule ins Training und mussten danach wieder nach Hause. Da blieb einfach nicht so viel Zeit für den athletischen Bereich. Deshalb ist es schwierig, die Trainingsinhalte kontinuierlich durchzusetzen. Die Inhalte an sich sind gleich, aber werden natürlich dem Alter entsprechend angepasst. Das Schöne ist, dass in der Akademie viele gute Trainer arbeiten, die mit dem Athletiktraining alle das gleiche Ziel verfolgen: den Jungs den körperlichen Sprung zu erleichtern und sie damit schon etwas darauf vorzubereiten, was es heißt, Profifußball zu spielen.