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AKADEMIE
22.06.2023

Lúkas Petersson vor der U19-EM auf Malta: „So sind wir Isländer“

Nach Max Moerstedts Triumph mit dem DFB-Team bei der U17-EM ist die TSG-Akademie auch bei der am 3. Juli startenden U19-Europameisterschaft auf Malta vertreten: Torhüter Lúkas Petersson, der zur kommenden Saison in Hoffenheim von der U19 in die U23 aufrückt, hat mit Island die Qualifikation gemeistert und geht nun voller Vorfreude und Tatendrang in sein „erstes großes Turnier“. Auf wen „Lúksi“ mit den „Eismännern“ trifft, welchen Weg die isländische U19 bis dato zurückgelegt hat und wissenswerte Fakten über das Gastgeberland – all das und noch mehr gibt’s in unserem großen Vorbericht.

Der Hoffenheimer bei der U19-EM

Mit seinen 1,95 Metern Gardemaß, seinem Wuschelkopf und der einnehmenden Ausstrahlung rund um den Fünfmeterraum war er bis zuletzt ein Fixpunkt in der U19 der TSG: Lúkas Petersson beendete die Saison bei den Hoffenheimer A-Junioren als Stammtorhüter nach insgesamt 14 Einsätzen in der Bundesliga Süd/Südwest, der Sonderspielrunde und im DFB-Pokal – verletzungsbedingt hatte er im Spätjahr 2022 einige Wochen aussetzen müssen. Die Zwangspause hielt den Schlussmann nicht davon ab, sich nach Silvester wieder in Topform zu bringen – für einen Höhepunkt in der noch jungen Fußballer-Laufbahn: Petersson fährt als Stammkeeper der isländischen U19 zur Europameisterschaft auf Malta, die für Island am 4. Juli um 21.15 Uhr mit der Partie gegen Spanien beginnt.

„Voller Vorfreude“ blickt „Lúksi“, wie er in Hoffenheim gerufen wird, dem Wettbewerb auf der Mittelmeerinsel entgegen. „Es ist mein erstes großes Turnier, wir sind die erste isländische U19, die sich sportlich für eine EM qualifiziert hat. Das erfüllt mich mit Stolz.“ Dass Petersson eines Tages als Torhüter die Farben der TSG bei einer Junioren-EM vertreten wird, war vor einigen Jahren noch nicht abzusehen gewesen. Der heute 19-Jährige ist zwar bereits seit dem Kinderperspektivteam im Kraichgau aktiv, kam allerdings noch bis zur U13 in der Abwehr zum Einsatz.

Der Sohn des ehemaligen isländischen Handball-Weltklassespielers Alexander Petersson schulte kurz vor dem Übergang in die U14 zum Torhüter um und fand seine Berufung zwischen den Pfosten, der er bei der TSG künftig nach dem Übergang in den Erwachsenenfußball in der U23 nachgehen wird – aber erst nach dem EM-Turnier, bei dem zu den bisherigen neun Junioren-Länderspielen (zwei für die U17, sieben für die U19) noch einige weitere für „Lúksi“ dazukommen sollen.

Das isländische Team

„Es als kleine Nation geschafft zu haben, ist etwas Riesiges, zumal der Qualifikationsweg zu einer U19-EM wahrscheinlich der härteste überhaupt ist“, sprudelt es aus Petersson heraus, wenn er an die Route denkt, die er mit seinen Nationalmannschaftskollegen bereits zurückgelegt hat, um auf Malta dabei sein zu können. Drei Qualifikationsrunden galt es zu überstehen. Fußballnationen aus dem obersten Regal wie Kroatien, Frankreich und England kreuzten den Weg der „Wikinger“. Höhe- und Tiefpunkte pflasterten ihn – aber wenn es darauf ankam, zeigten die Isländer keine Nerven mehr und setzten sich durch.

In der zweiten Runde im November des vergangenen Jahres hatte Petersson verletzungsbedingt passen müssen. Island unterlag Frankreich mit 0:2 und stand mit dem Rücken zur Wand, gewann dann allerdings mit 4:1 in Kasachstan und sicherte sich einen Platz in der Eliterunde, die komplett in England ausgetragen wurde und in der es final um die EM-Teilnahme ging.

Island – wieder mit Petersson in der Startelf – startete mit einem 2:2 gegen die Türkei, um nur zwei Tage später die U19 der „Three Lions“ zu schocken: Vor 4.177 Zuschauern im New York Stadium, Heimspielstätte des Championship-Klubs Rotherham United, hielt Petersson hinten die Null, während vorne Orri Óskarsson in der 50. Minute vom Elfmeterpunkt erfolgreich vollendete – der 1:0-Erfolg sorgt bei Petersson noch heute für Gänsehaut: „Überragend! Es war ein Must-Win-Spiel für uns, wir wussten aber, dass wir England schlagen können.“ Den letzten Schritt gingen die Isländer dann durch ein 2:0 gegen Ungarn – während England als Titelverteidiger die erneute EM-Teilnahme verpasste, da sich aus jeder Eliterunde-Gruppe jeweils nur der Gruppensieger ein Ticket sicherte.

„Unsere Stärken sind eine sehr gute Defensive und unser Teamgeist. Wir halten immer zusammen“, sagt Petersson über die isländische U19. Ausnahmetalente, die schon jetzt bei Klubs in den großen europäischen Ligen im Erwachsenenfußball für Schlagzeilen sorgen, sind im Kader des Inselstaates nicht zu finden – dafür aber eine veritable Anzahl an Spielern, die entweder in der Heimat oder in den skandinavischen Ligen bereits eifrig Profiminuten sammeln. Heraus sticht Mittelstürmer Hilmir Rafn Mikaelsson, der aktuell noch auf Leihbasis in der norwegischen Eliteserien für Tromsø IL am Ball ist und im Winter dann zu seinem Stammverein Venezia FC in die italienische Serie B zurückkehren könnte.

Die Gegner

Gerade einmal acht Mannschaften sind bei der U19-EM mit dabei. Ein minimalistisches Aufgebot, verglichen mit den Mammutturnieren im Erwachsenenfußball, die in den kommenden Jahren immer weiter ausufern dürften. Bei der Europameisterschaft der A-Junioren versammelt sich nichts anderes als die aktuelle Nachwuchselite (vielleicht abgesehen von Gastgeber Malta, der keine Qualifikation spielen musste) – folglich bringen die Teilnehmer viel Qualität mit auf die Mittelmeerinsel. Das deutsche Team fehlt dabei, musste in der Eliterunde Italien den Vortritt lassen.

Lúkas Petersson trifft mit seinen Isländern auf Spanien, Norwegen und Griechenland. Gespielt haben die „Eismänner“ im vergangenen Jahr schon einmal gegen Norwegen – Petersson stand 90 Minuten im Tor, als am 21. September im norwegischen Rådavallen ein 3:1 gelang. „Spanien und Griechenland kennen wir noch nicht, aber insbesondere Spanien ist natürlich eine große Fußballnation, vergleichbar mit England. Wir wissen also, was auf uns zukommt, und müssen uns vor keinem Team verstecken.“

Wie immer bietet sich eine Junioren-EM an, um genauer auf mögliche Topspieler der Zukunft zu schauen. Aus der Island-Gruppe sticht ein Abwehrspieler der Spanier heraus: Der 18-jährige Iván Fresneda stand für Real Valladolid in der Saison 2022/23 in 22 Partien in LaLiga auf dem Feld, meistens begann er als Rechtsverteidiger. Ebenfalls erwähnenswert: Simo Keddari brachte es für Espanyol Barcelona auf sieben Einsätze im spanischen Profi-Oberhaus. Beide Talente mussten allerdings die Abstiege ihrer jeweiligen Klubs in die Segunda División verkraften.

Bei den Griechen fallen Torhüter Nikolaos Botis aus der Jugend vom Football Club Internazionale Milano (er stand beim diesjährigen Finalisten in zwei Champions-League-Partien im Spieltagskader) und der 1,93 Meter große Innenverteidiger Dimitrios Keramitsis auf. Letzterer möchte bei der AS Roma gerne in die Fußstapfen des legendären Abwehrhünen und Europameisters von 2004, Traianos Dellas, treten. Auch die Norweger setzen auf einen Italien-Legionär, Alwande Roaldsöy aus der U19 von Atalanta Bergamasca Calcio.

Modus und Termine

Die EM beginnt am 3. Juli mit der Partie Polen gegen Portugal in Gruppe A, in der später am Abend dann noch Malta und Italien aufeinandertreffen. Die Gruppenphase läuft bis zum 10. Juli, die beiden Gruppenbesten qualifizieren sich fürs Halbfinale. Island trifft nach dem Spanien-Spiel noch am 7. Juli (18 Uhr) auf Norwegen sowie am 10. Juli (21 Uhr) auf Griechenland.

Die beiden Vorschlussrundenpartien sind für den 13. Juli angesetzt, das Finale wird dann am Sonntag, den 16. Juli, um 21 Uhr im Ta’Qali Nationalstadion angepfiffen.

Ob Lúkas Petersson dann dabei sein wird? Das nötige Selbstvertrauen nimmt er jedenfalls mit ins Turnier: „Egal, wie klein wir sind, unser Ziel ist es, das Turnier zu gewinnen. So sind wir Isländer: Wir sind eine kleine Nation, glauben aber immer daran, die Besten zu sein. Natürlich müssen wir aber auch realistisch bleiben. Ein Platz unter den ersten beiden Teams in der Gruppe ist das Ziel, das wir auf jeden Fall erreichen können. Damit wären wir auch für die kommende WM qualifiziert.“

Alle Partien der U19-EM auf Malta können nach Anmeldung live und kostenfrei auf UEFA.TV angesehen werden.

Austragungsorte 

Die Mittelmeerinsel Malta ist nach der U17-EM 2014 (mit den beiden damaligen Hoffenheimern Philipp Ochs und Benedikt Gimber) bereits zum zweiten Mal Austragungsort eines großen UEFA-Turniers. Gespielt wird wie schon im Jahr 2014 im Hibernians Football Ground (8.000 Zuschauer) von Paola, im Gozo Stadium (4.000) auf der vorgelagerten Insel Gozo in der 3.000-Seelen-Gemeinde Xewkija sowie im Nationalstadion Ta’Qali (16.983) in Attard vor den Toren der Hauptstadt Valletta. Im 1980 erbauten Ta’Qali finden fast ausschließlich alle Spiele der Maltese Premier League statt, hier steigt auch das Finale. Neu hinzu kommt das Centenary Stadium (3.000), das sich ebenfalls in Attard befindet. Die Isländer werden ihre Gruppenspiele in allen Arenen außer dem Nationalstadion austragen – es sei denn, sie qualifizieren sich für das Halbfinale. 

Vor 1980 gab es übrigens auf Malta kein Rasenstadion, so dass mitunter auch EM- und WM-Qualifikationsspiele der Herren auf Asche ausgetragen wurden. Unvergessen ist das 0:0 der DFB-Elf in der EM-Qualifikation am 25. Februar 1979 in Gżira. Die deutschen Printmedien schrieben damals von einem „Tennishartplatz“ und dem „Ärgsten, was je in einem europäischen Wettbewerb einer Profitruppe zugemutet worden ist“. Im Rückspiel gewann Deutschland allerdings 8:0 und wurde 1980 Europameister. 

EM-Fakten 

Die U19-Europameisterschaft wird seit 1981 jährlich (Ausnahmen: 1985, 1987, 1989 und 1991) ausgetragen. Bis 2001 lief das Turnier als U18-, seit 2002 als U19-Europameisterschaft. 2020 und 2021 wurde die Veranstaltung pandemiebedingt abgesagt. Rekordchampion ist Spanien mit neun Siegen, aktueller Titelverteidiger ist England, das bei der jüngsten Ausgabe 2022 in der Slowakei Israel im Endspiel mit 3:1 n.V. bezwang. Die bevorstehende U19-EM ist die insgesamt 37. Auflage, Malta ist als Ausrichter automatisch qualifiziert – und erstmals bei diesem Wettbewerb vertreten. 

Deutschland hat die Erstauflage 1981 gewonnen und sich anschließend zwei weitere Male (2008, 2014) in die Siegerliste eingetragen. Insgesamt war der DFB 19 Mal dabei, für Island ist es die zweite Teilnahme nach 1997. Damals war der Inselstaat Ausrichter und rang Spanien ein beachtliches 1:1 ab, schied aber ohne Sieg in der Gruppenphase aus. 

2016 wurde die U19-EM in Deutschland ausgetragen, das Finale fand in der Sinsheimer Arena statt. Ohne die deutsche Auswahl, die in der Gruppenphase (wieder mit den Hoffenheimern Ochs und Gimber) an Portugal und Italien scheiterte, dafür aber mit Frankreich und seinem späteren Weltstar Kylian Mbappé, das Italien (mit Inters Champions-League-Finalisten Nicolò Barella und Federico Dimarco) 4:0 besiegte (ohne Mbappé-Treffer). 

2014 wurden zwei Hoffenheimer sogar Europameister: Kevin Akpoguma, damals für „Hoffe zwo“ am Ball, und Benjamin Trümner gewannen in Ungarn durch ein 1:0 gegen Portugal Gold. Davie Selke, der ein Jahr zuvor die TSG-Akademie in Richtung Bremen verlassen hatte, wurde Torschützenkönig und zum besten Spieler gewählt. Weitere TSG-Teilnehmer bei einer U19-EM waren unter anderem Nadiem Amiri und Erdal Öztürk (2015), Stefan Posch (2022/Österreich), Dennis Geiger und Robin Hack (2017) sowie Jakob Knollmüller (2022/Österreich). 

Fußball in Malta 

Es wirkte damals schon komisch, aus heutiger Sicht ist es einfach nur surreal: Ein EM-Qualifikationsspiel auf einem staubigen Hartplatz. Deutschland, das ein Jahr später Europameister wurde, quälte sich im Februar 1979 zu einem 0:0 auf Malta. Karl-Heinz Rummenigge, Sepp Maier, Karlheinz Förster – Fußballer von Weltformat müssen sich im Empire Stadium in Gżira im falschen Film gewähnt haben. Ein torloses Remis, das eigentlich viel lächerlicher war, als das 24 Jahre später allseits zerrissene 0:0 auf einer anderen Insel: Peterssons Heimat Island. Das Empire Stadium, das 1980 als Nationalstadion durch das Ta’Qali abgelöst wurde, ist längst Geschichte. Es wurde irgendwann sich selbst überlassen und zerfiel nach und nach. Der Sandplatz ist von wildem Graswuchs überzogen, die Zuschauerränge in sich zusammengefallen. 

Malta ist, bei allem Respekt, ein Fußballzwerg. Internationale Erfolge auf Vereins- oder Nationalmannschaftsebene: Fehlanzeige. Kein Wunder, könnte man denken, was soll ein Inselstaat mit knapp über einer halben Million Einwohner schon reißen? Stimmt, aber Island hat noch weniger Einwohner und blickt bereits auf eine EM-Teilnahme – mit beachtlichem Erfolg – zurück, von den Medaillengewinnen im Handball ganz zu schweigen. 

Die älteren Fußball-Anhänger werden sich an Michael Mifsud erinnern, der von 2001 bis 2003 immerhin 16 Bundesliga-Spiele für den 1.FC Kaiserslautern absolvierte und zwei Tore erzielte. Der bekannteste Malteser der Bundesliga – und der einzige, zudem mit 143 Einsätzen Rekordnationalspieler seines Landes. Der erste Malteser im bezahlten deutschen Fußball war John Bonello, der 1981 sechs Mal für den Zweitligisten SC Herford zum Einsatz kam, ehe in der Saison 2014/15 André Schembri neun Mal für den FSV Frankfurt auflief. Das war’s an Maltesern in Deutschlands Profi-Ligen. Die international erfolgreichsten Spieler der zwischen Italien und Tunesien gelegenen Insel-Republik sind Raymond Xuereb, der auch in jenem EM-Quali-Spiel gegen Deutschland 1979 auf dem Rasen, ähm Sandplatz, stand und 1992 immerhin französischer Meister mit Olympique Marseille wurde, und Carmel Busuttil, der sechs Jahre in Belgiens oberster Spielklasse für den KRC Genk die Stiefel schnürte. 

Malta ist aus geografischen und historischen Gründen italienisch und britisch geprägt. Erst 1964 erlangte das Land seine Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich, der nationale Fußballverband MFA wurde bereits fünf Jahre zuvor von der UEFA als Mitglied aufgenommen. In den 1950er Jahren erlebte der maltesische Fußball seine Blütezeit, als fünfstellige Zuschauerzahlen im Empire Stadium an der Tagesordnung waren. Mit den ersten TV-Übertragungen von Partien der italienischen Serie A in den 1970er Jahren sank das Interesse an der heimischen Liga allerdings dramatisch. 

Zu den „großen Klubs“ zählen die Sliema Wanderers und der Floriana FC, die mit je 26 nationalen Meisterschaften Rekordtitelträger sind, sowie der Valletta FC (25) aus der Hauptstadt, die Hibernians aus Paola (13) und die Spartans aus Ħamrun (9). Nur drei Mal ist es einem maltesischen Vertreter gelungen, die erste Runde in einem Europapokal zu überstehen: 1968 und 1972 den Wanderers, 1984 den Spartans. Die dritte Runde wurde nie erreicht. Als historischstes Resultat gilt das 0:0, das die Hibernians in der ersten Runde des Europapokals der Landesmeister 1967/68 Manchester United abrangen (Hinspiel 0:4). Die „Red Devils“, die den Wettbewerb am Ende gewannen, liefen mit George Best und Bob Charlton auf, die mit dem sandigen Geläuf im Empire Stadium genauso wenig zurechtkamen, wie zwölf Jahre später der angehende Europameister Bundesrepublik Deutschland. 

1975 gewann die Nationalmannschaft ihr erstes Länderspiel von Bedeutung, als sie Griechenland in der EM-Qualifikation 2:0 bezwang. Bis heute kamen nur drei weitere Siege (jeweils mit 2:1) hinzu: Gegen Island 1982, Ungarn 2006 (Doppelpack Schembri) und die Färöer-Inseln 2019. Immerhin steht Malta in der aktuellen UEFA-Fünfjahreswertung auf Rang 44 von 55 – und somit drei Plätze vor Island. 

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