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SPIELFELD
09.12.2019

Kadeřábek: „Es geht immer besser“

Pavel Kadeřábek schickt kurz vor dem Termin eine WhatsApp-Nachricht, er würde sich leider um drei Minuten verspäten. Doch dann ist er sehr wohl pünktlich auf dem Parkplatz vor dem Technik Museum Sinsheim. Kadeřábek schaut auf die beiden Überschallflugzeuge Concorde und Tupolev Tu-144 und sagt, als er die große Oldtimer und Autosammlung betritt: „Hier kenne ich mich aus. Ich bin schon so oft hier gewesen.“ Der anschließende Interviewtermin an diesem vertrauten Ort macht dem 27-jährigen Tschechen spür- und sichtbar Spaß.

Pavel, Du sagst, dass Du schon etwa 20 Mal im Technik Museum Sinsheim warst. Dir scheint es zu gefallen.

„Vielleicht sogar noch häufiger. Mir gefällt es sehr gut hier, meiner Tochter auch. Auch für sie gibt es hier schöne Möglichkeiten zu spielen. Wir wohnen nur fünf Minuten entfernt – und man bekommt hier immer wieder sehr viel Interessantes zu sehen.“

Dass Du so oft hier warst, zeigt auch, wie lange Du schon bei der TSG bist…

„Das ist mein fünftes Jahr in Hoffenheim. Als ich herkam, hätte ich nie im Leben gedacht, dass ich jetzt noch hier wäre. Ich dachte, dass ich meinen Vierjahres-Vertrag erfülle und dann zurückgehe. Am Ende meines aktuellen Vertrags werde ich acht Jahre hier sein.“

Aus dem aktuellen Kader sind nur Oliver Baumann und Ermin Bičakčić noch länger dabei.

„Echt? (überlegt) Stimmt! Adam Szalai ist jetzt weg und Philipp Ochs war zwischenzeitlich mal ausgeliehen.“

Du bist zudem auch absoluter Stammspieler.

„Dafür muss ich immer kämpfen. Das ist nicht so einfach. Es kommt immer mal wieder ein neuer Rechtsverteidiger und ein neuer Konkurrent.“

Zuletzt hast Du eine Position weiter vorne gespielt und bist etwas offensiver aufgelaufen. Was verändert sich da für Dich?

„Es sieht wie eine andere Position aus, ist aber nicht sehr unterschiedlich. Wenn wir einen defensiven Plan haben, bin ich trotzdem ganz hinten als Rechtsverteidiger in der Fünferkette. Wenn wir aber den Ball haben, bin ich etwas weiter vorne. Wir spielen nur im Ballbesitz mit einer Viererkette, dann ist Stefan Posch hinter mir und ich spiele im Mittelfeld.“

„Ich muss mich noch verbessern“

Du bist offensiv deutlich gefährlicher geworden als zu Deiner Anfangszeit bei der TSG.

„Auf jeden Fall, wenn man das mit der ersten oder zweiten Saison vergleicht. Trotzdem sage ich, dass ich mich immer noch verbessern muss. Ich kann jede Saison mindestens sechs Tore erzielen und 20 Torvorlagen geben. Ich muss das einfach verbessern. Die Chancen, die ich etwa gegen Wolfsburg und gegen Gladbach hatte, muss ich einfach nutzen. Das habe ich schon mehrfach gesagt: Es geht immer besser.“

Ist es für Dich eine große Umstellung, dass Alfred Schreuder einen anderen Fußball spielen lässt als Julian Nagelsmann?

„Alfred kommt aus der holländischen Schule, er will den Ball halten. Mit Julian haben wir schnell nach vorne gespielt im Umschaltspiel. Unsere Mannschaft braucht noch Zeit. Es sind viele Spieler gegangen, neue Spieler und ein neuer Trainer sind gekommen. Das dauert alles. Die Siege gegen Bayern und Schalke geben uns natürlich sehr viel Selbstvertrauen. Wir haben zu Beginn fast nur gegen die Top-Klubs gespielt. Aber in der Bundesliga sind alle Spiele schwierig.“

Du sagst oft, dass Du besser werden willst, Dich dem Wettbewerb stellen musst. Hast Du es gern, in Konkurrenz zu stehen?

„Ich habe gesagt, dass ich nicht zufrieden mit mir bin. Die Leute sehen vielleicht, dass ich gut spiele, aber zu wenig Tore mache und Vorlagen gebe. Das nervt mich einfach. Ich möchte das ändern.“

Viele Deiner Kollegen reden nicht so gern darüber, was sie nicht können. Du bist da eine Ausnahme.

„In der Kabine sagt Benni Hübner schon zu mir: Du bist so gefährlich geworden und unser Torjäger. Aber ich sehe das nicht so. Ich muss noch besser werden.“

Du bist sehr selbstkritisch.

„Das muss man auch sein, finde ich.“

Du bist zur TSG gekommen, da hieß der Trainer noch Markus Gisdol. Du hast die gesamte Entwicklung von Abstiegskampf bis Champions League mitgeprägt. Dabei gab es zu Beginn auch eine Phase, in der Du nicht immer gespielt hast. Hast Du in der Zeit mit Dir selbst gehadert?

„Ich habe ja gewusst, dass ich nicht gut gespielt habe. Ich bin fast nie sauer auf den Trainer, sondern immer nur sauer auf mich, denn ich weiß, wenn ich nicht gut spiele. Auch unter Julian habe ich mal zwei oder drei Spiele ausgesetzt. Und auch da war ich nicht sauer auf ihn, sondern nur auf mich, weil ich nicht gut genug gespielt habe.“

„Ich habe sehr viel von Julian gelernt“

Einige Spieler haben gesagt, dass Julian Nagelsmann sehr wichtig für die eigene Entwicklung war. Siehst Du das auch so?

„Julian war der wichtigste Mann in meiner Fußball-Karriere. Ich habe sehr viel von ihm gelernt. Wir haben sehr guten Fußball gespielt. Er hat mir gezeigt, wie ich spielen soll. Ich war leider krank, als er sich verabschiedet hat. Das war schade, aber ich habe ihm geschrieben. Ich habe mich bei ihm bedankt und werde diese Zeit nie vergessen.“

Jetzt ist ein neuer Trainer da...?

„...im Fußball ist das so. Jetzt ist Alfred da. Es ist positiv, wenn ein Trainer menschlich ist und versteht, was man braucht. Das klappt unter Alfred super.“

In der Vergangenheit hieß es immer mal wieder, dass es Angebote anderer Vereine für Dich gab.

„Es waren keine konkret vorliegenden Angebote. Die Vereine hatten Interesse an mir.“

Zum Beispiel Juventus.

„Das habe ich auch gehört, aber ich habe mit niemanden geredet. Natürlich ist das gut, wenn der eigene Name mit Juventus Turin in Verbindung gebracht wird. Das ehrt einen schon. Aber ich habe kein Angebot bekommen. Daher ist das nichts Besonderes für mich.“

„Meine Familie und ich sind hier sehr zufrieden“

Gibt es da schon irgendwelche Pläne, dass Du eines Tages nach Tschechien zurückkehrst?

„Ich habe noch keine Pläne. Im Fußball ist es schwierig, etwas zu planen, da man nie weiß, was passiert. Heute spiele ich in der Startelf, aber in einem halben Jahr kann das anders sein. Meine Familie und ich sind hier sehr zufrieden. Und ich habe noch dreieinhalb Jahre Vertrag mit der TSG.“

Ihr fühlt Euch hier in der Region noch immer sehr wohl?

„Auf jeden Fall. Wenn wir zu Besuch in Tschechien waren, kommen wir immer wieder gern zurück. Zuhause ist Zuhause, und ich bin Tscheche und in Prag geboren. Aber meine Frau Tereza und ich sind sehr zufrieden mit unserem Leben hier. Wir haben alles, was wir brauchen und fühlen uns sehr wohl. Die Leute in Deutschland sind sehr nett. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir auch nach meiner Profikarriere hierbleiben.“

Ein ehemaliger Kollege aus der Nationalmannschaft, der große Petr Čech, ist jetzt Eishockey-Torwart. Bist Du auch Eishockey interessiert?

„In Tschechien duelliert sich Eishockey mit Fußball um die Sportart Nummer eins. Petr ist ein wenig verrückt. (lacht) Er macht alles. Er spielt Gitarre, er singt, er tanzt. Der Kerl ist einfach Wahnsinn. Der spielt 30 Jahre Fußball und auf einmal spielt er Eishockey.“

Hast Du denn noch eine andere Sportart, die Du gerne betreibst?

„Ich spiele sehr gerne Tennis. Und Badminton, was ich sehr gerne mit meiner Frau und meinem Bruder Jan spiele. In der Winter- und Sommerpause spielen wir sehr häufig.“

„Wir gehen sehr oft wandern“

Hast Du noch ein anderes Hobby?

„Wir gehen sehr oft wandern, an einem freien Tag im Schwarzwald. Auch Radfahren machen wir gern, aber es ist sehr hügelig hier und deswegen etwas schwierig. Ich habe schon überlegt, ob ich mir ein E-Bike kaufe. (lacht) Tereza geht jeden Tag laufen. Sie ist beim Kraichgau-Lauf mitgelaufen. Ich wäre auch gern dabei gewesen, aber wir hatten am nächsten Tag ein Spiel in Wolfsburg. Deshalb ging das leider nicht.“

Du machst ja dauernd Sport. Wegen Deiner Laufstärke ist ein Spitzname von Dir ja „tschechische Lokomotive“. Wie findest Du ihn?

„Den Spitznamen habe ich auch schon einige Male gehört. Wenn ich aber in die Statistik schaue, sehe ich, dass ich zu wenig laufe. Ihlas Bebou läuft noch mehr als ich. Mein Ziel ist es, ihn da wieder zu überholen.“

Hinter dem Begriff „tschechische Lokomotive“ steckt ja ein ganz großer Name, nämlich Emil Zátopek, ein Weltrekordler und Olympiasieger über die Langstrecken.

„Unser Physiotherapeut Peter Geigle sagt immer zu mir, dass ich so bin wie er. Das ist ein tolles Kompliment, denn Emil Zátopek war ein schneller Läufer, den die ganze Nation verehrte.“

Ein anderes, großes tschechisches Idol ist leider kürzlich verstorben. Bist Du Karel Gott eigentlich einmal begegnet?

„Wir haben bei unserer Weihnachtsfeier, als ich noch bei Sparta Prag gespielt habe, sogar gemeinsam mit ihm gesungen. Das war sehr besonders. Für uns in Tschechien war Karel die größte Legende. Es waren alle sehr traurig, als er gestorben ist. Aber seine Lieder bleiben immer mit uns hier.“

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