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SPIELFELD
24.08.2015

„Es gibt nicht viel Besseres auf der Welt“

Er ist gerade 23 Jahre alt geworden, doch bei der TSG 1899 Hoffenheim gilt
er schon fast als Routinier. Der National spieler ist eine Identifikationsfigur des Clubs – auch wenn er nie einen Hehl aus seiner Liebe zur Heimat Allgäu gemacht hat.

Kevin, Du hast im Mai Deinen Vertrag bei der TSG 1899 Hoffenheim bis 2019 verlängert. Es kam für manchen Außenstehenden und Beobachter fast überraschend.

Kevin Volland: Das war ein klares Signal an die Fans, dass ich hundert Prozent zum Club stehe. Die TSG ist ein sportlich sehr professionell geführter Verein. Wir haben hier beste Voraussetzungen, tagtäglich auf dem bestem Level zu trainieren. Ich denke, es gibt nicht viel Besseres in der Bundesliga, nicht mal auf der Welt. Das Schöne ist, dass ich auf diesem Weg dabei bin. Ich habe immer mehr das Gefühl, dass etwas entsteht. Ich kam vor vier Jahren hier an und es war schon schön und gut, aber es gab auch diesen Hype mit Wiese, Derdiyok und den anderen.“

Inklusive Fast-Abstieg …

Volland: „Es war eine verdammt schwierige Phase. Dann kam Markus Gisdol, der Verein kehrte mit ihm zu dem Konzept zurück, das es schon früher einmal gab. Man spürt seitdem, wie die Fans wieder ins Stadion stürmen, dass es ihnen gefällt, wie wir Fußball spielen. Das ist für mich das Schöne an diesem Club. Er ist sehr familiär.“

Ein gutes Stichwort. Familie, Heimat – ein großes Thema beim gebürtigen Allgäuer Kevin Volland.

Volland: „Definitiv. Wenn die Abläufe geregelt sind, bin ich ja auch jede zweite Woche unten. Ich setze mich gerne ins Auto und fahre die zwei, drei Stunden heim. Ich brauche die Fahrten nach Hause zum Abschalten. Und daheim treffe ich dann Freunde und natürlich die Verwandtschaft. Ich bin schon ein totaler Familientyp.“

Dann gehst Du in Deiner Heimatstadt Marktoberdorf entspannt mit den Kumpels in die Kneipe? Oder kann sich das ein Profi nicht leisten?

Volland: „Hingehen kannst du überall. Es ist eine Frage des Zeitpunkts. Mal etwas trinken zu gehen, das ist ganz normal und menschlich. Das ist kein Problem, du wirst nur überall erkannt. Das ist mittlerweile in Deutschland allgemein krasser geworden. Egal wo, ob zu Hause, in Heidelberg und der Region hier oder auch in Berlin, die Leute sprechen mich an.“

Das WM-Halbfinale gegen Brasilien hast Du trotzdem mit Kumpels in Kempten in einer Sportsbar geguckt. Die Öffentlichkeit meidest Du nicht.

Volland: (lacht) „Irgendwo muss ich es ja gucken. Meine Jungs daheim fragten halt, ob wir es zusammen gucken wollen. Da bin ich ja der Letzte, der Nein sagt.”

Weil sie daheim im Allgäu auch mal entspannter sind und Dich in Ruhe lassen?

Volland: „Dass zig Fotos mit mir gemacht werden, das ist schon ganz normal. Leute, die mich kennen, die wollen keine Fotos. Aber sonst fühlt man sich eigentlich immer beobachtet. Man muss das entspannt sehen. Es ist ja auch ein Zeichen, dass du in den letzten Jahren so viel nicht falsch gemacht hast und schon auch gute Leistungen erzielt und alles dafür gegeben hast.“

Aber das Private und die Ruhe gehen verloren, wenn man so bekannt ist wie Du?

Volland: „Ja, definitiv. Mal locker shoppen gehen mit der Freundin oder sowas, das gibt es eigentlich nicht, ohne dass man sich ständig beobachtet fühlt. Aber ich stehe halt in der Öffentlichkeit, das gehört zum Job dazu. Bei Leuten wie Mario Götze oder so sind es ja noch ganz andere Dimensionen. Die können ja gar keinen Schritt mehr unbeobachtet tun.“

Du bist trotzdem von Rauenberg nach Heidelberg gezogen. Kann Dir das da nicht noch öfter passieren?

Volland: „Klar, aber es ist total schön. Rauenberg ist ja schon sehr klein, jetzt bin ich zu Fuß in fünf Minuten mittendrin, habe viele Möglichkeiten, ins Café oder Essen zu gehen. Sonst musste ich schon immer das Auto nehmen, wenn wir uns mit der Mannschaft treffen, weil die meisten Jungs ja in Heidelberg wohnen. Das ist jetzt schon entspannter.“

Und die Region hier ist jetzt schon so etwas wie die zweite Heimat.

Volland: „Ja, ich fühle mich schon extrem wohl hier. Als ich vor Jahren hier unterschrieben habe, da habe ich gesagt: Hoffenheim, schon cool, super geführter Verein, erste Liga, für Talente überragend – aber es ist hier schon ländlich, sehr ländlich. Aber du kannst hier super leben, Heidelberg, Mannheim auch in der Nähe. Das ist schon sehr, sehr schön.“

Auf Deinen Fußballschuhen prangt aber das bayerische Wappen. Ein Bekenntnis?

Volland: „Definitiv. Ich werde auch sicher nach meiner Karriere ins Allgäu oder nach München gehen. Ich bin ein Allgäuer. Das muss auch so sein.“

München ist halt schon größer als Heidelberg …

Volland: „Das kann man ja nicht vergleichen. Heidelberg ist eine Traumstadt, wunderschön, mit ganz viel Flair. Hier ist immer so eine Urlaubsstimmung, großartig.“

Deine sportliche Heimat hat sich während Deines Urlaubs aber auch stark verändert. Alte Kumpels sind gegangen; neue, junge Leute sind dazu gekommen.

Volland: „Klar, das ist ein Umbruch in der Mannschaft. Jahrelange Stützen wie der Andi und der Sali sind weg, zuletzt auch Schippo zum HSV – und natürlich Roberto. Aber die Neuzugänge haben sich sehr gut eingefügt ins Team. Es geht nicht von Null auf Hundert, dass du gleich ein Topteam bist, das braucht ein bisschen mit den ganzen Abläufen, aber da mache ich mir von den Typen, die wir haben, keine Sorgen.“

Fällt Dir eine neue Rolle zu, weil die Erfahrenen weg sind?

Volland: „Klar, ich bin ja schon länger im Verein, da muss ich für die jungen Spieler schon vorangehen.“

Das sagt jemand, der gerade 23 Jahre alt geworden ist.

Volland: „Da kommen schon 17- und 18-Jährige in den Profikader hoch. Das ist schon komisch. Aber nach fünf Jahren Profifußball habe ich ja auch nicht wenig Erfahrung.“

Hast Du auch mit Deiner Aussage in der Sommerpause, die Mannschaft wäre sehr ruhig, Deine neue Rolle schon gezeigt?

Volland: „Ich habe gesagt, man kann sich auch mal fetzen auf dem Platz. Das gehört dazu. Wir waren letztes Jahr fast ein bisschen zu ruhig. Es ist wichtig, dass man nicht alles in sich reinfrisst und die Sachen klar anspricht, wenn etwas nicht stimmt. Das gehört im Profibereich dazu, das macht ein gutes Team auch aus.“

Und Du bist bereit, wenn es schief läuft, diese Dinge klar anzusprechen?

Volland: „Ich bin ja in der Mannschaft eher der Spaßvogel. Ich will mich auch nicht großartig verstellen, bin auch kein Typ, der großartige Reden schwingt, der vor einem Spiel eine Motivationsansprache hält. Ein lockerer Spruch muss immer gehen. Aber ich bin schon einer, der vorangeht, wenn es auf dem Platz nicht läuft. Sobald ich auf dem Rasen stehe, bin ich immer zu hundert Prozent dabei.“

Der Ehrgeiz ist wohl erblich begründet. Dein Vater Andreas war bekanntermaßen Eishockey-Nationalspieler, Du selbst hast als Junge beim EV Füssen gespielt. Und hier gehst Du ab und an zu den Mannheimer Adlern?

Volland: „In den Playoffs habe ich es nicht geschafft, leider. Aber ich war vorher ein paar Mal in der normalen Saison da.“

Und jetzt bist Du Adler-Fan?

Volland: (lacht) „Richtiger Fan bin ich nur von meinem Stiefbruder, der spielt Eishockey in Regensburg, Oberliga.“

Wir sehen schon: Familie steht über allem. Du hast ja auch noch einen jüngeren Bruder. Aber der spielt auch Fußball wie Du.

Volland: „Ja, Robin ist 21 und spielt im Allgäu beim TSV Kottern.“

Was für eine Liga?

Volland: „Bayernliga. Seine Truppe ist letztes Jahr aufgestiegen, Robin hat das Jahr zuvor sogar noch in der Kreisliga gekickt. Und jetzt hat er auf Anhieb zehn Tore in der Saison geschossen. Das ist ja auch
nicht normal.“

Bei der TSG stehen 17-, 18-Jährige im Kader; Dein Bruder startet vergleichsweise spät mit 20 durch. Wie ist so ein Sprung zu erklären?

Volland: „Er hat sich körperlich brutal entwickelt: 1,89 Meter, ein richtiger Hüne, schlank, dazu technisch gut – nur vom Tempo muss er sich dran gewöhnen. Aber vom Fußballerischen, vom Auge, vom Instinkt her: Da traue ich ihm die Regionalliga auf jeden Fall zu. Technisch war er immer schon fast der Stärkere von uns beiden.“

Woran merkt man das?

Volland: „Wir hatten früher im Haus so einen Hobbykeller, den hat mein Vater extra für uns angelegt. Da haben wir immer Eins gegen Eins gespielt, da hat er mich schon ab und an schwindelig gespielt. Er hat ja auch versucht, meinen Weg zum Profi gehen, aber er war halt als Kind etwas träge, so ein wenig verträumt. Und läuferisch war er ‘ne faule Sau. (lacht). Das war wirklich so.“

Du warst der Ehrgeizigere?

Volland: „In der Jugend, so mit 13, 14 schon. Ich war immer derjenige, der jeden Tag weiß Gott wie viele Stunden Fußball gespielt hat; überall, im Garten, Keller, Wohnzimmer. Da war Robin schon derjenige, der gesagt hat: Jetzt wird es mir zu viel, jetzt will ich Playstation spielen.“

Und dann?

Volland: „Hab’ ich halt alleine weiter gekickt.“

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