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MÄNNER
17.11.2010

Sejad Salihovic im Interview

Er ist das „Urgestein“ des Teams. Seit 2006 steht Sejad Salihovic im Kader von 1899 Hoffenheim. Mit den Kraichgauern ist er von der Regionalliga bis in die Bundesliga aufgestiegen und hatte großen Anteil daran, den Club dort zu etablieren. Salihovic selbst hat sich von einem Regionalliga-Kicker zu einem absoluten Leistungsträger in Deutschlands Eliteklasse und als Nationalspieler von Bosnien-Herzegowina entwickelt. Seine Spielübersicht, sein Zweikampfverhalten und nicht zuletzt seine Freistöße sind gleichermaßen bei den eigenen Fans beliebt und beim Gegner gefürchtet. Im Interview mit achtzehn99.de spricht der gebürtige Bosnier über seine ersten Jahre in Deutschland, seine Rolle im Team und über die Nationalmannschaft Bosnien-Herzegowinas.

Du bist 2006 von Berlin nach Hoffenheim gewechselt. Was war das für ein Gefühl, von der Metropole in die Provinz?

Sejad Salihovic: Das war schon eine Art Kulturschock. In Berlin bin ich aufgewachsen. Die erste Zeit hier war schwierig, aber die Jungs in der Mannschaft haben mich super aufgenommen und mir den Einstieg so leichter gemacht. Mitllerweile fühle ich mich sehr wohl.


Mit sieben Jahren (1992) bist Du nach Deutschland gekommen. Wie lange hat es gedauert, bis Du Dich heimisch gefühlt, die Sprache gesprochen und Freunde gefunden hast?

Ich kam ja direkt in die erste Klasse, da habe ich erste Freunde gefunden. Das ging eigentlich alles sehr schnell, wie das wohl meistens bei Kindern ist. Mit zehn bis zwölf habe ich dann keinerlei Probleme mehr mit der Sprache gehabt.


Du und Deine Familie sind damals vor dem Bosnien-Krieg nach Deutschland geflüchtet. Hast Du noch Erinnerungen daran?

Vom Krieg habe ich eigentlich gar nichts mitbekommen. Ich war ja noch sehr jung. Außerdem sind meine Familie und ich glücklicherweise früh genug nach Deutschland gekommen, bevor es wirklich schlimm wurde. Aber der Umzug in ein neues Land war für uns alle am Anfang schwer.


Hattest Du anfangs Integrationsschwierigkeiten?

Eigentlich nicht. Der überwiegende Teil meiner Klassenkameraden hatte ja genau wie ich einen Migrationshintergrund. In der Schule, auf die ich zuerst gegangen bin, herrschte ein rauer Ton. Dasselbe galt auch für die ersten Vereine, in denen ich Fußball gespielt habe. Das härtet natürlich ab. Aber wenn man noch so jung ist, fällt es einem irgendwie leichter, damit umzugehen und sich anzupassen.


Wo in Berlin bist Du damals aufgewachsen?

Die meiste Zeit haben wir in Charlottenburg gewohnt. Aber wir mussten ständig umziehen. Wir waren ja Flüchtlinge und das Sozialamt hat uns andauernd neue Wohnungen zugeteilt. Eine Zeit lang habe ich im Prenzlauer Berg gewohnt, dann wieder in anderen Stadtteilen. Eigentlich fast überall in Berlin.


Du hast diese Saison wieder zu Deiner Freistoßstärke zurückgefunden. Hat der neue Ball damit was zu tun?

Der Ball hat nichts damit zu tun. Es entscheiden so kleine Sachen bei einem Freistoß. Wenn man früh in der Saison einen versenkt, kommt das Selbstvertrauen, man trifft noch einen und noch einen. Umgekehrt genauso. Wenn Du einen vorbeihaust, wird der nächste umso schwerer. Das gute Gefühl ist das Wichtigste beim Freistoß.


Du spielst im Mittelfeld und hast dort je nach Aufstellung links, rechts, zentral und auf dem Flügel gespielt. Hast Du eine Lieblingsposition?

Hauptsache Mittelfeld. Am allerliebsten halblinks in einer Dreierkette. Aber so lange ich spiele, ist alles gut. Ich habe auch schon als linker Verteidiger ausgeholfen, das geht auch. Das einzige, was ich noch nie gespielt habe, ist Torwart.


Hoffenheim belegt derzeit den fünften Tabellenplatz, obwohl auch schon einige Punkte liegen gelassen wurden. Wie lange nach einem Spiel ärgerst Du Dich über unglückliche Niederlagen wie gegen Bayern München?

Direkt nach dem Spiel bin ich richtig wütend. Aber fünf Minuten später ist die Sache vergessen. Man muss lernen, solche Dinge abzuhaken. Die werden immer wieder passieren. Wenn man nicht lernt, damit umzugehen, kann man sich auch nicht auf das nächste Spiel vorbereiten.


Seit 2007 bist Du eine feste Größe in der bosnischen Nationalelf. Welche Bedeutung hat es für Dich, die Farben deines Heimatlands repräsentieren zu können?

Eine sehr große! Das ist mir sehr wichtig. Ich bin genau wie Vedo (Ibisevic, Anm. d. Red) stolz für Bosnien auflaufen zu dürfen. Bei unserem letzten Spiel gegen Deutschland waren fast 30.000 Fans da. Wegen des Krieges leben viele Bosnier heute im Ausland. Egal wo wir hin kommen, unsere Fans sind schon da und unterstützen uns immer. Als wir im Mai in Schweden gespielt haben, war fast genauso viel los wie in Frankfurt. Die Leute bei uns sind einfach fußballverrückt.


Gegen Deutschland hat Euch das aber nichts genützt. Ihr habt 1:3 verloren”‰...

...”‰aber nur, weil wir alle aus dem Urlaub kamen! Bis zur 60. Minute haben wir geführt! Wenn wir fit gewesen wären, hättet ihr keine Chance gehabt (lacht)!


Wie erklärst Du Dir, dass mit Dir, Vedo, Edin Dzeko vom VfL Wolfsburg oder Zvejzdan Misimovic so viele Talente aus einem kleinen Land wie Bosnien kommen?

Genau weiß ich das auch nicht. Aber bei uns sind alle sehr sportbegeistert. Das gilt nicht nur für Fußball, sondern auch für Basketball und andere Sportarten. Wir hatten schon immer große Talente im Sport.


Die Qualifikation zur WM habt Ihr ganz knapp in einem packenden Spiel in den Playoffs gegen Portugal verpasst. Denkst Du daran noch zurück?

Ich denke nicht so oft an die WM-Qualifikation zurück, weil es natürlich ärgerlich ist, wenn man so weit kommt und es dann doch verpasst. Aber gegen Portugal kann man auch mal verlieren. Dass wir überhaupt so weit gekommen sind, ist ja schon ein super Ergebnis.


Was erhofft Ihr Euch von der Qualifikation?

Wir wollen auf alle Fälle in die Endrunde, auch wenn es schwer wird. Das wichtigste Spiel steht uns noch bevor - im März gegen Rumänien. Wenn wir da punkten, haben wir alles in der Hand und können es noch packen. Und dann steht auch schon die Qualifikation für die WM 2014 in Brasilien an! Da wollen wir natürlich auch hin!


Letzte Frage: Wenn wir jetzt zu Deinem Auto gehen und ins CD-Fach schauen, welche CD finden wir?

(Lacht) Ganz ehrlich? Na gut: Halid Beslic. Das ist ein bosnischer Folksänger. Quasi eine Mischung aus Balkan-Folk und Pop.

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