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SPIELFELD
14.03.2023

Bischof: „Mein Umfeld behandelt mich wie vorher“

Tom Bischof überzeugte in der Winter-Vorbereitung und feierte im Januar sein Startelf-Debüt in der Bundesliga. Mit 17 Jahren ist der Mittelfeldakteur der jüngste Spieler im Profi-Kader der TSG und steht somit auf und neben dem Platz immer wieder vor besonderen Herausforderungen. Im SPIELFELD-Interview spricht das große Hoffenheimer Talent über sein Leben im Profifußball, seine sportliche Entwicklung und ganz gewöhnliche Probleme eines Teenagers.

Tom, Du hast in diesem Jahr schon einige Pflichtspiele bestritten – teilweise sogar in der Startelf. Hättest Du selbst damit gerechnet, dass es für Dich persönlich so gut laufen würde?

„Die Vorbereitung lief sehr gut für mich, ich habe in den Testspielen gute Leistungen gezeigt. Für mich ging es darum, Spaß am Fußball zu haben. Dass ich dann in den ersten Partien so viel Vertrauen erhalten habe, freut mich natürlich. Ich habe einfach Bock darauf, in dieser Mannschaft zu spielen. Ich kann mich auf jeden Fall daran gewöhnen, in der Bundesliga in der Startelf zu stehen.“ (lacht)

Gleich im ersten Pflichtspiel des Jahres bei Union Berlin wurdest Du erstmals in die Startelf berufen. Haben Deine Mitspieler vor der Partie das Gespräch mit Dir gesucht?

„Die gesamte Mannschaft kam nach der Bekanntgabe der Aufstellung zu mir und hat mir Mut zugesprochen. Sogar Munas Dabbur und Andrej Kramarić, die quasi für mich auf der Bank sitzen mussten, haben gesagt, dass ich mein Ding machen und so wie in der Vorbereitung auftreten soll. Das pusht einen als jungen Spieler enorm.“

Nimm uns mit in Deine Gefühlswelt, als Du den Rasen betreten hast…

„Es ist schon etwas Anderes, wenn Du auf den Platz kommst, die Hymne läuft und alle Fans darauf warten, dass es losgeht. Da hatte ich schon eine Gänsehaut, aber mit dem Anpfiff war alles weg und ich habe das ganze Drumherum ausblenden können. Glücklicherweise habe ich mir selbst keinen Druck gemacht und auch keine Nervosität gespürt. Es hat sich genauso angefühlt wie in einem Testspiel. So richtig realisiert habe ich das Ganze dann eigentlich erst nach meiner Auswechslung, als ich gemerkt habe, wie laut es wirklich war.“

Du hast mit 16 Jahren das erste Mal mit den Profis trainiert und bist nun fester Bestandteil des wöchentlichen Aufgebots. Wie lief der Prozess ab?

„Man muss sich als junger Spieler das Vertrauen des Trainerteams und der Kollegen erstmal verdienen. Dazu gehört natürlich zunächst mal die Leistung auf dem Trainingsplatz. Ich wurde hier aber von der ersten Sekunde an enorm unterstützt. Es hilft mir auch sehr, wenn mich meine Mitspieler pushen und mir zu verschiedenen Dingen Tipps geben.“

Wann hast Du gemerkt, dass Du Dich an das Bundesliga-Niveau gewöhnt hast?

„Noch vor vier Monaten habe ich mir viele Gedanken darüber gemacht, ob ich im Kader stehen werde und habe gehofft, dass ich überhaupt zum Einsatz komme. Mittlerweile ist es so, dass ich darüber nachdenke, ob ich in der Startelf stehe. Es sind bei den Einsatzzeiten nicht mehr ausschließlich die letzten Minuten, ich spiele länger und mir wird eine wichtige Rolle in der Mannschaft zugetraut. Das ist schon ein großer Schritt, der ziemlich schnell gegangen ist. Damit hätte ich nicht gerechnet. Ich habe in den Videositzungen mit unserem Trainerteam gemerkt, dass ich meinen Körper viel besser einsetze. Ich habe einen körperlichen Schritt nach vorn gemacht und spiele reiferen Fußball.“

Wie wichtig war es, dass Du physisch zugelegt hast?

„Ich denke, dass dies der wichtigste Aspekt war. Dadurch kann ich mich nun besser behaupten und mir mehr Abschlüsse erarbeiten. Das ganze Drum und Dran wird dadurch erleichtert. Aber natürlich habe ich noch immer Nachholbedarf.“

Wie hast Du Dich körperlich an dieses Niveau herangearbeitet?

„Ich trainiere bereits seit zwei Jahren privat zusätzlich mit einem Fitnesstrainer. Da ging es am Anfang darum, dass ich weniger mit Gewichten arbeite, sondern meinen Körper stabilisiere. Ich sehe das Training als perfekte Ergänzung zu den Einheiten mit dem Team, um das Bestmögliche aus meinem Körper rauszuholen. Mittlerweile bin ich auch soweit, dass ich mehr mit Gewichten arbeite und spüre, dass ich stärker geworden bin. Mir hilft das zusätzliche Training zwei- bis dreimal die Woche gewaltig.“

Tägliches Training und Extra-Einheiten im Kraftraum, während Deine Freunde noch zur Schule gehen oder arbeiten. Als Fußballprofi führst Du nicht das Leben eines gewöhnlichen 17-Jährigen…

„Ich werde oft von meinen Freunden gefragt, ob ich abends rausgehen und mit ihnen feiern möchte. Aber während der Saison und gerade am Wochenende, wenn wir ein Spiel haben, ist das nicht möglich. Aber ich komme damit sehr gut klar. Ich lebe meinen Traum, dafür verzichte ich auch gern mal auf Dinge, die ein anderer 17-Jähriger sonst macht. Im Training muss ich als junger Spieler immer mehr zeigen als die anderen, da kann ich es mir nicht leisten, nicht topfit zu sein. Es ist ja auch nicht so, dass ich nie etwas machen darf. Ich muss mir halt nur die richtigen Tage dafür aussuchen.“ (lacht)

Hat sich Dein Freundeskreis durch den Fußball verändert?

„Natürlich kommen neue Freunde dazu, gerade mit den Jungs aus der U19 komme ich super klar. Auch mit den Profis verstehe ich mich super, aber da sind die Interessen natürlich andere. Ein 32 Jahre alter Familienvater will seine Freizeit nicht unbedingt mit einem 17-Jährigen verbringen. Da mache ich mir nichts vor, das ist ganz normal.“

Was machen Deine Freunde, die nicht im Fußball aktiv sind?

„Ein Kumpel macht aktuell seine Lehre als Maurer. Dazu liefert er Essen aus und arbeitet im Testzentrum. Das ist schon enorm, was er alles leistet. Mein bester Freund macht in diesem Jahr sein Abitur und will danach studieren. Wir müssen als Fußballer auch oft und hart trainieren, aber natürlich weiß ich es zu schätzen, was für ein Privileg ich habe.“

Wie viel Wert legst Du darauf, dass es in Euren Gesprächen nicht nur um Deine Karriere als Fußballer geht?

„Natürlich interessieren sie sich für Fußball und wir unterhalten uns auch über meine Spiele. Es ist mir auch wichtig, ihre Meinung zu hören. Dennoch tut es gut, wenn wir auch über sie reden und ich nicht immer im Fokus stehe. Wenn ich immer nur Fußball im Kopf habe, kann ich nicht meine beste Leistung abrufen. Ich brauche ein wenig Abwechslung. Mir ist es wichtig, dass ich die Fußballwelt auch mal verlasse, dafür bin ich meiner Familie und meinen engsten Freunden sehr dankbar. Das sind die Personen, die mich auch mal erden. Für meine beiden Großmütter werde ich zum Beispiel immer der kleine Tom bleiben. Egal, ob ich jetzt Profifußballer oder Maurer bin. Ich rede total gern mit ihnen und genieße es, wenn ich sie sehe. Mein Umfeld behandelt mich weiterhin wie vorher. Das ist mir sehr wichtig.“

Man spürt, dass Du sehr heimatverbunden bist…

„Meine Heimat, mein Freundeskreis, meine Familie – das sind wichtige Bestandteile in meinem Leben. Als in der Vergangenheit die Wechselgerüchte aufkamen, war das ein großer Faktor. Ich habe es mir mehrfach überlegt, ob ich das alles verlassen möchte. Ich fühle mich im Verein sehr wohl und meine Familie lebt nur etwas mehr als eine Stunde entfernt. Meine Freunde und meine Familie werden immer mein Zufluchtsort sein.“

Aktuell lebst Du mit Deiner Mutter zusammen in Wiesloch. Wie klappt das?

„Also manchmal bin ich schon froh, wenn ich allein bin. (lacht) Aber ich bin ihr und auch meinem Vater, der durch seinen Job noch in unserer Heimat in Amorbach lebt, unfassbar dankbar. Sie haben mich von der ersten Sekunde an unterstützt und für mich auf viele Dinge verzichtet.“

Dass Du noch mit Deiner Mutter zusammenwohnst, ist nicht Deine einzige ungewöhnliche Alltagsbegebenheit für einen Profifußballer…

„Ich darf noch nicht allein Auto fahren, entsprechend sitzt meine Mutter immer auf dem Beifahrersitz und holt mich dann auch wieder nach dem Training ab. Dafür bekomme ich von den Jungs aus der Mannschaft natürlich immer wieder Sprüche gedrückt, aber ich komme damit gut klar. Auch wenn die Autofahrten manchmal anstrengend sind.“ (lacht)

Inwiefern?

„Das sagen vermutlich viele über ihre Eltern, aber meine Mutter war vor allem zu Beginn nicht die einfachste Beifahrerin. Bei den ersten Fahrten war sie immer übervorsichtig, fast schon panisch. Einmal habe ich sie beim Ausparken geärgert, so dass sie mir ins Lenkrad gegriffen hat. Aber mittlerweile ist es deutlich besser.“ (lacht)

Was begleitet Dich, bedingt durch Dein Alter, noch exklusiv innerhalb der Mannschaft im Alltag?

„Immer, wenn es um Medikamente oder Behandlungen geht, muss ich mir zusätzlich die Unterschrift meiner Eltern holen. Da komme ich mir dann doch häufig vor wie ein Kind, aber so ist es halt. Ich habe damit keine Probleme. Nach meinem 18. Geburtstag im Juni darf ich dann ja auch über viele Sachen allein entscheiden.“

Hast Du denn vor, kurz nach Deinem 18. Geburtstag auszuziehen?

„Natürlich freue ich mich darauf, allein zu wohnen, so gern ich meine Eltern auch habe. Allerdings bin ich auch für sehr viele Dinge dankbar, die mir dann fehlen werden. Ich bin kein guter Koch und das Essen meiner Mutter schmeckt mir extrem gut. Zudem achtet sie darauf, dass ich ausreichend Schlaf bekomme. Da muss ich mir manchmal auch anhören, dass ich um 23 Uhr ins Bett soll, auch wenn ich das nicht will.“

Mal unter uns, hältst Du Dich wirklich an die Vorgaben?

„Vor anderthalb Jahren musste ich sogar noch mein Telefon abgeben, bevor ich schlafen gegangen bin, weil sie weiß, dass ich sonst noch länger am Handy hänge. Natürlich meckere ich dann auch manchmal und kann es nicht nachvollziehen, aber am nächsten Tag weiß ich es zu schätzen. Ich brauche meinen Schlaf, um meine beste Leistung auf dem Platz bringen zu können. Da bin ich selbst noch ein wenig naiv.“

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