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SPIELFELD
09.06.2022

Grillitsch: „Die TSG hat mich geprägt“

Nach fünf Jahren bei der TSG Hoffenheim verlässt Florian Grillitsch den Verein. Der Österreicher hat sich in dieser Zeit zu einem gestandenen Bundesliga-Spieler entwickelt und gehört zu den elf Hoffenheimer Profis der Klubgeschichte mit den meisten Einsätzen in der höchsten deutschen Spielklasse. Nun wagt der Defensivspieler den nächsten Schritt. Im Interview spricht der 26-Jährige über die Gründe für seinen Wechsel, die Zeit in Hoffenheim sowie die Zukunft der TSG.

Florian, Dein Vertrag läuft zum 30. Juni aus, Du wirst die TSG zum Saisonende verlassen. Wie kam es zu der Entscheidung?

„Ich bin bereits im vergangenen Sommer mit dem Wunsch an den Verein herangetreten, dass ich gerne wechseln würde. Die TSG hat allerdings entschieden, dass ich noch eine weitere Saison in Hoffenheim spielen soll. So hat sich nun die Chance ergeben, den nächsten Schritt in meiner Karriere zu tätigen. Ich habe fünf Jahre bei der TSG gespielt und eine tolle Zeit hier erlebt, aber nun will ich mich fußballerisch nochmal verändern. Für mich fühlt sich der Zeitpunkt gut an.“

Stand Deine Entscheidung also schon länger fest?

„Ich habe die Entscheidung der TSG im Vorjahr akzeptiert und wusste, dass es nichts bringt, ein Jahr schlechte Laune zu haben. Das wäre auch nicht typisch für mich. Ich habe dem Verein viel zu verdanken und wollte etwas zurückgeben. Daher bin ich die Saison professionell angegangen, habe entsprechend wie zuvor weitergearbeitet und keine Gedanken mehr an einen Wechsel verschwendet. Gemeinsam mit meiner Familie habe ich über die Situation gesprochen und wir haben uns im Laufe des Jahres dafür entschieden, dass es Zeit für eine Veränderung ist.“

Welche Rolle hat Deine Familie bei der Entscheidung gespielt? Du bist seit rund anderthalb Jahren Vater …

„Man entscheidet nicht mehr allein. Ich kann nicht sagen: ‚Ich will da unbedingt hin‘ und mache es dann einfach. Meine Frau und ich haben offen über alles gesprochen. Es geht nicht nur um Fußball, sondern auch darum, ob sich meine Frau wohlfühlt und es für meine Tochter mit einem Kindergarten-Platz klappt. Natürlich hat mein Wort noch ein wenig mehr Gewicht, weil ich am Ende die Person bin, die im jeweiligen Verein spielt, aber die Entscheidung haben wir gemeinsam getroffen und uns gut überlegt.“

Wie sieht der nächste Karriereschritt für Dich aus?

„Als Spieler will man immer das Bestmögliche erreichen – und das sind Titel. Entsprechend soll der nächste Schritt der Wechsel zu einem Top-Verein sein. Ich habe aber auch immer gesagt, dass ich die TSG nur verlasse, wenn ich einhundertprozentig von einem anderen Klub überzeugt bin. Dafür habe ich mir hier zu wohl gefühlt. Aber nun war ich für viele Klubs nochmal attraktiver, weil sie keine Ablösesumme für mich zahlen müssen. Gerade im Hinblick auf die Corona-Pandemie ist das ein Faktor. Ich will mir am Ende meiner Karriere nicht sagen: ‚Warum hast Du die Chance damals nicht genutzt?‘“

Wie blickst Du auf die Zeit in Hoffenheim zurück?

„Fünf Jahre sind im aktuellen Fußballgeschäft eine lange Zeit. Wir haben in der Champions League gespielt, das war eine super Erfahrung, die ich nicht missen will. Es war jedoch nicht nur fußballerisch eine enorm prägende Zeit für mich, ich habe mich auch persönlich weiterentwickelt, mein Wort hat in der Mannschaft Gewicht. Beim Spiel in Fürth war ich sogar Kapitän. Natürlich gab es für uns auch schlechtere Zeiten, aber ich werde immer positiv zurückblicken. Ich habe hier viele Freunde kennengelernt, mich in der Bundesliga etabliert und einen großen Schritt nach vorn gemacht.“

„Die fünf Jahre in Hoffenheim haben mich geprägt und reifen lassen“

Wie sieht denn die von Dir angesprochene Persönlichkeitsentwicklung konkret aus?

„Ich sehe Dinge entspannter als früher. Es gibt mehr als nur Fußball, vor allem seit ich eine Tochter habe. Wenn man nach Hause kommt, muss man den Beruf auch mal zur Seite legen und über den Tellerrand hinausschauen. Das hilft einem dann auch, um schlechte Phasen abzuschütteln. Ansonsten habe ich meinen Charakter nicht großartig verändert, ich bin nur erfahrener geworden. Als Typ war ich schon immer eher ruhig, auf dem Platz kann es auch mal lauter werden, aber abseits des Rasens war ich nie extrovertiert. Ich habe genau die Entwicklung genommen, die ich mir erhofft habe. Die fünf Jahre in Hoffenheim haben mich geprägt und reifen lassen.“

In dieser Saison hast Du mehrere Spiele durch Verletzungen und Erkrankungen verpasst. Wie sehr hat das Deine Leistungen beeinträchtigt?

„Als Spieler braucht man einen Rhythmus. Das ist das Wichtigste innerhalb einer Saison. Leider kam ich nie wirklich dazu. Ich hatte mehrere kleinere Verletzungen, bin zweimal an Corona erkrankt. Es fällt einem dann deutlich schwerer, auf das höchste Level zu kommen. Insgesamt muss ich sagen: Diese Saison habe ich einfach zu viele Spiele und Trainingseinheiten verpasst.“

Dadurch konntest Du unter anderem im Schlussspurt um die Europapokal-Plätze nicht mehr eingreifen und Dich nicht als Spieler von den Fans verabschieden …

„Das tat unfassbar weh. Ich habe alles versucht, um nochmal eingreifen zu können, aber die Zeit hat leider nicht gereicht. Ich weiß, dass ich der Mannschaft mit meinen Qualitäten geholfen hätte. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass falscher Ehrgeiz nichts bringt. Wenn man zu früh auf dem Platz steht, hilft man weder sich selbst noch dem Team. Dass es während meiner Ausfallzeit punktemäßig nicht lief, hat alles noch bitterer gemacht. Natürlich wäre eine Europapokal-Teilnahme ein krönender Abschluss gewesen, aber im Leben kann man sich nicht immer alles aussuchen. Man sollte meine Zeit in Hoffenheim auch nicht nur auf eine Saison reduzieren. Wir haben uns in den fünf Jahren für die Champions League und die Europa League qualifiziert. Es war eine erfolgreiche Zeit, auf die ich immer gern zurückblicken werde.“

Für die ganz großen Erfolge in dieser Spielzeit gab es zu viele Formschwankungen …

„Das zieht sich bei uns schon über Jahre hin. Wir haben viele gute, aber leider auch viele schlechte Phasen. Ich glaube, dass wir nach schlechten Ergebnissen zu ängstlich geworden sind. Stattdessen hätten wir mutiger auftreten und uns nicht wegducken müssen. Das muss sich in Zukunft verbessern, damit die TSG noch konstanter auftritt.“

Worin siehst Du die Gründe dafür?

„Das kommt immer auf den Spieler-Typ an. Wir sind alle unterschiedliche Charaktere, deshalb kann man das nicht pauschal sagen. Die TSG ist ein Ausbildungsverein und kein Klub, der gestandene Spieler für viel Geld kauft und damit in die Champions League will. Das wäre nicht der TSG-Weg. Ich selbst bin das beste Beispiel dafür. Ich kam als junger Spieler mit etwas Bundesliga-Erfahrung und durfte mich hier entwickeln. Das sollte der Verein beibehalten. Dann wird es zwar immer mal wieder Schwankungen geben, aber das muss man einkalkulieren. Von diesem Weg darf man sich nicht abbringen lassen, denn in Hoffenheim wird super Arbeit geleistet. Die TSG ist für die nächsten Jahre bestens aufgestellt. Es gibt wenige Bundesligisten, bei denen man sich so gut entwickeln kann.“

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