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FRAUEN
30.01.2021

Die „Reha-Gruppe“: Zu viert für das Comeback

Statt Flanken und Zweikämpfen stehen für Ann-Sophie Braun, Laura Haas, Marie Philipzen und Lisann Kaut derzeit Physiotherapie und Krafttraining auf dem Programm. Die vier Talente aus der U20 schuften nach Verletzungen im Reha Zentrum der TSG für ihr Comeback.

In der 2. Frauen-Bundesliga ruht seit November Corona-bedingt der Ball, zumindest den Trainingsbetrieb konnten die U20-Frauen aber mittlerweile unter strengen Hygienevorgaben wieder aufnehmen. Erst zwei Pflichtspiele bestritt das Hoffenheimer Nachwuchsteam in der laufenden Saison. Was für die Mannschaft von Trainer Siegfried Becker eine ernüchternde Bilanz ist, ist zugleich ein kleiner Trost für die Spielerinnen, die derzeit ohnehin für mehrere Monate auf den Fußball verzichten müssen. „Man hat schon das Gefühl, dass man nicht so viel verpasst, und das macht die Situation für uns definitiv einfacher“, erklärt Laura Haas. Die U20-Stürmerin zog sich im August im Trainingslager des Bundesligateams eine schwere Knieverletzung zu und arbeitet seither eifrig im Reha Zentrum der TSG für ihre Rückkehr auf den Trainingsplatz. „Die Zeit verging bisher superschnell und gerade, weil wir momentan zu viert sind, komme ich mit dem Reha-Alltag sehr gut klar.“

Neben Laura Haas verbringen auch Ann-Sophie-Braun, Marie Philipzen und Lisann Kaut von Montag bis Freitag meist zwei bis drei Stunden in Zuzenhausen, machen Kraft- und Ausdauertraining und bekommen physiotherapeutische Behandlung. „Unsere Termine liegen meistens so, dass wir uns mehrfach die Woche sehen“, erzählt Marie Philipzen, die im Sommer vom SC Freiburg in den Kraichgau wechselte und aufgrund einer Schambeinentzündung pausieren muss. „Wir trainieren ab und zu miteinander und motivieren uns dann beispielweise gegenseitig bei Kraftzirkeln. Außerdem tauschen wir uns untereinander sehr viel aus, zum einen natürlich über die Verletzung und die Reha, weil das die anderen gut nachvollziehen können, zum anderen aber auch über andere Dinge wie Schule oder Studium.“ Die 19-Jährige absolviert derzeit bereits erste individuelle Athletik-Einheiten am Förderzentrum für Frauen- und Mädchenfußball in St. Leon-Rot und steigert die Belastung Schritt für Schritt: Ein Funken Hoffnung für die fünffache U-Nationalspielerin. „Ich weiß aber, dass bei dieser Verletzung viele Rückschläge zu überwinden sind“, betont Philipzen. „Das ist schon schwierig, aber ich habe gelernt, besser damit umzugehen."

"Man braucht manchmal Ablenkung"

Die Herausforderungen einer Schambeinentzündung kennt auch Abwehrspielerin Lisann Kaut. „Ich finde es umso wichtiger, dass man auch ein Leben neben dem Fußball hat“, erzählt die 20-Jährige, die im vergangenen Sommer ein Psychologie-Studium begonnen hat. „Man braucht manchmal einfach Ablenkung, da helfen Freunde und Familie und eben auch der Kontakt mit den anderen in der Reha.“ Während sich Lisann Kaut früher nur schwer für das Krafttraining begeistern konnte, hat die Verteidigerin in Zuzenhausen nun regelmäßig richtig Spaß. „Es ist auf jeden Fall witziger, wenn man nicht allein trainieren muss“, freut sie sich über die Gesellschaft ihrer Teamkolleginnen. „Wir sind jetzt die ‚Reha-Gruppe‘, das ist cool. Aber trotzdem haben wir natürlich alle das Ziel, wieder Fußballspielen zu können und unserer Leidenschaft nachzugehen.“

„Ich freue mich schon wieder aufs Toreschießen und mit der Mannschaft zu jubeln“, betont Ann-Sophie Braun, die sich Ende September im letzten Testspiel der U20 vor dem Ligastart einen Riss des vorderen Kreuzbands zuzog. „Aber ich sage nicht gern ‚so schnell wie möglich wieder auf dem Platz stehen‘, weil das einfach seine Zeit dauert, und die will ich meinem Knie auch geben.“ Erste Einheiten auf dem AlterG, einem Laufband, auf dem man mit reduziertem Körpergewicht trainieren kann, durfte die 16-Jährige bereits absolvieren, ihre tägliche Arbeit in der Reha zahlt sich aus. „Ich habe sogar schon ein bisschen mehr Kraft in den Armen bekommen“, sagt die zierliche Angreiferin lachend. Lisann Kaut und Marie Philipzen ergänzen: „Man entwickelt auch ein besseres Körpergefühl, achtet mehr auf die Durchführung von Übungen und versteht, wozu sie dienen.“

"Nie das Gefühl, hilflos zu sein"

Auch Laura Haas kann ihrer Verletzung etwas Positives abgewinnen: „Ich habe mich im athletischen Bereich, insbesondere beim Krafttraining, im Vergleich zu vorher deutlich weiterentwickelt.“ Nachdem die 19-Jährige den ersten Schock ihrer Diagnose „Unhappy Triad“, also ein Riss des vorderen Kreuzbands mit Beteiligung des Innenmeniskus und des Innenbands, verdaut hatte, widmete sie sich mit beeindruckender Zuversicht ihrem Reha-Prozess. „Ich hatte nie das Gefühl hilflos zu sein, sondern wurde von Beginn an von Familie, Freunden und dem Verein unterstützt“, betont die Psychologie-Studentin. „Ein richtiges Tief hatte ich bisher überhaupt nicht, aber natürlich lernt man zu schätzen, was Gesundheit bedeutet, und dass es nicht selbstverständlich ist, Fußballspielen zu können.“

Regen und Schnee begleiten die U20-Frauen in diesen Tagen beim Training auf den Plätzen des Förderzentrums in St. Leon-Rot. „Bei dem Wetter ist es gar nicht schlecht, wenn man seine Einheiten drinnen machen kann“, witzelt Ann-Sophie Braun. „Aber wir waren trotzdem schon das ein oder andere Mal beim Training zuschauen, einfach um mal wieder ‚Hallo‘ zu sagen und den Kontakt zur Mannschaft zu halten.“ Während die 16-Jährige, die schon seit der U14 bei der TSG spielt, genauso wie Lisann Kaut und Laura Haas viele ihrer Teamkolleginnen schon seit Jahren kennt, musste sich Marie Philipzen in den vergangenen Monaten erst einfinden. „Auch wenn ich schon im Sommer verletzt war und noch nie mittrainieren konnte, habe ich mich von Anfang an gut integriert gefühlt“, sagt die 19-Jährige. „Ich habe mich auch noch nie außen vor gefühlt, weil ich verletzt bin“, ergänzt Laura Haas. Das Reha-Quartett, das sich gegenseitig auf dem Weg zum Comeback unterstützt, wird wohl noch einige Zeit darauf verzichten müssen, mit der U20 auf dem Platz zu stehen. Doch auch wenn der ruhende Spielbetrieb die Verletzungspausen der vier etwas erträglicher macht, ist für Lisann Kaut klar: „Ich wünsche mir trotzdem für die anderen, dass die Punktejagd bald wieder losgeht!“

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