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25.04.2020

Historische Spiele (10): U17 triumphiert nach „Tennismatch“

Ein Wochenende ohne Spielberichte ist irgendwie seltsam. Leider wird sich das vorerst nicht ändern. Auf achtzehn99.de blicken wir daher während der „Corona-Pause“ in loser Reihenfolge auf „historische Partien“ zurück, erzählen die dazugehörigen Geschichten nach und rufen sie wieder in Erinnerung. Heute: Das Finale um die Deutsche B-Junioren-Meisterschaft 2008, das im Dietmar-Hopp-Stadion gegen Borussia Dortmund mit einem „Tennis-Ergebnis“ endete.

Irgendwann konnte Guido Streichsbier das ganze Gerede von den „Neckarauern“ nicht mehr hören. Denn immer wieder war von dem Septett aus Mannheim die Rede, wenn es um den Jahrgang 1991 ging: Pascal Groß, Manuel Gulde, Marco Terrazzino, Marcel Gruber, Robin Szarka, Anthony Loviso und Philipp Meyer waren im Sommer 2007 vom VfL Neckarau in den Kraichgau gewechselt. Pascals Vater, der ehemalige Bundesliga-Profis Stephan („Steps“) Groß, hatte dem kleinen Stadtteil-Klub zu deutschlandweiter Bekanntheit verholfen, weil seine Jungs Sieg um Sieg einfuhren und auch in Testspielen gegen Bundesliga-Nachwuchsmannschaften die Oberhand behielten. Selbst im BFV-Pokal-Finale der B-Junioren landeten sie einen ungefährdeten 4:2-Erfolg – gegen die TSG. Einziger Nachteil: Sie spielten mit dem VfL nur unterklassig. Der Sprung nach Hoffenheim im zweiten B-Jugend-Jahr war der logische Karriereschritt. Und im Kraichgau nahmen ihre Karriere unter Streichsbier richtig Fahrt auf.

Mit einem fünften Platz in der Regionalliga 2006/07 hatte sich die TSG für die neu eingeführte Bundesliga, Staffel Süd/Südwest, qualifiziert. Neben den „Neckarauern“ waren mit Marco Schäfer vom SV Sandhausen und Torhüter Daniel Strähle von der TSG Backnang zwei weitere Jungs nach Hoffenheim gekommen, die zu Leistungsträgern avancieren sollten.

Im Bundesliga-Debüt am 19. August 2007 bei der SG Rosenhöhe Offenbach standen alle sieben Neckarauer in der Startelf. Robin Szarka erzielte das erste Tor in der U17-Bundesliga-Geschichte der TSG, packte später ein weiteres drauf, und Robin Neupert sowie Lars Friedel komplettierten den 4:0-Sieg, der die Tabellenführung besiegelte. Von den folgenden fünf Begegnungen gewann die Streichsbier-Elf allerdings nur eine und rutschte sogar bis auf Rang neun ab. Von hier an ging es aber nur noch bergauf. Mit einem 1:0 gegen den TSV 1860 München (Tor: Dimitri Suworow) eroberten die Hoffenheimer die Spitzenposition zurück – und gaben sie nicht mehr her.

„Rote Teufel“ abgeschüttelt, Gala gegen Hertha

Mit beängstigender Souveränität marschierte die U17 der TSG durch den süddeutschen Raum, und dennoch dauerte es bis zum letzten Spieltag, ehe der hartnäckige schärfste Verfolger 1.FC Kaiserslautern endgültig abgeschüttelt war. Marco Terrazzino hatte mit seinen 20 Treffern, die ihm die Torjägerkrone bescherten, maßgeblichen Anteil an der Qualifikation zur Süddeutschen Meisterschaft. Suworow (12), Groß (10) und Neupert (9) schafften es ebenfalls in die Top 20.

Im Halbfinale machte die TSG mit Hertha BSC, das vom späteren Hoffenheimer U19- und U23-Trainer Thomas Krücken gecoacht wurde, kurzen Prozess: Pascal Groß steuerte mal eben vier Tore zum 6:1-Erfolg dabei, beim 1:3 im Rückspiel schenkten die Hoffenheimer ab und schonten sich für den großen Showdown.

Im anderen Halbfinale scheiterte Kaiserslautern knapp an Borussia Dortmund, das von den Toren Daniel Ginczeks (26 in der West-Staffel, zwei im Halbfinale) lebte, und einen 1992er in seinen Reihen hatte, der sechs Jahre später das WM-Finale entscheiden sollte. Mario Götze verletzte sich jedoch im zweiten Halbfinale gegen die „Roten Teufel“, musste nach 14 Minuten vom Platz – und fehlte im Endspiel.

Blitzstart-Finale im Dietmar-Hopp-Stadion

Das stieg am 21. Juni 2008 in Hoffenheim, wo der Jubel um den Bundesliga-Aufstieg der Profis im Mai gerade erst verhallt war. Überhaupt befand sich das ganze Land im Fußballfieber, bei der EM in Österreich und der Schweiz hatte sich die DFB-Elf gerade fürs Halbfinale qualifiziert, das sie gegen die Türkei gewinnen sollte.

Normalerweise trugen die Streichsbier-Schützlinge ihre Heimspiele auf der Sportanlage Häuselgrund des FC Zuzenhausen aus, doch das Finale um die Deutsche B-Junioren-Meisterschaft im Dietmar-Hopp-Stadion war für sie alles andere als ein Auswärtsspiel. 4.800 Zuschauer, darunter auch einige BVB-Anhänger, waren in die Silbergasse gekommen, der Großteil peitschte die TSG nach vorne.

Und wie. Schon nach einer knappen Viertelstunde hieß es 2:0 für das Team um Kapitän Gulde, das wie Orkan über den Platz fegte. Terrazzino und Szarka hatten zugeschlagen. Szarka, heute U23-Spieler bei der TSG, sagt im TSG.TV-Beitrag, der anlässlich des zehnten Jubiläums dieser Partie im Juni 2018 ausgestrahlt wurde: „Ich kann mich sehr gut an das 2:0 erinnern, es war eines meiner wenigen Kopfballtore, die ich erzielt habe. Das Finale war ein unvergessliches Erlebnis für uns alle.“

Terrazzino beendete mit dem 1:0 eine Torflaute, die ihn seit vier Spielen quälte. „Am Vorabend im Hotel hat unser Trainer eine emotionale Ansprache gehalten und jedem Spieler einen persönlichen Brief übergeben. Nur mir nicht“, so der heute 29-Jährige. „Für mich hatte er ein Highlight-Video mit meinen Toren parat, womit er mich heiß machen wollte.“ Ein gelungener Schachzug, denn nach dem zwischenzeitlichen Anschlusstreffer der Schwarz-Gelben war erneut Terrazzino zur Stelle und schnürte einen Doppelpack.

Tennismatch? Elfmeterschießen?

Als Pascal Groß nur vier Minuten später, immer noch im ersten Abschnitt, das 4:1 erzielte, schien die Messe gesungen. „Wir hatten mit Guido Streichsbier einen super Trainer“, sagt der heutige Premier-League-Profi rückblickend und nennt noch einen weiteren Namen: „Unser Busfahrer Edgar Sauer. Er war extrem wichtig für uns, weil wir alle ein sehr besonderes Verhältnis zu ihm haben. Heute noch.“ Götze-Ersatz Giacomo Serrone verkürzte vor der Pause auf 4:2, nach dem Wiederanpfiff erzeugte Lasse Sobiech mit einem verwandelten Strafstoß wieder Spannung.

Doch irgendwie hatte zu keiner Zeit jemand im Stadion das Gefühl, dass etwas anbrennen könnte. Christian Grassel und Gulde, der als vierter „Neckarauer“ an diesem Tag traf, machten schließlich in der Schlussphase alles klar. 6:4! Ein Tennis-Ergebnis? Ein Elfmeterschießen? Nein, ganz normale, bzw. ziemlich verrückte 80 B-Jugend-Minuten. Die TSG Hoffenheim, der kleine Dorfklub aus dem Kraichgau, der mit seinen Profis gerade erst in die Bundesliga aufgestiegen war, war Deutscher B-Jugend-Meister!

Fünf Hauptdarsteller noch immer bei der TSG

Im jubelerprobten Dietmar-Hopp-Stadion wurde noch lange gefeiert. Philipp Meyer – der einzige „Neckarauer“, der an diesem Tag nicht zum Einsatz kam, sich aber die gute Laune dadurch nicht verderben ließ – schnappte sich nach der Siegerehrung das Mikrofon und stimmte ein Lied an. Und da ihn das Singen nicht ganz auslastete, griff er anschließend zum Rasierer und schärte dem Physiotherapeuten Julius Illes den Schädel. Was man eben so macht, wenn man Deutscher Meister wird.

Fast zwölf Jahre sind seit diesem historischen 21. Juni 2008 vergangen, die Hauptdarsteller sind getrennte Wege gegangen. Guido Streichsbier ist heute U19-Bundestrainer und kehrt hin und wieder ins Dietmar-Hopp-Stadion zurück, um die TSG-Talente zu scouten, die für den DFB infrage kommen. Auch der damalige Athletiktrainer Nicklas Dietrich ist über den „Umweg“ TSG-Profis beim DFB gelandet, und das sogar in der A-Nationalmannschaft. Fest in der Bundesliga etabliert haben sich Manuel Gulde und Marco Terrazzino (beide bei der TSG und beim SC Freiburg) sowie Pascal Groß (FC Ingolstadt), der mittlerweile bei Brighton & Hove Albion unter Vertrag steht.

Noch immer bzw. wieder bei der TSG sind Betreuer Hans Schobes (mittlerweile U19) und Physiotherapeut Julius Illes (in Teilzeit im Grundlagenzentrum) sowie Mittelfeldspieler Robin Szarka, der gerade seine vierte Saison als Führungsspieler der U23 bestreitet. „Sharky“ blickt auf drei Bundesliga-Einsätze zurück und stand beim legendären 2:1-Sieg in (ausgerechnet) Dortmund auf dem Platz, der die TSG 2013 vor dem direkten Bundesliga-Abstieg bewahrte. Ebenfalls noch bei der TSG: Jugendleiter René Ottinger – und Busfahrer Edgar Sauer.

TSG Hoffenheim – Borussia Dortmund 6:4 (4:2)
Hoffenheim: Strähle – Gruber, Gulde, Loviso (75. Atmaca), Grassel – Neupert, Schäfer, Szarka, Groß – Suworow (58. Bellanave), Terrazzino (78. Schmidt).
Dortmund: Alomerović – Fischer (41. Hounyovi-Huschka), Sobiech, Çenik, Hermes – Hornschuh, Stiepermann – Ginczek, Ekici, Serrone (46. Buschening) – Paurević.
Tore: 1:0 Terrazzino (10.), 2:0 Szarka (14.), 2:1 Paurević (21.), 3:1 Terrazzino (25.), 4:1 Groß (29.), 4:2 Serrone (34.), 4:3 Sobiech (49., Elfmeter), 5:3 Grassel (60.), 6:3 Gulde (70., Elfmeter), 6:4 Buschening (71.). Zuschauer: 4.800. Schiedsrichter: Peter Gagelmann (Bremen).
Sinsheim, Dietmar-Hopp-Stadion, 21. Juni 2008

Historische Spiele

1 | Triumph im Schatten des Olympiastadions | U19: TSG Hoffenheim – Hertha BSC 2:1 | Finale DFB-Junioren-Pokal 2010

2 | Ein Meistertitel zum Geburtstag | U16: TSG Hoffenheim II – VfB Stuttgart II 3:2 | Entscheidungsspiel um die B-Jugend-Oberligameisterschaft 2013

3 | Das eingelöste Versprechen | U19: TSG Hoffenheim – SV Werder Bremen 3:1, 2:0 | Halbfinals um die Deutsche A-Junioren-Meisterschaft 2016

4 | Meisterstück in Walldorf | U23: FC-Astoria Walldorf – TSG Hoffenheim II 0:1 | Entscheidender Sieg zum Aufstieg in die Regionalliga 2010

5 | Rapps goldenes Händchen gegen City | U19: TSG Hoffenheim – Manchester City 5:2 | Sieg im ersten Youth-League-Gruppenspiel 2018

6 | Im Fernduell die Nerven behalten | U15: TSG Hoffenheim – SC Freiburg 3:1 | Entscheidender Sieg zur Süddeutschen C-Jugend-Meisterschaft 2016

7 | Schmerzhaftes Treffen mit einem späteren Weltstar | U19: FC Schalke 04 – TSG Hoffenheim 3:1 | Finale um die Deutsche A-Junioren-Meisterschaft 2015

8 | Meisterfeier auf dem Halberg | U15: SV Wehen – TSG Hoffenheim 2:3 | Entscheidender Sieg zur Süddeutschen C-Jugend-Meisterschaft 2013

9 | Pokalfight gegen Grifos Pforzheimer | U19: 1.CfR Pforzheim – TSG Hoffenheim 4:7 n.V. | Sieg im BFV-Pokal-Finale 2011

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