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29.01.2020

Martin Seiler: Vom Springer zum Athletiktrainer

Als Athletiktrainer der U17 ist Martin Seiler dafür zuständig, dass die Jungs des Jahrgangs 2003 topfit sind und die Belastungen des Leistungssports gut verkraften. Doch auch darüber hinaus kann der 30-jährige Bad Schönborner seinen Schützlingen einiges beibringen. Schließlich war er vor nicht allzu langer Zeit selber noch Spitzensportler und gehörte zu den besten Dreispringern des Landes.

Den Wettkampfsportler bekommt Martin Seiler nicht so leicht aus sich heraus. Während manch anderer auch mal über die Wochenenden klagt, die für den Fußball draufgehen, sind die Spiele am Samstag oder Sonntag für den Athletiktrainer der U17-Bundesligamannschaft die absoluten Höhepunkte. „Ich bin ein Wettkampftyp und genieße die Spieltage daher total. Auch die Auswärtsreisen mag ich sehr. Mit der Mannschaft unterwegs zu sein und ein bisschen was von Deutschland zu sehen, das hat mir schon früher gefallen“, so Seiler.

Mit „früher“ meint der 30-Jährige seine aktive Zeit als Leichtathlet. Nachdem er als Kind verschiedene Sportarten ausprobiert und bis zur D-Jugend auch Fußball gespielt hatte, kristallisierte sich nach und nach heraus, dass er als Leichtathlet gute Chancen besaß, viel zu erreichen. Anfangs noch als Mehrkämpfer unterwegs, erwies sich Seiler vor allem in den Sprungdisziplinen als besonders talentiert und so trainierte er im Alter von 15 Jahren im Hochsprung auf Leistungsniveau. Mit seiner Bestleistung von 2,14 Metern war der Nachwuchsathlet regelmäßig bei Deutschen Junioren-Meisterschaften am Start und hatte seinen festen Platz im Landeskader.

„Mein großes Ziel war es immer, mal das deutsche Trikot zu tragen und bei internationalen Wettkämpfen zu starten“, sagt Seiler. Im Jahr 2006 war es dann soweit und er durfte sich bei einem Länderwettkampf in Sarajevo mit Hochspringern anderer Nationen messen. Doch um seinen hohen Ansprüchen gerecht zu werden, merkte Seiler, dass es im Hochsprung nicht ganz reichen würde. „Von der Spitze habe ich mich damals zu weit weg gesehen.“ Seine Trainingsgruppe in Mannheim und später in Ludwigshafen bestand neben anderen Hochspringern aber auch aus Weit- und Dreispringern und so fand Seiler zunehmend Gefallen an der weniger bekannten, aber wohl komplexesten Sprungdisziplin. „Beim Dreisprung hat mich die Verbindung von maximaler Geschwindigkeit beim Anlauf und maximalem Krafteinsatz bei den Sprüngen fasziniert. Und die Bewegungsabfolge erfordert eine anspruchsvolle Technik. Das hat mich gereizt.“

Als Dreispringer in der nationalen Spitze

So wurde Seiler im Alter von 20 Jahren Dreispringer. „Relativ spät“, wie er selbst sagt. Aber rechtzeitig genug, um es noch in die nationale Spitze zu schaffen. Parallel zu seinem Studium, nach dem Abitur in Östringen hatte er in Heidelberg ein Bachelorstudium in Sportwissenschaft und Psychologie aufgenommen, trainierte er jeden Tag in Ludwigshafen und wurde immer besser. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: 2011 wurde Seiler Deutscher U23-Meister. Auch im Seniorenbereich gehörte er zur nationalen Spitze und wurde unter anderem drei Mal deutscher Vizemeister.

Sein ganz großer Traum, einmal für Deutschland bei einer Weltmeisterschaft, Europameisterschaft oder bei Olympischen Spielen zu starten, erfüllte sich jedoch nicht. Die nationale Norm, die geleistet werden muss, um vom Deutschen Leichtathletikverband für solch eine Veranstaltung nominiert zu werden, lag bei 16,70 Meter, Seilers persönliche Bestleistung bei 16,32 Meter. Die Mühen des täglichen Trainings und die Entbehrungen, die der Leistungssport mit sich bringt, bereut er jedoch bis heute nicht. „Ich habe damals jeden Morgen meinen Riesenrucksack gepackt, bin zur Uni nach Heidelberg gefahren und abends dann nach Ludwigshafen zum Training. Es hat mir immer Spaß gemacht.“ Die gesunde Einstellung zum Leistungssport und die Erfahrungen, die Seiler als einer der besten deutschen Sportler seiner Disziplin gemacht hat, kann er nun auch an seine U17-Jungs weitergeben.

Begegnung beim Sport-Eignungstest mit Folgen

Dass der frühere Spitzenleichtathlet überhaupt beim Fußball gelandet ist, hat er einer Bekanntschaft zu verdanken, die er beim Eignungstest für das Sportstudium in Heidelberg gemacht hat. „Damals habe ich Dominik Drobisch kennengelernt und wir haben danach gemeinsam studiert. Als er dann später bei der TSG war und dort ein Athletiktrainer auf Minijobbasis für den Bereich U15 bis U12 gesucht wurde, hat er mir vorgeschlagen, mich doch mal zu bewerben“, so Seiler.

Drobisch, heute Leiter der TSG-Akademie und des TSG AOK Campus und damals Leiter des früheren Kinderzentrums, erinnert sich an die gemeinsame Studienzeit: „Martin hat mich damals als Sportler und Typ sehr beeindruckt. Ob er auch ein guter Athletiktrainer ist, konnte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wissen, aber ich hatte die Fantasie, dass das klappen könnte.“

Es klappte. Seiler, der zuvor erste Erfahrungen als Koordinationstrainer der A- und B-Junioren-Handballer der Rhein-Neckar Löwen und als Konditionstrainer von Tennisspielern im Racket Center Nußloch gesammelt und auch schon den einen oder anderen Trainerschein erworben hatte, wurde schnell mit den jungen Fußballern der TSG und dem Fußballsport warm, den er zuletzt elf Jahre zuvor selbst betrieben hatte, mit dem er danach aber nicht mehr viel zu tun hatte. Seine aktive Springerkarriere trieb Seiler allerdings parallel zu seiner Tätigkeit bei der TSG weiter voran und nach erfolgreichem Bachelor-Abschluss begann er zeitgleich auch noch mit dem Masterstudium. „Allerdings als Fernstudium, weil ich mich noch mehr auf meinen Sport konzentrieren wollte.“

„Die tägliche Arbeit mit den Kollegen macht viel Spaß“

Doch irgendwann merkte Seiler, dass sich die Zeit als aktiver Sportler dem Ende zuneigte. Als er auch sein Masterstudium abgeschlossen hatte, erhielt er das Angebot, als Vollzeitkraft das Athletiktraining der U16, U15 und U14 in der Akademie zu übernehmen. „Sportlich lief es zu dem Zeitpunkt nicht mehr so richtig gut und außerdem hatte ich die sechs, sieben Jahre davor alles dem Sport ungeordnet. Daher war das dann der richtige Zeitpunkt, um beruflich voll einzusteigen.“

Seiler hörte mit der Leichtathletik auf und war nun mit Haut und Haaren Athletiktrainer bei der TSG. „Wehmütig war ich nach meinem Karriereende als Springer nicht. Ich habe mich voll auf die Fußballwelt gestürzt und meine alte Welt hinter mir gelassen.“ Die Dreisprungszene und seine ehemaligen Mitstreiter und Konkurrenten verfolgt er aber immer noch mit großem Interesse.

Im Sommer 2018 rückte Seiler schließlich zur U17 auf, war damit erstmals nur für eine Mannschaft zuständig und fester Bestandteil eines Trainerteams. „Als ich noch für drei oder vier Teams verantwortlich war, war ich eher Ergänzungstrainer. Nun bei der U17 bin ich bei jedem Trainingsinhalt eingebunden und ein vollwertiges Mitglied des Trainerstabs“, erklärt Seiler, dem die Zusammenarbeit mit U17-Cheftrainer Danny Galm und den restlichen Trainern und Betreuern des B-Jugend-Bundesligateams der TSG viel Freude bereitet. „Das tägliche Arbeiten mit den Kollegen macht richtig Spaß. Wir verstehen uns untereinander alle gut und jeder hat viel Respekt für die Arbeit des anderen. Außerdem kann ich hier viel von mir einbringen, weil mir das volle Vertrauen entgegengebracht wird“, so Seiler, der gleichzeitig betont, auch im Grundlagenzentrum und der Akademie-Arena immer sehr vertrauensvoll mit den TSG-Trainern zusammengearbeitet zu haben.

Die Jungs, die er jetzt betreut, kennt Seiler zum Teil schon lange – einige seit der U12. „Den 2002er-Jahrgang von der letzten Saison habe ich sogar durchgängig von der U12 bis zur U17 begleitet. Die haben jetzt in der U19 mit Stephan Kisling zum ersten Mal einen anderen Athletiktrainer“, sagt Seiler. Sein Arbeitsplatz hat sich, seit er bei der U17 ist, ein wenig geändert. „Früher war ich nur auf dem Platz und im Athletikraum. Jetzt sitze ich zusätzlich viel im Büro, um das Training zu planen oder leistungsdiagnostische Werte zu dokumentieren und auszuwerten.“

„Personal Trainer für 21 Kunden“

Die 21 U17-Spieler und ihre körperlichen Stärken und Schwächen kennt Seiler in- und auswendig. Gezielt arbeitet er mit jedem daran, sein volles körperliches Potenzial zu entwickeln und abzurufen. „Ich bin bei uns quasi ein Personal Trainer für 21 Kunden. Wir erheben täglich viele Werte und ich kann hier auch sportwissenschaftlich auf einem hohen Niveau arbeiten. Wichtig ist mir, dass die Jungs ein Bewusstsein für ihren Körper entwickeln. Das ist bei Individualsportlern viel stärker ausgeprägt. Auch ein professionelles Verhalten außerhalb des Trainingsplatzes oder des Athletikraums versuche ich zu vermitteln – vor allem was Ernährung und Schlaf angeht.“

Wenn er dann am Wochenende neben seinen Trainerkollegen auf der Bank sitzt, genießt Seiler die Wettkampfatmosphäre genauso, wie er es früher als Dreispringer getan hat. „Ich arbeite die ganze Woche darauf hin, dass die Jungs am Wochenende fit sind. Dann will ich natürlich auch sehen, wie sie performen, und fiebere da voll mit.“

Mit dem Beruf des Athletiktrainers hat sich Seiler voll und ganz angefreundet. „Das ist das, was ich jetzt machen möchte. Der Verein unterstützt mich und ich kann viele Fortbildungen belegen. Aktuell mache ich die A-Lizenz des Deutschen Olympischen Sportbundes als Athletiktrainer und kürzlich habe ich die B-Lizenz im Fußball erworben.“ Seine Ziele hat der Bad Schönborner fest im Blick: „Mit der U17 wollen wir diese Saison Meister werden und um die Deutsche B-Jugend-Meisterschaft spielen. Solche Erlebnisse mit ein paar mehr Zuschauern möchte ich gerne auch mal als Trainer erfahren.“ Zu einem Wettkampftypen wie ihm würden die K.o.-Spiele gut passen.

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