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SPIELFELD
10.12.2018

Pep Guardiola: Der Purist

Pep Guardiola gilt bereits als Ikone der Trainergilde. Mit seinem kompromisslosen Ballbesitzfußball hat er auch bei Manchester City einen neuen Stil geprägt. Doch nach der historischen Meisterschaft in der Premier League erwartet der Klub-Besitzer nun den Titel in der UEFA Champions League.

"Erfolg ohne die Spielweise, die ich sehen will, ist für mich nichts wert", erklärte Manchester Citys Coach Pep Guardiola im vergangenen Sommer. Ähnliches hatte man von dem 47-Jährigen schon bei den Münchner Bayern und zuvor in Barcelona gehört. Kein Spitzentrainer erhebt derart puristische und zugleich extrem anspruchsvolle Erwartungen an die Auftritte seiner Mannschaften. Sie müssen nicht nur gewinnen, sondern Ball und Gegner unablässig dominieren, um mit fließenden Kombinationen zu reüssieren. Weniger als die totale Perfektion ist für den Katalanen schlichtweg nicht genug.

Dementsprechend hoch war die Fallhöhe, als Guardiola vor über zwei Jahren im Etihad-Stadion anheuerte. Der von Scheich Mansour aus Abu Dhabi kontrollierte Traditionsverein erhoffte sich von der Koryphäe aus Santpedor viele Titel, erlesenes Kurzpassspiel und vor allem internationale Anerkennung, doch die taktische Neuausrichtung der zuvor eher von Kraft und Dynamik lebenden Mannschaft gestaltete sich schwieriger als erwartet. City zeigte sich in seiner ersten Saison extrem konteranfällig – sehr zur Freude vieler Experten und Gurus auf der Insel, die durch die Anpassungsprobleme des Seitenlinien-Superstars den selbst verliehenen Sonderstatus der Premier League als "schwerste Liga der Welt" bestätigt sahen.

"Guardiola ist verrückt, wenn er denkt, er kann hierherkommen, alle einfach ausspielen, gegen Mannschaften wie Watford oder Bournemouth 90 Prozent Ballbesitz haben und sie mit hübschen Passmustern besiegen", wetterte der ehemalige Liverpool-Stürmer Stan Collymore stellvertretend für alle englischen Traditionalisten. "Und wenn er glaubt, er müsse seiner Elf keine Grätschen und Zweikämpfe beibringen, ist er noch verrückter. Er wird mit eingezogenem Schwanz zurück nach Spanien gehen." Für Guardiola war die ungewohnte Erfahrung ("Normalerweise stehe ich oben") doppelt schmerzhaft. Citys Platz drei in der Liga mit 15 Punkten Rückstand auf Meister Chelsea am Ende der Saison 2016/17 ließen seinen Ruf eines genialischen Feldherrn leiden und relativierten darüber hinaus scheinbar auch noch seine bahnbrechenden Triumphe mit Barca und in München. 

Fußball, den man in England noch nicht gesehen hat

Wer von ihm taktische Zugeständnisse an die Eigenheiten des englischen Fußballs (Wind und Wetter, großzügige Regelauslegung, fehlende Winterpause, sehr viele Spiele) erwartet hätte, wurde jedoch enttäuscht. Guardiola versprach, seine fußballerischen Prinzipien nie zu verraten und baute den Kader vor der Spielzeit 2017/18 noch kompromissloser nach seinen Vorstellungen um. City zeigte einen Fußball, den man so in England noch nie gesehen hatte. Giftiges Pressing, brillante Raumaufteilung, konstante Bewegung, schnelle Ballzirkulation und klare Zielstrebigkeit vereinten sich zu einem Gesamtkunstwerk, vor dem die Konkurrenz staunend kapitulierte. Der britische Sender Sky verglich Citys Anmut mit Michelangelos Sixtinischer Kapelle; Ex-Arsenal-Verteidiger Martin Keown, ansonsten nicht im Verdacht, übertriebenen Wert auf ästhetische Gesichtspunkte zu legen, schwärmte von Spielern, die "wie Künstler Woche für Woche schönen Fußball auf den Rasen malen und jedes Mal die Stürmer Gabriel Jesus und Sergio Agüero die Schlussstriche setzen lassen".

Die Himmelblauen stellten mit 100 Punkten einen Rekord in der Meisterschaft auf und wurden von der Times zur "besten Mannschaft der Premier-League-Geschichte" gekürt. Guardiola hatte seine Idee gegen alle Unkenrufe der Blut-und-Matsch-Ideologen durchgesetzt. "Wir können uns zwar rein zahlenmäßig nicht verbessern, aber noch besser Fußball spielen", kündigte er vor Beginn der aktuellen Saison an, "wir sind weiter hungrig, weil bei uns niemand das Gefühl mag zu verlieren". Gerade in der UEFA Champions League soll im dritten Anlauf endlich der ganz große Wurf gelingen.

Ohne Citys Schlüsselspieler Kevin De Bruyne, der aktuell verletzt ausfällt, fehlt dem Team aktuell allerdings ein Schuss Präzision und Körperlichkeit in der Zentrale. Der eine oder andere Kritiker wagt sich schon wieder aus der Deckung, der Guardian beispielsweise empfahl dem bis ins kleinste Detail gecoachten Team mehr Freiheiten zu gewähren. Wie man Guardiola kennt, wird er von seiner Linie aber bestimmt nicht abrücken, im Gegenteil: Zweifel von außen bestärken nur seinen Glauben an das hochkomplizierte Konzept.

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