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SPIELFELD
26.07.2018

#TSG10: Emotionaler Ausnahmezustand

#DASERSTEMAL passierte für die TSG am 21. April 2017 unter Flutlicht in Köln. Am 30. Spieltag mussten Fans und Spieler bis zur 93. Minute zittern und bangen – bis Kerem Demirbay sie mit dem Tor zum 1:1 erlöste und den historischen Erfolg sicherte: die erste Europapokalteilnahme der TSG. SPIELFELD erinnert an das legendäre, aufgeheizte Flutlichtspiel – und hat mit den beiden Torschützen gesprochen: Kerem Demirbay und Leonardo Bittencourt, die mit der TSG in dieser Saison zusammen in der #Königsklasse spielen.

Emotionen peitschen durch das Kölner Stadion. Wütende Angriffe der Hoffenheimer, die den Kölner Strafraum belagern und neben den FC-Spielern auch gegen das Publikum ankämpfen. Über 90 Minuten hatte es zuvor wütende Gesänge gegen die TSG gegeben, die Stimmung war extrem aufgeheizt, auch die mitgereisten TSG-Fans sorgten immer wieder für akustische Höhepunkte. Doch in der Nachspielzeit scheint das große Ziel verpasst, Köln führt im Flutlichtspiel am 30. Spieltag 1:0, trotz eines starken Auftritts droht für "Hoffe" die sehnsüchtig erwartete erstmalige Qualifikation für den Europapokal an diesem Abend doch vorerst zu misslingen. 

Es ist hitzig, spätestens nach Leonardo Bittencourts Führungstreffer (58.) hatte sich die aufgeladene Atmosphäre von den Rängen auf das Spielfeld übertragen. Fouls, Nickeligkeiten, Scharmützel – die beiden Europapokal-Anwärter bieten sich im Schein des Flutlichts ein Duell, das jegliche Aspekte eines Europapokalspiels erfüllte. Dazu gehört auch der unbändige Wille, die Niederlage, das Scheitern, den Frust zu verhindern. Die TSG wirft alles nach vorn, während die Nachspielzeit Sekunde für Sekunde verrinnt. Nervosität liegt über den Fanblöcken – getrennt zwar in den Farben, doch in diesem Moment vereint in der Sorge um Punkte, die Europapokal-Teilnahme, den Erfolg einer ganzen Saison. Wütende Rufe, vor den Gesichtern zusammengefaltete Hände, weit aufgerissene Augen – die Zuschauer bekommen auf der Kölner Bundesliga-Bühne ein fantastisches Schauspiel geboten – dessen Ende das Stadion erbeben lässt.

#DasErsteMal

Der weit aufgerückte Niklas Süle kommt im Kölner Strafraum an den Ball, spitzelt ihn parallel zur Strafraumgrenze zu Kerem Demirbay, der den Ball mit einer beachtlichen Ruhe und Präzision in die lange Ecke schiebt. Tor. 1:1. Europapokal. #DasErsteMal

Ein Moment, der für immer bleibt. Für die TSG – und für Kerem Demirbay: "Als Niklas Süle den Ball bekam, wusste ich, dass er diesen Schritt macht und ich den Ball bekommen werde. Ich war mir in diesem Moment zu 100 Prozent sicher, dass ich ihn reinmache. Ich habe den Gegenspieler gesehen, die Lücke zwischen dem Pfosten und wusste: Ich muss ihn nur feste mit der Innenseite dorthin passen, dann steht es hier 1:1 und wir sind durch."

Was folgt ist ein emotionaler Ausbruch, wie man ihm vom Spielmacher und der Hoffenheimer Mannschaft zuvor selten gesehen hat. Wäre im Kölner Stadion ein Seismograph installiert gewesen, er wäre in kaum messbare Skalen ausgeschlagen. Der Hoffenheimer Block tobt, das Kölner Publikum flucht und pfeift nach Kräften, während Demirbay auf die Hoffenheimer Fans zusprintet, zum Sprung ansetzt und auf der Eckfahne landet, bevor er von den Mitspielern erreicht, geherzt und fast erdrückt wird. Er reckt die Faust zu den Fans. Im Wissen, den Kampf angenommen, sich im Orkan der Emotionen behauptet und das große Ziel erreicht zu haben: die erstmalige Qualifikation der TSG Hoffenheim für den Europapokal.

"Es war ein unglaubliches, unvergessliches Gefühl"

"Es war ein unglaubliches, unvergessliches Gefühl und ein besonderer Moment für mich. Wir haben uns für all den Aufwand in den 90 Minuten und der gesamten Saison belohnt. Ich bin eigentlich eine ruhige Person, auch auf dem Feld. Aber in diesem Moment habe ich mich extrem gefreut, da sind die Emotionen mit mir durchgegangen, auch beim Sprung auf die Eckfahne. Ich wusste einfach nicht, wohin mit meinen ganzen Gefühlen. Es gibt ja auch ein cooles Foto von uns, das sagt eigentlich alles", sagt Demirbay.

Leonardo Bittencourt ist in jenem Moment in anderen Gefühlssphären unterwegs. Er kämpft mit Köln um die erste Europapokal-Teilnahme nach 25 Jahren, will sich und das Team um den überragenden Anthony Modeste für eine spektakuläre Saison belohnen und den Fans das lang ersehnte Ziel Europa bescheren. Doch das 1:1 ist ein Rückschlag, der schmerzt. Noch mehr, da ein Konkurrent wenige Meter entfernt ebenfalls im emotionalen Ausnahmezustand weilt – allerdings vor Glück. "Das war damals für uns sehr, sehr bitter. Wir haben lange geführt, es wäre ein wichtiger Sieg gewesen. Das Unentschieden war zwar verdient, aber das interessiert einen in diesem Moment natürlich nicht", sagt der Angreifer, der seit dem Beginn dieser Spielzeit für die TSG spielt. 

Die Saison 2016/17 nimmt jedoch auch für Bittencourt und den FC ein gutes Ende, die Qualifikation für die Europa League glückt. So fällt es dem 24-Jährigen leicht, locker über den Treffer seines neuen und alten Mitspielers – Demirbay und Bittencourt spielten in der Saison 2012/13 schon bei Borussia Dortmund II zusammen – hinwegzusehen: "Wir hatten an diesem Abend unterschiedliche Trikots an, und da kämpft nun einmal jeder für sein Team. Es war schade für uns, aber da ist man sich nicht böse. Jetzt spielen wir ja zusammen und können uns die Tore gegenseitig auflegen."

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Bittencourt, der in Köln bereits mit Kevin Vogt und in der Junioren-Nationalmannschaft mit Nico Schulz zusammengespielt hat, freut sich nun auf gemeinsame Europapokalnächte: "Wir haben die Europa League mit dem FC genauso vergeigt wie die TSG. Aber jeder will international spielen. Ich stand mit dem BVB bereits im Champions-League-Finale. Das war eine unglaubliche Erfahrung, jetzt freue ich mich auf die nächsten Erfahrungen in der Königsklasse. Es gibt nichts Schöneres, als sich mit den Besten zu messen."

Dass Demirbay und Bittencourt knapp eineinhalb Jahre nach dem furiosen Finale im Kölner Fußball-Tempel nun gemeinsam in der Champions League spielen werden, hätte damals kaum jemand für möglich gehalten. Doch beide standen auf dem Rasen, als die TSG Geschichte geschrieben hat – und nun wollen beide der TSG-Historie ein weiteres Kapitel hinzufügen. Gemeinsam, in den gleichen Trikots.

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