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SPIELFELD
04.09.2017

Das blaue Haus von Hoffenheim

Heribert Breunig lebt die Liebe zur TSG so offensichtlich wie kein zweiter Fan. Sein blau-weißes Haus in der Sinsheimer Straße in Hoffenheim brachte den Verkehr mehrfach zum Erliegen und machte international Schlagzeilen. Jetzt soll es noch ein bisschen blauer werden.

Neun Jahre ist es her, dass Heribert Breunig ein Versprechen einlöste und für immer Farbe bekannte: Er verwandelte sein grün-gelbliches Haus in das blau-weiße Wahrzeichen von Hoffenheim. Gut 50 Millionen Autofahrer passierten seither die Sehenswürdigkeit an der Sinsheimer Straße – öffentlicher und plakativer kann man Vereinsliebe nicht darstellen. 15.000 Autofahrer befahren die Bundesstraße in Hoffenheim laut Sinsheimer Stadtverwaltung pro Tag im Schnitt. Nicht wenige davon hupen den 58-Jährigen an, rufen aus dem Fenster oder winken ihm zu, wenn er gerade mal vor seinem Haus steht. Während des SPIELFELD-Fotoshootings vor der Garage kommt Breunig aus dem Zurückgrüßen kaum noch heraus. Es hupt und hupt und hupt.

"Als wir das Haus damals gestrichen haben, sind immer wieder Staus entstanden", erzählt er. Die Idee kam spontan, wenige Tage vor dem Aufstiegsspiel gegen Greuther Fürth am 18. Mai 2008. Breunig war gerade dabei, eine große Hoffenheim-Fahne an seinem Haus aufzuhängen, da meinte er zu TSG-Präsident Peter Hofmann: "Wenn wir aufsteigen, streich' ich mein Haus blau-weiß." Hofmann entgegnete: "Dann bezahle ich die Farbe." Das 5:0 der Kraichgauer besiegelte den Aufstieg und den Anstrich.

Kurze Zeit später stand schon das Gerüst. Die erste Reaktion seiner Frau Cornelia: "Bist du verrückt?" Der Ehemann bejaht das noch heute: "Ich bin verrückt. Und das will ich auch sein. Positiv natürlich." Auch seine beiden Söhne, einer Dortmund-Fan, der andere Gladbach-Anhänger (trotzdem strichen die Eltern auch deren Zimmer blau-weiß), standen mit ihm auf dem Gerüst. Mit seiner Familie und zwei Freunden machte er sich an die Arbeit. 20 Liter weiße und zweieinhalb Liter professionell gemischte blaue Farbe verpinselte das Team und brachte ein eisernes TSG-Wappen über der Garage an. Nebenbei "war hier die Hölle los", erinnert sich Breunig. "Die Leute schrien und jubelten aus ihren Autos, hielten an und fotografierten ihre Omas und Kinder vor meinem Haus. Einfach nur geil!"

"Öfter im Fernsehen als Dietmar Hopp"

Das "Hoffe"-Haus wurde zum Hype und zu einem der TSG-Fansymbole des Aufstiegs schlechthin. Sämtliche Medien berichteten – regionale, überregionale und mit der "BBC" und dem "Guardian" sogar internationale. Breunig kann sich noch an ein Reporterteam aus Japan erinnern, das an seiner Tür klingelte und Fragen stellte. Bis heute weiß er nicht, von welchem Medium die Journalisten eigentlich genau kamen. Sogar so manche Mittagspause verbrachte er damit, Interviews zu geben. Mehrere Fernsehteams kamen zu Besuch, Sky-Moderatorin Esther Sedlaczek etwa.

"Ich war fast öfter im Fernsehen als Dietmar Hopp", sagt er und lacht. Bei all der Medienpräsenz blieben natürlich auch negative Begleiterscheinungen nicht aus. Eines Nachts bewarfen Unbekannte die Fassade mit Eiern und Roter Beete. "Das war nicht mal eben im Vorbeifahren, die müssen direkt vor der Türe gestanden haben", erzählt er. "Na ja, ich hab’s weggekriegt." Solche Vorfälle seien aber eher selten gewesen, in letzter Zeit passiere das gar nicht mehr. Wer ihn fragt, ob er sein Haus jemals umstreichen würde, erntet einen fassungslosen Blick und ein lautes, verständnisloses "Hallooo!!?" Niemals würde er das tun, egal auf welchem Tabellenplatz die TSG stehe oder in welcher Liga sie spiele.

Breunig hält Wort, das ist ihm wichtig: "Wenn ich was sage, stehe ich dazu. Bei unserer Hochzeit habe ich zu meiner Frau Cornelia 'Ja' gesagt und das gilt auch heute nach 31 Jahren noch", sagt er und lacht. Auch im Sportlichen kann er das jetzt wieder beweisen. Kaum war die Fassaden-Farbe 2008 getrocknet, machte er in seinem Freundeskreis schon die nächste – damals sicher noch etwas großspurig anmutende – Ankündigung: "Wenn wir in der Champions League spielen, male ich auch die Dachziegel blau an." Zu seinem 50. Geburtstag schenkten ihm die Freunde einen blauen Muster-Ziegel. Und acht Jahre später steht jetzt tatsächlich die nächste farbliche Veränderung ins Haus. Ob Königsklasse oder nicht – Breunig setzt seinem Haus die blaue Krone auf. Der gelernte Maurer baut auf die TSG: "Ich werde es tun. Das Dach muss ich in nächster Zeit sowieso richten. Warum also nicht blau?"

"Die Jungs waren bei mir"

Da an manchen Stellen nach all den Jahren langsam die Farbe bröckelt, will er vorher noch einmal gründlich nachstreichen. Das Haus hat schon einige Jahre auf dem Buckel, wurde 1902 gebaut. Breunig kaufte es 1999 und zog von Sinsheim nach Hoffenheim. Seitdem ist er fest in das dortige Gemeindeleben integriert: Er singt beim MGV Sängerbund Hoffenheim, ist bei der Hoffenheimer und Sinsheimer Feuerwehr, ist als Gemeindearbeiter bei der Stadt Sinsheim angestellt und trainiert die C4-Junioren der TSG. Zum Fußball kam er im Jahr 2001 gemeinsam mit seinem Sohn Andre: Das Kind kickte bei den Bambini, der Vater war Betreuer. Später absolvierte Breunig Trainerlehrgänge an der Karlsruher Sportschule Schöneck und trainierte die F-, E-, D-, C- und B-Jugendteams der TSG. Unter anderem hatte er auch Nadiem Amiri und Nicolai Rapp unter seinen Fußball-Fittichen. "Ich bin stolz, sagen zu können: Die Jungs waren bei mir."

Breunigs großer Wunsch ist, dass die TSG-Profis einmal für ein Mannschaftsfoto zu seinem blau-weißen Bauwerk kommen. "Es muss ja nicht der ganze Kader sein, vielleicht zehn oder 15 Jungs." Womöglich sei das neue Dach dann ja ein Anlass für einen Team-Besuch an der Sinsheimer Straße. Bis der Dachdecker kommt, dauert es aber noch etwas. Vor Frühling 2018 geht nichts. Doch wenn erst einmal wieder das Gerüst vor dem Hoffenheimer Wahrzeichen steht und die Arbeiten beginnen, rechnet Breunig wieder mit Hupkonzerten, Fanbekundungen und erhöhtem Verkehrsauf kommen vor seiner blau-weißen Baustelle.

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