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SPIELFELD
10.10.2016

Mark Uth über Geduld

Einen längeren Anlauf brauchte Mark Uth, um sich in der Bundesliga zu etablieren. Der 25-Jährige, der im Sommer 2015 zur TSG Hoffenheim kam, schaffte als Spätstarter in der niederländischen Eredivisie beim SC Heerenveen den Durchbruch zum Torjäger. Bis sich seine Klasse voll entfalten konnte, zeigte der gebürtige Kölner ein großes Maß an Geduld. Die benötigt der Stürmer auch aktuell - nach seinem Muskelbündelriss fällt er längere Zeit aus.

Wenn es um Geduld im Fußball geht, bist du ein guter Ansprechpartner. Dein Anlauf in die Bundesliga war nicht ganz gradlinig. Fühlst du dich selbst auch als Spätstarter?

Mark Uth: Ich hatte nicht diesen Bilderbuchstart in meine Karriere und musste für mein Ziel Bundesliga den Umweg über die Niederlande gehen. Ich hatte immer ein bisschen Probleme am Anfang, auch dort hat es nicht gleich gut geklappt. Aber die Qualität hat sich schließlich überall mit ein wenig Zeitverzögerung durchgesetzt.

Die anfänglichen Probleme hattest du auch hier in Hoffenheim. Noch zu Beginn des Jahres warst du kein Stammspieler bei der TSG. Hast du nun das Gefühl, richtig angekommen zu sein?

Uth: Auf jeden Fall. Ich habe die ganze Vorbereitung mitgemacht, ich hatte kaum Probleme, keine Verletzungen, alles war gut. Wir sind recht gut gestartet mit dem Pokalsieg und auch in der Bundesliga. Und ich habe ja zum Auftakt auch gleich Tore erzielt.

Vor der Europameisterschaft wurdest Du plötzlich sogar als Kandidat für die deutsche Nationalmannschaft gehandelt.

Uth: Das hat mich natürlich auch überrascht. Es ist unglaublich zu hören, auch wenn es im Endeffekt nicht geklappt hat. Es ist eine Ehre, überhaupt im Gespräch zu sein. Das war schon schön und eine Bestätigung, dass ich als Stammspieler der TSG wahrgenommen werde.

Für einen Spätstarter bist du wirklich schnell in den Blickpunkt gerückt. Wie schaust du eigentlich heute auf den 17- oder 18-jährigen Mark Uth?

Uth: Das ist lustig. Heute sind viele 17- und 18-Jährige schon Stammspieler in der Bundesliga. Ich habe aber mit 17, 18 Jahren noch auf Ascheplätzen gespielt, als ich bei Viktoria Köln war. Das ist schon ein Unterschied zu den jungen Spielern von heute. Ich bin spät zum Profifußball gekommen. Heutzutage werden die Talente viel stärker gefördert und vor allem bekommen sie auch die Chance, früher in den ersten Mannschaften zu spielen.

Bei dir ging es im Zick-Zack-Kurs zu den Profis. Erst warst du beim 1. FC Köln, dann bei Viktoria Köln, schließlich wieder zum FC, wo du in der A-Jugend auch durchgestartet bist. Warum war der Sprung zu den Profis dann so kompliziert?

Uth: In der A-Jugend habe ich viele Tore gemacht und wurde in der Junioren- Bundesliga Torschützenkönig mit 24 Toren in 24 Spielen. Übrigens vor Pierre-Michel Lasogga, der damals für Leverkusen spielte. Ich durfte beim 1. FC Köln häufig mit den Profis mittrainieren und war auch ab und zu im Kader. Aber ich habe nie die Chance gespürt, einmal einen Einsatz zu bekommen. Ich hatte auch nie das Gefühl, dass der Verein auf die Jugend setzt. Stale Solbakken, der damals FC-Trainer war, konnte nichts mit mir anfangen. Bis zum Winter habe ich mit den Profis trainiert, danach nur noch in der zweiten Mannschaft. Im folgenden Sommer bin ich nach Heerenveen gegangen.

Und hattest dort in Marco van Basten einen früheren Weltklassestürmer als Trainer – perfekte Voraussetzungen. Eigentlich.

Uth: Aber es funktionierte auch in Heerenveen im ersten Jahr nicht gut. Ich fiel drei Monate mit einer Schambeinentzündung aus, musste dann erst wieder fit werden. Ich habe nicht gut trainiert und keine guten Leistungen gezeigt. Van Basten hatte den Isländer Alfred Finnbogason, der jetzt beim FC Augsburg ist, zu seinem Stürmer gemacht. An ihm kam ich nicht mehr vorbei, auch nicht, als es in der Rückrunde besser wurde.

Du wurdest nach nur einem Jahr von Heerenveen ausgeliehen.

Uth: Ich habe in meiner ersten Saison für den Klub in der zweiten Mannschaft gespielt. Mein Glück war, dass das Team gut war, ich viele Tore geschossen habe und wir Meister wurden. Der Trainer ist dann zu Heracles Almelo gewechselt und hat mich mitgenommen. Dann konnte ich meine erste Saison in der Ehrendivision jedes Spiel von Anfang an machen.

Nach einem Jahr Almelo ging es aber wieder zurück nach Heerenveen.

Uth: Für Almelo hatte ich in 28 Spiele zehn Tore gemacht, Heracles wollte mich auch behalten. Aber ich wollte unbedingt zurück. Ich war noch nicht fertig in Heerenveen. Ich war dorthin gegangen, um in der Eredivisie zu spielen. Ich habe mir dann gesagt, mit Geduld wird es beim zweiten Mal klappen.

Und dann ist der Knoten geplatzt.

Uth: Ich habe gespielt und Tore gemacht. Damit bin ich wieder in den Blickpunkt der Bundesliga gekommen. Es war immer mein Ziel, dort zu spielen. Ich wollte die Niederlande als Sprungbrett nutzen und habe das geschafft.

Insgesamt hast du aber lange warten müssen, was sicher nicht immer einfach war. Wie denkst du heute über diese schwierigen Phasen?

Uth: Sie haben mich auf jeden Fall reifen lassen. Und ich habe immer daran geglaubt, auch als ich in der Jugend zu Viktoria Köln ging oder zu Anfang meiner Zeit in den Niederlanden mit der harten Phase, als ich fast ein halbes Jahr nur auf der Tribüne gesessen habe.

Und in Hoffenheim…

Uth: Ja, ich hatte auch hier bei der TSG eine solche Zeit, als ich unter Huub Stevens nicht im Kader war. Aber da muss man einfach geduldig sein, trotz der Enttäuschung weiter hart arbeiten, trainieren und alles geben. Nur so kann man dann auch aus einem Loch wieder rauskommen.

Wie bleibt man motiviert, wenn es hakt?

Uth: Es war manchmal schwierig, aber meine Eltern haben mich immer aufgefangen und unterstützt. Ich bin damals aus Heerenveen viel nach Hause gefahren, Freunde sind dort auch vorbeigekommen, natürlich auch meine Freundin. Das hat geholfen. Es war schwierig, aber ich habe nie gezweifelt, nie aufgegeben. Auch mein Berater hat gesagt, du musst weitermachen, irgendwann kommen wieder bessere Zeiten.

Hattest du, auch wenn du nicht wirklich stark gezweifelt hast, eine Alternative für den Fußball im Hinterkopf ?

Uth: Hätte es mit dem Profifußball nicht geklappt, hätte ich nicht lange rumgemacht, sondern ein Studium begonnen. Das hatte ich auch mit meinem Vater, nachdem ich das Fachabitur gemacht hatte, abgesprochen. Er sagte, du hast jetzt drei, vier Jahre Zeit, um dich im Profifußball zu etablieren. Wenn das nicht funktioniert, dann müssen wir überlegen, ob das Sinn macht.

Hattest du eine Vorstellung, welches Studium du begonnen hättest?

Uth: Nein, darüber habe ich mir damals nie konkret Gedanken gemacht. Aber nun werde ich ab Oktober ja trotzdem studieren (lacht): Sportbusiness-Management in einem Fernstudium. Dafür gibt es ja prominente Vorbilder wie Oliver Bierhoff, der das geschafft hat, obwohl er im Ausland spielte.

Warum hast du dich für ein Studium entschieden?

Uth: Man muss ja etwas machen, irgendwann ist mit dem Fußball ja Schluss. Außerdem habe ich schon das Gefühl, man muss auch immer etwas für den Kopf machen. Wenn es mit dem Studium etwas hakt, hat man ja Zeit, man kann es etwas länger ziehen. Im Endeffekt habe ich vielleicht noch acht Jahre für den Profifußball. In acht Jahren sollte ich das Studium schon hinbekommen.

Und wie kamst du auf Sportbusiness-Management?

Uth: Ich würde gerne im Fußball bleiben, das fände ich gut nach dem Abschluss meiner aktiven Karriere. Fußball ist halt meine Leidenschaft. Bei der TSG habe ich Alexander Rosen (Direktor Profifußball; d. Red.) gesagt, dass ich studieren werde. Er fand das gut und hat mir ein Praktikum angeboten, um mal reinzuschnuppern. Das werde ich vielleicht annehmen, um zu gucken, was so auf mich zukommt.

Um auf das Thema Geduld zurückzukommen: Meinst du, dass auch zu einem guten Stürmer Geduld gehört?

Uth: Man muss immer wieder versuchen, erfolgreich zu sein. Geduld ist dabei vielleicht wichtig, aber manchmal brauchst du auch einfach pures Glück, um an der richtigen Stelle zu stehen. Ich hatte in Almelo und übergehend in Heerenveen eine Phase, in der ich mehr als 1.000 Minuten lang kein Tor geschossen habe. Da hat sich dann die Presse auch bei mir einen Spaß daraus gemacht, die Minuten zusammenzuzählen. Ich wusste das gar nicht und habe es erst im Fernsehen gehört, dass es 1.000 Minuten sind. Ich dachte okay... Meine Antwort waren dann drei Tore im nächsten Spiel.

Selbst in so einer Torlos-Phase hattest du keine Zweifel?

Uth: Selbst ein Thomas Müller als herausragender Stürmer hat einmal eine Phase, in der er wie während der gesamten EM nicht trifft. Danach klappt es dann wieder. Das ist vollkommen normal, als Stürmer solche Phasen zu haben. Die will man nicht, aber sollte sich auch nicht aus der Ruhe bringen lassen.

Würdest du sagen, dass es eine Stärke von dir ist, cool und gelassen zu sein?

Uth: Das mag sein. Aber nervös bin ich vor jedem Spiel. Die Anspannung brauche ich auch. Aber ich werde nicht nervös, wenn ich mal zwei Spiele nicht getroffen habe. Man kann auch ein gutes Spiel machen, ohne ein Tor zu schießen. Da sollte man entspannt bleiben und nicht überdrehen.

Ein einziges Mal hast du für Deutschland gespielt, mit der U20-Auswahl. Eine reiche Auswahl von guten Stürmern hat Bundestrainer Joachim Löw bekanntlich nicht. Deine Chance?

Uth: Was soll ich sagen? Es wäre natürlich ein Traum, für Deutschland auf laufen zu dürfen.

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