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07.07.2014

Michael Kunzmann: Architekt im Aufbaubereich

Michael Kunzmann ist einer der dienstältesten Trainer bei der TSG 1899 Hoffenheim. Seit 2008 ist der Gymnasiallehrer für die Fächer BWL und Sport U13-Coach und somit an der Ausbildung junger Talente im Aufbaubereich wesentlich beteiligt. In der gerade abgelaufenen Saison feierte der 37-Jährige mit seiner Mannschaft die Meisterschaft in der C-Junioren-Landesliga. Achtzehn99.de sprach mit Kunzmann über die Gründe für den Erfolg und über die Talententwicklung im Förderzentrum.

Herr Kunzmann, Sie haben mit einer D-Jugend-Mannschaft die Landesliga-Meisterschaft bei den C-Junioren gewonnen. Das heißt, Ihre Gegner waren im Schnitt ein bis zwei Jahre älter. Was sind die Gründe für diese beeindruckende Leistung?

Es war herausragend, wie schnell sich das U13-Team auf die Herausforderungen der Landesliga eingestellt hat. Die Schlüssel zum Erfolg waren das technisch saubere Spiel und die Geschwindigkeit in der Offensive sowie das gemeinsame Verteidigen in der Defensive. Der Lernfortschritt in allen Mannschaftsteilen war außergewöhnlich – es ist einfach schön, wenn Spieler das, was ein Trainer ihnen beibringen möchte, wie ein Schwamm aufsaugen.

Vor fünf Jahren spielte die U13 noch in der Kreisliga, jetzt Landesliga-Spitze. Woher kommt dieser Aufschwung?

Ich habe hier als U13-Trainer begonnen, als die erste Mannschaft den Aufstieg in die Bundesliga perfekt gemacht hat. Unsere U14 spielte damals noch unter dem Namen „FC Zuzenhausen“. Was ich damit sagen will: Die Strukturen im Jugendbereich sind von der Entwicklung der Profis überholt wurden. Ich denke, dass mein erster U-13 Jahrgang 1996 – und die darauf folgenden auch – ebenfalls die Fähigkeiten besessen hätten, in der Landesliga-Spitze mitzuspielen. So mussten eben erst die Jahrgänge 96 und 97 zwei Mal in die Landesliga aufsteigen, so dass die 98er als erstes Team in diesen Liga-Genuss kamen. Dass uns mit den 2001ern in diesem Jahr das Meisterstück gelungen ist, ist sicherlich auch durch die kontinuierliche Weiterentwicklung in der Ausbildung unserer Talente zu sehen sowie in der systematischen Sichtung und Kaderzusammenstellung. Zudem haben sich unsere Trainingsbedingungen erheblich verbessert.

Sie werden vom Aufstiegsrecht nicht Gebrauch machen. Warum?

Bei den ganzen Erfolgen, die unser U13-Team in diesem Jahr gefeiert hat, darf man nicht vergessen, dass die Ausbildungsorientierung an oberster Stelle steht. Ich finde es gut, dass wir mit unserer U13 im Gegensatz zu anderen NLZ-Teams am Ligabetrieb teilnehmen. Ein Aufstieg in die Verbandsliga würde den physischen Unterschied noch einmal mehr betonen und wirkt sich auf unseren Ausbildungsgedanken kontraproduktiv aus.

Heute hochgehandelte Talente wie Philipp Ochs oder Benedikt Gimber, beide U17-Nationalspieler, sind unter anderem durch Ihre Schule gegangen. Es gibt Stimmen, die behaupten, andere Trainer hätten die Zwei wieder weggeschickt, weil der eine kein Idealgewicht hatte und der andere den Ball nicht lange hochhalten konnte…

In der Tat macht es einen stolz zu sehen, wie sich diese beiden Jungs entwickelt haben, gerade dann, wenn man sie als Trainer in Eigenleistung gesichtet und verpflichtet hat. Mein Anforderungsprofil für Neuzugänge ist recht komplex. Beide Spieler hatten mich in ihrer Art, Fußball zu spielen, und als Typen in Verbindung mit ihrer Familie überzeugt. Mein Bauchgefühl hat mich dann zur richtigen Entscheidung geführt. Da die Formel für den Spieler, der „oben“ ankommt, noch nicht entschlüsselt ist, werden Spielerverpflichtungen in Trainerkreisen immer wieder heiß diskutiert werden.

Das Talent haben die beiden ja anscheinend mitgebracht, wie aber entwickelt man sie als U13-Trainer weiter?

Ich verfolge einen „ganzheitlichen“ Ansatz. Das heißt, dass ich gemeinsam mit den Talenten an ihren individuellen Schwächen arbeite – bei Ochs war es zum Beispiel die Beidfüßigkeit, bei Gimber die Technik – und zugleich versuche, ihre Stärken noch weiterzuentwickeln. Viele Gespräche, die Familie und Schule betreffen, gehören in gleicher Weise dazu. Es liegt mir viel daran, im Training und Spiel eine angstfreie Lernumgebung zu schaffen, in der die Jungs auch Fehler machen dürfen und in der sie mit Freude und einer gehörigen Menge Spaß motiviert zu Werke gehen. Das Angebot seitens des Trainers ist das eine, das Talent und die Eigenmotivation des Spielers, sich verbessern zu wollen, das andere. Und gerade in diesem Punkt haben sich Gimber und Ochs von anderen Spielern unterschieden.

Die Lorbeeren für die gute Talentförderung ernten meist andere, als Trainer im Aufbaubereich steht man nicht so sehr im Mittelpunkt. Ärgert Sie das?

Nein, keineswegs. Durch den in Hoffenheim vorgegebenen Jahresrhythmus werden unsere Talente nach einer Spielzeit an den nächsten Trainer übergeben. Jeder ist Spezialist in seinem U-Bereich, der unseren Spielern einen Baustein in ihrer Gesamtentwicklung hinzufügt und somit zum großen Ganzen beiträgt. Solange den Trainerkollegen das bewusst ist, mangelt es auch nicht an Wertschätzung für den Aufbaubereich. Zudem ist es immer wieder schön zu sehen, dass die Spieler selbst wissen, woher sie kommen und das auch nicht vergessen.

Haben Sie auch dieses Jahr wieder potenzielle Nationalspieler im Kader?

Ich glaube ja. Durch meine langjährige Trainertätigkeit sind nun schon einige aktuelle Jugendnationalspieler durch mein U13-Training gegangen und ihre Nominierungen waren für mich nicht verwunderlich, da sich ihre Fähigkeiten und Entwicklung schon zu U13-Zeiten bemerkbar gemacht hatten. Die Namen der potenziellen Kandidaten bleiben jedoch mein Geheimnis!

Wie sehen Ihre Ziele aus? Persönlich – und mit der U13 in der Saison 2014/15? Verliert es nicht seinen Reiz, wenn Sie zwar Meister werden, aber nicht aufsteigen können?

Können schon – aber wir wollen nicht. Schaffen wir es erneut, die Meisterschaft zu erringen, werden wir bestimmt noch einmal darüber nachdenken ... Somit wäre das erste U13-Ziel schon formuliert! Desweiteren wäre es toll, wenn es uns erneut gelingen könnte, solch eine homogene und leistungsbereite Truppe zu formen, in der sich jeder einzelne voll und ganz einbringt und sich maximal weiterentwickelt – so wie das im 2001er Jahrgang der Fall war. Sollte durch unseren schönen Angriffsfußball der ein oder andere Titel herausspringen, nehmen wir diesen gerne mit. Persönlich möchte ich mich so gut wie nur möglich organisieren, so dass ich neben meinem Lehrberuf und dem Ausbildungsauftrag bei der TSG 1899 Hoffenheim die maximal mögliche Zeit mit meinem sechs Monate alten Sohn und meiner Frau verbringen kann.

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