Andreas Ludwig: Der gefährliche Linksfuß
Der Duden weist als Herkunft der Bezeichnung "Lude" tatsächlich den Namen Ludwig aus, als deutsche Form des französischen Louis und in Anlehnung an die gleichnamigen Könige im 17. und 18. Jahrhundert, die sich zahlreiche Mätressen hielten. Doch zurück in die jüngere Geschichte: Andreas Ludwig erblickte am 11. September 1990 in Ulm das Licht der Welt und lernte im Vorort-Klub TSV Blaustein das Fußball-ABC, ehe ihn sein Weg unweigerlich zum SSV Ulm 1846 führte. Der Linksfuß war schon immer im Mittelfeld zu Hause, geändert hat sich lediglich seine taktische Ausrichtung von "eher defensiv" zu "offensiv". In seinem zweiten A-Jugend-Jahr bei den "Spatzen" zog ihn Markus Gisdol, der damalige Trainer der Regionalliga-Herren, nach der Winterpause in die erste Mannschaft hoch und Ludwig brachte es auf 16 Einsätze. Beim 3:0-Heimsieg gegen den SSV Reutlingen gelang ihm sogar ein Hattrick.
Bundesliga-Debüt in der Allianz Arena
Im Sommer 2009 lag plötzlich das Angebot der TSG 1899 Hoffenheim auf dem Tisch. "Ich habe zugesagt, weil ich sehr gute Perspektiven gesehen habe. Dass Gisdol dann kurz darauf als neuer U23- Trainer vorgestellt wurde, war Zufall, hat mich aber natürlich gefreut." Für den damals 19-Jährigen ging es somit zunächst eine Liga runter, denn "Hoffe zwo" trat in der Oberliga Baden-Württemberg an. Nach einigen Startschwierigkeiten lief der Motor bald rund, und auch Hoffenheims damaliger Chefcoach Ralf Rangnick wurde auf den Jungspund aufmerksam. Über einen Zwischenfall, den er seinerzeit gar nicht witzig fand, kann Ludwig heute schmunzeln. "Ich sollte erstmals beim Training der Profis teilnehmen und ausgerechnet an diesem Morgen hat mein Wecker versagt. Ich habe verschlafen und kam zu spät. Das war peinlich." Mit Hilfe einer kleinen Notlüge war die Geschichte aber schnell vom Tisch und im Januar debütierte "Lude" in der Bundesliga. Die Aufgabe hätte prickelnder nicht sein können: Vor 69.000 Zuschauern in der Münchner Allianz Arena wurde der Mittelfeldspieler zur Pause für Boris VukÄević eingewechselt, konnte aber die 0:2-Niederlage auch nicht verhindern. Ludwig beackerte die linke Außenbahn, die Gegenspieler hießen nicht mehr Meier und Schmidt, sondern Lahm und Robben. „Das war ein unfassbares Erlebnis, aber währenddessen kriegt man das gar nicht so mit.“
Um überhaupt die Reise zum Freitagabend-Spiel antreten zu können, musste sich Ludwig einen freien Tag nehmen. Denn – das war die Bedingung für den Wechsel in den Kraichgau – seine in Ulm begonnene Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann wollte er zum Abschluss bringen. Zwei Jahre hatte er bereits absolviert, das dritte meisterte er beim Hoffenheimer Partner „Benz Baustoffe“ in Neckarbischofsheim. Mit der U23 feierte Ludwig am Saisonende die Meisterschaft. "Das war ein tolles Erlebnis", sagt er, gibt aber zu, dass es nach dem Kurzausflug in die Bundesliga nicht so leicht war, sich wieder an den Oberliga-Alltag zu gewöhnen. "Heute könnte ich das besser, aber mit 19 kann das einem schon den Kopf verdrehen."
Zweiter in der Regionalliga-Torjägerliste
Im Sommer 2011 stand der nächste Karriereschritt an. Nach einem guten Regionalliga-Jahr mit der U23 wechselte Ludwig auf Leihbasis zum Drittligisten 1.FC Heidenheim, kehrte aber im Winter wieder zurück, weil das Team von der Alb aufgerüstet hatte und Trainer Frank Schmidt ihm nur wenig Einsatzzeiten in Aussicht stellte. "Lude" war also rechtzeitig wieder da, um das U23-Trainingslager in Namibia zu bestreiten und in jenem Bus zu sitzen, der auf dem Weg zum Flughafen von der Straße abkam und umkippte. Ludwig kam mit Prellungen und gebrochenen Brustwirbeln noch leichter davon, winkt aber ab: "Das war ein Jahr zum Vergessen."
In dieser Spielzeit läuft es für den 22-Jährigen, der als extrem fleißiger Spieler gilt, richtig gut. Beim 5:0 zum Saisonauftakt in Mainz markierte er einen Doppelpack, mit insgesamt 14 Toren liegt er in der Regionalliga-Torschützenliste auf Platz zwei. Woher kommt die plötzliche Torgefahr? "Ich setze einfach die einstudierten Laufwege um und profitiere von den finalen Pässen meiner Kollegen", sagt Ludwig, der in Dühren wohnt und so oft er kann nach Ulm fährt, um Eltern und Freundin zu besuchen.
"Schade, dass es in den letzten Spielen nicht so gelaufen ist, aber ich denke wir haben noch immer alle Möglichkeiten, aufzusteigen." Ob es nun mit dem Sprung in die 3. Liga klappt, oder nicht, Ludwig hat sich selbst das Ziel gesteckt, mindestens 2. Liga zu spielen. "Das traue ich mir auf jeden Fall zu." Und wenn es nicht funktionieren sollte, hat "Lude" immerhin eine abgeschlossene Ausbildung in der Tasche.