Talkrunde: Profisportler – und dann?
„Es geht hier um euch, um eure Zukunft“, begrüßte Heinz Janalik im Seminarraum des Dietmar-Hopp-Stadions die Spieler und stellte in einer kurzen Warmup-Runde seine hochkarätigen Gäste vor. Thomas Gomminginger absolvierte an der Seite Jürgen Klinsmanns mehrere Bundesliga-Spiele für den VfB Stuttgart, setzte seine Karriere später beim SV Sandhausen und beim VfR Mannheim fort und studierte anschließend Betriebswirtschaftslehre. Heute ist er Laufbahnbegleiter bei 1899 Hoffenheim. Dominik Kaiser ist aktueller Profi im 1899-Kader und studiert an der Uni Heidelberg Mathematik und Sport. Richtig euphorisch wurde Janalik bei der Präsentation der beiden Handballer der Rhein-Neckar Löwen, Keeper Henning Fritz und Linksaußen Uwe Gensheimer, die unmittelbar nach dem Training in Kronau in die Silbergasse geeilt waren.
Bei derartiger Prominenz auf dem Podium war Janalik die volle Aufmerksamkeit der jungen Spieler gewiss. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob man Hochleistungssport und eine vernünftige Ausbildung unter einen Hut bringen kann und wie wichtig das zweite Standbein ist. Der Welthandballer 2004 Henning Fritz appellierte an die Hoffenheimer: „Wenn man jung ist und Erfolg hat, genießt man es. Aber es kommt der Tag, an dem man sich fragt: Wie verdiene ich eigentlich nach der Karriere meinen Lebensunterhalt?“ Daher riet der 38-Jährige den Spielern dringend, sich rechtzeitig Gedanken zu machen. „Ich weiß, dass das in eurem Alter noch sehr weit weg und daher schwierig ist. Ich kann nur wiederholt die Bedeutung hervorheben, die eine gute Vorbereitung auf die Zeit danach hat.“
Nicht den halben Tag an der Playstation
Auch Gensheimer verfügt trotz seiner erst 25 Jahre bereits über einen reichen Erfahrungsschatz. Mit 16, so der Linksaußen, wurde das viele Training und die schulische Belastung zu viel für ihn und er blieb in der 11. Klasse sitzen. „Ich habe mich gefragt, ob ich die Schule abbrechen und eine Ausbildung machen soll, und habe mich für die Schule entschieden. Darüber bin ich heute sehr froh. Ich habe Vollgas gegeben, mein Zeitmanagement geändert und angefangen, auch im Bus zu lernen, schließlich habe ich so mein Abitur geschafft.“ Heute studiert der Nationalspieler nebenbei BWL. „Man braucht natürlich jede Menge Disziplin und muss wissen worum es geht. Mir ist es jedenfalls wichtig, etwas für mich selbst zu machen und nicht den halben Tag vor der Playstation zu verbringen.“
Dominik Kaiser hatte bei seinem Wechsel nach Hoffenheim vor zweieinhalb Jahren noch nichts mit Profi-Fußball zu tun. Als Oberliga-Spieler wollte er eigentlich in Heidelberg Mathematik und Sport studieren. Dann nahm seine sportliche Entwicklung einen derartigen Aufschwung, dass dieses Studium erstmal hinten anstehen musste – aus den Augen verloren hat er es aber deswegen noch lange nicht. „Es mag sein, dass ‚normale‘ Schüler, die keinen Hochleistungssport betreiben, einen Zeitvorteil haben und diesen nutzen, um sich besser auf das Berufsleben vorzubereiten“, räumte Kaiser ein. „Aber wer in einem Bundesliga-Klub spielt, reift im Mannschaftsgefüge zu einer Persönlichkeit und einem starken Charakter heran.“ Gensheimer sprang Kaiser in diesem Punkt zur Seite und pflichtete ihm bei: „Man agiert als Team, es wird zusammen trainiert, die Mannschaftskameraden vertrauen Dir, es braucht einen Teamgeist, um gewinnen zu können. Im Sport erlernt man so die Softskills, die für das Berufsleben wichtig sind!“
Das Beste aus den Spitzenbedingungen machen
Thomas Gomminginger, der als Laufbahnbegleiter ohnehin ständig mit diesem Thema befasst ist, riet den Jungs, sich mit Eintritt in den U23-Kader über die realistischen sportlichen Karrierechancen Gedanken zu machen und die außersportlichen Ziele entsprechend anzupassen. „Es liegt eigentlich nur an einem selber“, so Kaiser. „In Hoffenheim herrschen Spitzenbedingungen“, weiß er aus eigener Erfahrung. „Da muss man als Spieler das Beste draus machen.“ Und Fritz erinnerte daran, dass ja auch eine böse Verletzung jede Karriere eines noch so großen Talents von heute auf morgen beenden kann. Gerade bei der heutigen Arbeitsmarktsituation, bei der es immer schwieriger werde, einen guten Job zu finden und sich zu positionieren, sei eine gute Ausbildung unabdingbar. „Nach dem Karriereende seid ihr normale Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt.“ Er selbst habe mit seiner Ausbildung zum Außenhandelskaufmann als Jugendlicher dem großen Fragezeichen Karriereende vorgebeugt.
Zum Abschluss ließ Janalik die Gäste noch Wünsche an die jungen Spieler formulieren. Gomminginger: „Natürlich wünsche ich jedem von euch, dass sich sein Traum erfüllt. Aber ich wünsche mir auch, dass ihr ehrlich reflektiert, ob eine Profikarriere realistisch ist.“ Dominik Kaiser wünschte den Spielern, dass sie von Verletzungen verschont bleiben.
Henning Fritz ermutigte sie, „alles zu geben, damit ihr später nichts zu bereuen habt. Ich hoffe, dass ihr eure sportlichen und beruflichen Ziele erreichen werdet.“ Und Uwe Gensheimer schloss die Diskussion mit dem Wunsch, alle Anwesenden eines Tages in der Rhein-Neckar Arena wieder zu sehen. „Obwohl das ja rein rechnerisch nicht möglich ist – und genau deshalb war ja die Diskussion heute Abend so wichtig.“ Auch Janalik gab den NLZ-Spielern einen wichtigen Rat mit auf den Weg: „Immer schauen, wie es andere machen, die schon einen Schritt weiter sind.“
Besonders sympathisch: Nach dem Ende dieser interessanten Veranstaltung suchten die Podiumsgäste nicht sofort das Weite. Ganz im Gegenteil: Sie blieben noch eine ganze Weile im Seminarraum, um sich mit den Gästen zu unterhalten. Dominik Kaiser und Uwe Gensheimer tauschten ihre Kontaktdaten aus, Gensheimer posierte zudem mit den U19-Spielern für Erinnerungsfotos und Autogramme wurden auch geschrieben. „Es wird weitere Talkrunden dieser Art geben“, kündigte Westerberg nach dieser rundum gelungenen Veranstaltung an.