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U23
24.02.2023

Joshua Quarshie: Spätstarter nach Wachstumsschub

Mit gerade einmal 18 Jahren zählt Joshua Quarshie seit dieser Saison zum Stammpersonal der U23 in der Regionalliga Südwest. Mehr noch: Im November feierte der Innenverteidiger in der Partie gegen den VfL Wolfsburg sein Debüt in der Bundesliga. Ein derartiger Karriereschub im Eiltempo war in den vergangenen Jahren nicht absehbar gewesen. Zwei Mal wurde Quarshie als Jugendspieler in Nachwuchsleistungszentren aussortiert. „Ich bin ein Spätstarter“, sagt der 1,96 Meter große Hüne selbst über die großen Schritte, die er anschließend gegangen ist.

Wenn Joshua Quarshie die vergangenen Monate gedanklich Revue passieren lässt, kommt ihm Einiges immer noch surreal vor. „Es ist so viel passiert und so schnell gegangen“, sagt der 18-Jährige über sein erstes halbes Jahr im Kraichgau. Stammspieler in der Regionalliga Südwest, Feuertaufe auf dem Bieberer Berg in Offenbach vor 6.119 Zuschauern, die ersten Trainingseinheiten mit den Profis, die erste Kadernominierung zur Partie gegen RB Leipzig und zwei Wochen später, am 12. November, die Premiere in der Bundesliga als Einwechselspieler gegen den VfL Wolfsburg – es ist ohne Frage ein Traum in Erfüllung gegangen für den deutschen U19-Nationalspieler. Die Entwicklung hat aber natürlich noch nicht ihr Ende gefunden. Das weiß Quarshie, der aktuell sowohl im Profikader als auch im U23-Aufgebot auf Trainingseinheiten kommt und sich konzentriert auf die Restrunde mit „Hoffe zwo“ in der Regionalliga Südwest vorbereitet, die am Samstag um 14 Uhr mit dem Spiel beim FC Homburg startet.

Nur kurz geht der Blick daher noch mal zurück zu dem besonderen Moment gegen die „Wölfe“ vor etwas mehr als drei Monaten: Sein Debüt im Profi-Oberhaus feierte Quarshie kurioserweise nicht als Innenverteidiger, sondern im Angriff. „Ich sollte mit meiner Größe die langen Bälle verlängern und im bestmöglichen Szenario sogar ein Tor mit dem Kopf erzielen. Ich habe im Training eine ähnliche Rolle mal ausgeübt, aber zuvor noch nie als Angreifer gespielt. Entsprechend war ich auch überrascht“, sagte er dem Hoffenheimer Vereinsmagazin SPIELFELD wenige Tage nach der Partie. Bei fast zwei Metern Gardemaß war es allerdings auch keine abwegige Entscheidung des damaligen Hoffenheimer Trainers André Breitenreiter, Quarshie beim Stand von 1:2 vorne reinzuwerfen, auch wenn der gewünschte Effekt ausblieb. Die erste Episode in der Bundesliga untermauert, dass es eben auch die Körpergröße sowie die ausgeprägte Athletik sind, die dem gebürtigen Duisburger den Weg in den leistungsorientierten Fußball geebnet haben.

Der MSV Duisburg zögert, Schalke 04 macht das Rennen

Quarshie erinnert sich in diesem Zusammenhang insbesondere an den Übergang von der 8. zur 9. Klasse während seiner Schulzeit. „Ich bin in die Sommerferien gegangen – und als wieder der erste Tag in der Schule anstand, war ich gefühlt um sechs Zentimeter gewachsen. Das war zunächst etwas schwierig, ich hatte nämlich mit argen Knieschmerzen zu kämpfen.“ Der Wachstumsschub sollte sich auf lange Sicht allerdings bezahlt machen.

Fußballerisch fiel er in eine Zeit, die von Aufs und Abs geprägt war. Quarshie, dessen drei Geschwister ebenfalls Fußball spielen (der Bruder James aktuell in der U15 von Borussia Mönchengladbach), begann als Drittklässler mit einem Freund beim Duisburger FV 08, wechselte darauf zu Preußen Duisburg und war schließlich noch für TuRa 88 Duisburg aktiv – allerdings nie für den größten Verein aus seiner Heimatstadt, den Meidericher SV, Vizemeister in der Bundesliga-Auftaktsaison 1963/64. „Mit dem MSV stand ich auch in Kontakt und habe mehrmals dort zur Probe mittrainiert. Die Verantwortlichen haben aber immer wieder gezögert, mich hinzuzunehmen, wollten mich immer noch ein weiteres Mal im Training sehen.“ Bis der FC Schalke 04 auf Quarshie aufmerksam wurde und ihn zur Saison 2017/18 in seine U14 holte.

Rückschläge in Gelsenkirchen und Düsseldorf

„Auf Schalke zu spielen, war für mich etwas Besonderes. Allerdings war ich damals noch nicht so weit. Im ersten Jahr habe ich noch viele Spiele gemacht, in der zweiten Saison war die Konkurrenzsituation aber eine andere, ich zählte zu den jüngeren Spielern und habe es nicht mehr geschafft, mir einen Platz in der Mannschaft zu sichern“, gibt der Defensivakteur zu.

Quarshie zog weiter, fand in Fortuna Düsseldorf einen neuen Verein, war in der U16 zunächst gesetzt, bis er sich einen Bänderriss im linken Sprunggelenk zuzog, die erste und bisher einzige schwere Verletzung seiner Laufbahn. Als Quarshie wieder fit wurde, war die Saison beendet. „Die Fortuna-Verantwortlichen haben mir dann mitgeteilt, dass sie sich nicht sicher sind, ob ich nach meiner Verletzung mein voriges Niveau wieder erreichen kann, und haben mir empfohlen, mir einen anderen Verein zu suchen.“ Ein weiterer Rückschlag, verbunden aber mit einer Tür, die andernorts aufging – woran Quarshies bisheriger Trainer in Düsseldorf, Benjamin Skalnik, einen großen Anteil hatte. „Obwohl man mir mitgeteilt hatte, dass man nicht mehr mit mir plant, hat mir der Coach ein Probetraining bei Rot-Weiss Essen vermittelt. Dafür bin ich ihm dankbar. Es waren dann acht oder zehn Spieler im Probetraining in Essen, der Verein wollte zwei Akteure für die Innenverteidigung übernehmen, das war vorher klar kommuniziert. Für mich war es wahrscheinlich die letzte Chance, noch mal den Weg in Richtung Profifußball einzuschlagen, deswegen habe ich richtig Gas gegeben, und es hat dann zum Glück funktioniert mit dem Wechsel nach Essen.“

Dank Förderer Vincent Wagner macht es „Klick“ 

Bei Rot-Weiss traf Quarshie dann ein Jahr später – mittlerweile als U19-Spieler – erstmals auf Trainer Vincent Wagner. Eine Zusammenarbeit, die ihn nachhaltig prägt, bis heute, nachdem beide im vergangenen Sommer zur TSG gewechselt sind. „Vincent hat meine Stärken, aber auch meine Schwächen erkannt, hat mir das Vertrauen ausgesprochen, das Gefühl gegeben, dass er mir hilft, aber auch, dass ich selbst viel tun muss, um eine Chance zu haben. Nach zwei, drei Spielen unter Vincent hat es bei mir ,Klick‘ gemacht. Ich habe den Fußball mit anderen Augen gesehen, und dementsprechend hat sich auch meine Leistung entwickelt.“

Als Schüsselpartie hebt Quarshie die Begegnung mit Essens U19 bei Borussia Mönchengladbach am zweiten Spieltag der Saison 2021/22 in der Bundesliga West der A-Junioren hervor. Bis zur 85. Minute stand es 0:0, die favorisierten Gladbacher verzweifelten an der rot-weissen Abwehr – und mussten schließlich noch das entscheidende 0:1 nach einer Ecke hinnehmen. Der Torschütze hieß Joshua Quarshie, der heute über diesen Moment und das, was danach folgte, sagt: „Ab diesem Zeitpunkt ist es einfach gelaufen, sowohl für die Mannschaft als auch für mich persönlich.“

Essens A-Junioren belegten am Ende einen starken sechsten Rang, punktgleich mit dem 1.FC Köln und unter anderem vor Borussia Mönchengladbach, Fortuna Düsseldorf und Arminia Bielefeld. Zusätzlich gewannen sie den Niederrheinpokal nach einem 5:4 im Elfmeterschießen gegen den MSV Duisburg. Und Quarshie? Der absolvierte noch als Essener seine ersten Einsätze für die deutsche U18-Nationalmannschaft.

Bei „Hoffe zwo“ von Beginn an gesetzt

Es ist kaum verwunderlich, dass sich der Innenverteidiger mit dieser bemerkenswerten Saison an der Hafenstraße in die Notizbücher zahlreicher Klubs spielte. Dass ihn der Weg nach Hoffenheim führte, lag natürlich auch am Wechsel seines Förderers in den Kraichgau. Nachdem Vincent Wagner als U23-Coach zur Saison 2022/23 bei der TSG unterschrieben hatte, folgte der Transfer Quarshies ans Trainingszentrum in Zuzenhausen nur wenige Tage später. Wie schon zu Essener U19-Zeiten bereitete der Trainer seinen Schützling auf die nun noch mal anspruchsvollere Aufgabe vor, wenngleich sich Quarshie genau das gewünscht hatte: den Schritt in den Aktivenfußball, in die Regionalliga. „Ich habe mich bereit gefühlt, obwohl ich aktuell auch noch in der U19 spielen könnte. Vincent und die Verantwortlichen in Hoffenheim haben mir das Vertrauen dafür ausgesprochen. Ich musste mich aber dennoch im Training erst mal an die gesteigerten Anforderungen gewöhnen.“

Und doch stand der Nachwuchsmann direkt in der Startelf, als die U23 am ersten Spieltag im August den KSV Hessen Kassel mit 2:0 bezwang – und war fortan gesetzt. Nur eine Woche später wurde Quarshie allerdings auch vor Augen geführt, dass in der Regionalliga jede noch so kleine Nachlässigkeit bestraft werden kann, als der 18-Jährige mit „Hoffe zwo“ bei Kickers Offenbach mit 2:5 verlor. „Gefühlt waren da 10.000 Zuschauer im Stadion, so etwas hatte ich noch nicht erlebt.“ Der immer abgeklärt wirkende Innenverteidiger macht keinen Hehl daraus, dass zur normalen Anspannung vor dem Spiel auch eine gewisse Aufregung dazugekommen war. Erfahrungswerte, die es eben zu sammeln gilt in jungen Jahren – die ihm in diesem Fall allerdings auch halfen, als er wenige Monate später vor einer noch größeren Kulisse erstmals in der Bundesliga auflaufen durfte.

Praktikum für das Fachabitur und WG-Leben

Als Kontrastprogramm zur mitunter schillernden Fußballwelt dient dem Sohn einer Ghanaerin und eines Togolesen, die vor mehr als 20 Jahren nach Deutschland übergesiedelt waren, aktuell noch ein Praktikum, das er im Erlebniszentrum Mühle Kolb in Zuzenhausen absolviert. Sobald es abgeschlossen ist, hat er das Fachabitur in der Tasche.

Privat wohnt Quarshie, der die Heimat für den Wechsel nach Hoffenheim erstmals verlassen hat, derzeit mit den U19-Spielern Denis Perrone und Niklas Sørensen in Hoffenheim in einer WG, hat aber auch schon Pläne, bald eine eigene Wohnung zu beziehen. Das Erwachsenwerden schreitet voran – und auch sportlich sind die nächsten Schritte fest eingeplant. Dazu abschließend noch mal ein Zitat aus dem Vereinsmagazin SPIELFELD: „Natürlich wäre es super, wenn noch mehrere Partien dazukommen und ich irgendwann vielleicht fester Teil des Bundesliga-Kaders bin.“

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