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U23
22.09.2020

Alexander Stolz: Vom Musterprofi zum Vollbluttrainer

Und dann kam doch alles ganz anders. In der Sommerpause rückte Alexander Stolz als Standby-Keeper vom Profi-Kader in die U23 und sollte das Torwarttraining für die U14 und U15 übernehmen, um so Schritt für Schritt die Karriere nach der Karriere einzuleiten. Nach dem kurzfristigen Weggang von U23-Torwarttrainer Dennis Neudahm hat der 36-Jährige nun aber dessen Stelle übernommen – und die Handschuhe an den Nagel gehängt. Wir sprachen mit ihm über seine Vergangenheit und Zukunft bei der TSG.

Während Stolz in einem Besprechungszimmer des Trainingszentrums sitzt und über seinen neuen Lebensabschnitt spricht, läuft Pavel Kadeřábek winkend am Fenster vorbei. Er habe noch etwas für ihn in der Kabine, sagt der tschechische TSG-Profi, dreht um und kehrt wenige Minuten mit einem Paket in der Hand zurück. Die beiden unterhalten sich kurz, lachen, Stolz bedankt sich und widmet sich wieder seinem Gesprächspartner. Momente wie diese werden dem gebürtigen Pforzheimer nach sieben Jahren als Profi bei der TSG fehlen. „Ich hatte eine super Zeit mit den Jungs, auf die ich gerne zurückblicke.“

Für Stolz gab es zwei Hoffenheim-Epochen. Die erste bereits 2006, als der damalige Torwarttrainer Philipp Laux ihn auf Leihbasis vom VfB Stuttgart in den Kraichgau holte. Die TSG hatte in der Regionalliga einen durchwachsenen Start hingelegt, setzte aber nach Stolz‘ Ankunft zu einer Siegesserie an, die keinen Anlass zu Veränderungen auf der Position zwischen den Pfosten gab. Nach nur einem Jahr kehrte Stolz zum VfB zurück.

In jeder Einheit Vollgas

Im Sommer 2013 erhielt er dann seine zweite Chance, und ergriff sie beim Schopf. Als vereinsloser Spieler durfte er sich in der Trainingsgruppe II fit halten – und wurde nach der Verletzung Jens Grahls mit einem Profivertrag ausgestattet. „Ich bin sehr dankbar, dass ich damals unter sehr professionellen Bedingungen trainieren durfte. Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort, um mich präsentieren zu können.“ Eigentlich hatte Stolz gerade seine Polizei-Prüfung in Lahr abgeschlossen, doch damals wie heute änderten neue Perspektiven kurzfristig seine Lebensplanung. „Dieser Job hätte mich mit Sicherheit auch glücklich gemacht, aber ich habe meine Entscheidung nie bereut.“

Stolz erarbeitete sich schnell den Ruf des Musterprofis. „In jeder Einheit Vollgas zu geben und mich abends über einen gelungenen Trainingstag zu freuen, mich immer wieder aufs Neue beweisen zu müssen, war eine schöne Herausforderung“, sagt der 36-Jährige. Dass er in den sieben Jahren nicht über die Reservistenrolle im Bundesligakader hinausgekommen ist, bedrückt ihn weniger. „Ich war stets vom Wettkampfgedanken und dem hohen Niveau angetrieben. Der Verein hat mir sehr viel gegeben, ich habe alles richtig gemacht.“ In Hoffenheim, so Stolz, habe er immer in Ruhe arbeiten können und vom Cheftrainer bis zur Wäschefrau einen guten Draht zu allen Mitarbeitern gehabt. Daher gebe es für ihn auch nicht den schönsten TSG-Moment. „Meine gesamte Zeit hier war ein einziger toller Moment. Dass ich überhaupt hier sein durfte und nun als Trainer weitermachen kann.“

In seiner neuen Rolle fühlt sich Stolz also schon jetzt sehr wohl, zumal ihn mit TSG-Torwartchef Michael Rechner ein freundschaftliches Verhältnis verbindet. „An einige Dinge, wie zum Beispiel die langfristige Trainingsplanung und -steuerung, die ich für sehr wichtig halte, muss ich mich noch gewöhnen, aber da habe ich keine Bedenken“, sagt Stolz, der darauf brennt, sein Wissen an die drei U23-Keeper Robin Balters, Domen Gril und Daniel Klein weitergeben und sie fördern zu können. „Das ist jetzt zwar zeitlich eine große Umstellung, zumal die U23 vor einer langen Saison mit vielen englischen Wochen steht“, so der U23-Torwarttrainer, das mache ihm aber nichts aus, da er sich nach einem privaten Schicksalsschlag ohnehin schon seit Wochen in die Arbeit gestürzt habe.

„Ausbildung hier ist enormer Push“

„Ich mache mir viele Gedanken darüber, wie ich die Jungs besser machen kann“, so Stolz, der genau weiß, dass sich in den 17 Jahren, die er Profi war, vieles verändert hat. „Die Jungs werden früher gescoutet und deutlich besser ausgebildet. Ich habe aber ein sehr gutes Gespür dafür entwickelt, wie man sie anpacken und wie man mit ihnen sprechen muss. Gerade die vielen Gespräche sind genauso wichtig wie eine gute Videoanalyse. Es wird aber immer wieder Phasen geben, in denen man als Torhüter aus verschiedenen Gründen unzufrieden ist. Ich kann den Jungs dann neue Dinge aufzeigen, an denen sie sich aufrichten und wachsen können. Und ihnen vermitteln, dass die Ausbildung, die sie hier genießen, ein enormer Push für ihre weitere Karriere ist.“

Und worauf kommt es nun genau an, um ein sehr guter Torhüter zu sein? „Auf die Torwarttechnik und darauf, ein Spiel lesen zu können und den Mut haben, Führung zu übernehmen“, so Stolz. „Man sollte selbst auch über fußballerische Qualitäten verfügen“, fügt er hinzu. Für seinen Jugendverein SV Hohenwart spielte Stolz ein halbes Jahr im Feld und erzielte sieben Tore. „Da wurde ich auf der Klub-Homepage lange in der ewigen Torschützenliste geführt“, schmunzelt Stolz.

Torwart-Idole, denen er in seiner Kindheit und Jugend nacheiferte, gibt es nicht. Einmal aber sei er bei einem Jugendturnier in Stuttgart Jean-Marie Pfaff begegnet. „Das war schon ein herausragender Typ“, sagt Stolz über die belgische Keeper-Legende. Das Klischee, das so alt ist wie das Spiel selbst und besagt, dass Torhüter und Linksaußen verrückt seien, würde Stolz unterschreiben. „Außerhalb des Platzes bin ich ein normaler Mensch, aber auf dem Rasen ein Fels, der Anweisungen gibt und zugleich Ruhe ausstrahlt. Vielleicht habe ich manchmal über das Ziel hinausgeschossen. Das ist zwar nicht immer von Vorteil, aber mehr tun zu wollen, ist nie verkehrt.“ Auch das ist ein Erfahrungswert, den er nun seinen Schützlingen weitergeben wird.

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