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MÄNNER
19.06.2015

Alfred Schön: Erinnerungen eines U20-Weltmeisters

Es hat nicht gereicht für die deutsche U20-Nationalmannschaft mit den drei Hoffenheimern Kevin Akpoguma, Grischa Prömel und Marvin Schwäbe. Im Viertelfinale der U20-WM kam gegen Mali, das am Mittwoch mit einem 1:2 nach Verlängerung gegen Serbien das Finale verpasste, das Aus. Und doch gibt es bei der TSG einen Mann, der weiß, wie es sich anfühlt, U20-Weltmeister zu sein: Alfred Schön war 1981 – beim ersten und bisher einzigen deutschen Titelgewinn in diesem Wettbewerb – dabei.

Die U20-WM 1981 ging vom 3. bis 18. Oktober in Australien über die Bühne. „Das waren ganz andere Zeiten“, erinnert sich Schön. Live-Übertragungen im Fernsehen gab es nicht, lediglich eine kurze Zusammenfassung des Endspiels wurde in der „ZDF-Sport-Reportage“ gezeigt. Spielbilder oder gar Jubelfotos nach dem Finale sucht man vergeblich. Das Mannschaftsfoto oben – aus dem hervorgeht, warum eigentlich der heutige BVB-Manager Michael Zorc den Spitznamen „Susi“ trägt – wurde einen Monat später in Düsseldorf anlässlich eines A-Länderspiels gegen Frankreich (4:1) aufgenommen, als die U20-Spieler in der Halbzeitpause geehrt wurden. Alfred Schön ist der zweite von hinten links. 

Herr Schön, wie war das damals, 1981?

Ich spielte damals beim SV Waldhof Mannheim in der 2. Bundesliga, die gerade eingleisig geworden war. In die Junioren-Nationalmannschaften des DFB hatte ich es bis dahin noch nicht geschafft, aber durch meine Leistungen beim SVW hat mich U20-Bundestrainer Dietrich Weise kurz vor der WM zu einem Lehrgang nach Frankfurt eingeladen.

Da haben Sie anscheinend überzeugt?

Ja, es lief wohl ganz gut. Wir haben ein internes Trainingsspiel bestritten, das 2:2 endete und in dem ich beide Tore erzielt habe. Das war sicherlich mit ausschlaggebend für meine Nominierung.

Die WM war damals mitten in der Saison, war das kein Problem?

Wenige Monate vor der U20-WM sind die U19-Junioren Europameister geworden. Einige Jungs aus dieser Truppe sind dann für die WM abgesprungen, weil sie keine Bundesliga-Spiele verpassen wollten, wodurch Kaderplätze frei wurden. Letztendlich war es mir aber egal. Ich war einfach froh, dabei zu sein und mein damaliger Vereinstrainer Klaus Schlappner hat mich in der Entscheidung, nach Australien zu fliegen, bestärkt – obwohl es in der Meisterschaft gerade nicht gut für uns lief.

Wie haben Sie letztlich von der Nominierung erfahren?

Klaus Schlappner hat mir das mitgeteilt. Wir hatten ein Auswärtsspiel in Aachen, ich bin direkt nach dem Schlusspfiff mit dem Präsidenten und nicht im Mannschaftsbus nach Hause gefahren, um schneller am Flughafen Frankfurt zu sein. 

In Australien mussten Sie sich gegen die etablierten Spieler, die U19-Europameister geworden waren, durchsetzen. Welche Erinnerungen haben Sie an die Vorrunde?

Ich hatte im Vorfeld ordentlich trainiert und stand im ersten Spiel gegen Mexiko in der Startelf. Wir haben nicht besonders gut gespielt, aber 1:0 gewonnen. Daher war ich etwas überrascht, dass ich im nächsten Spiel gegen Ägypten auf der Bank saß. Wir haben 1:2 verloren, was unsere Ausgangslage vor der letzten Partie erschwert hat. Aber im Nachhinein war es mein Glück, denn so bin ich wieder in die Startelf gerutscht. Spanien, unser letzter Gruppengegner war zwar damals nicht das „Kaliber“, das es heute ist, aber schon seit jeher ein ernst zu nehmender Gegner. Ein Unentschieden hätte nicht gereicht, um weiter zu kommen. Wir sind zwar mit viel Druck, aber unbefangen in das Spiel gegangen – und haben 4:2 gewonnen.

Die Vorrundenspiele fanden in Adelaide statt, die weiteren Partien in Canberra, Melbourne und Sydney. Wie war das mit dem Flugstress?

Darüber hatten wir uns keine großen Gedanken gemacht. Es gehörte einfach dazu. In Canberra im Viertelfinale gegen Australien hatten wir es mit körperbetonten Gastgebern zu tun, die uns alles abverlangt haben, aber es hat gereicht, um 1:0 zu gewinnen. 

Im Halbfinale gegen Rumänien hatten Sie dann Ihren großen Auftritt…

Ich erinnere mich, dass es ein Abendspiel und ziemlich ausgeglichen war. Nach 90 Minuten stand es noch 0:0. In der Verlängerung fiel mir im Strafraum der Ball vor die Füße, ich habe nicht lange überlegt und das 1:0 erzielt. Das reichte dann, um ins Endspiel zu kommen.

Und im Endspiel wartete nicht Brasilien, nicht England, sondern Katar, das zuvor beide Nationen ausgeschaltet hatte.

Das war natürlich für viele eine Überraschung. Auch für uns und es war wichtig, den Gegner nicht zu unterschätzen. Ich weiß noch, dass es an dem Tag wie verrückt regnete und kein so rechter Spielfluss zustande kam. Wir gingen relativ früh in Führung und hatten so im Nachhinein Glück, dass wir auf den schwierigen Platzverhältnissen den Gegner kommen lassen konnten. Letztlich haben wir verdient 4:0 gewonnen. Das weinrote Trikot meines Gegenspielers habe ich immer noch.

Wie war der Empfang in Deutschland?

Am Flughafen erwartete mich mein Trainer Klaus Schlappner und der ehemalige Bundestrainer und „Namensvetter“ Helmut Schön. Das war eigentlich alles. Medientechnisch war es viel ruhiger als heute und zum anderen war es ja auch während der Saison und so war ziemlich schnell der Alltag wieder eingekehrt. Im Training gab es keinerlei Sonderstatus und ich musste genauso um meinen Stammplatz kämpfen, wie vorher.

Sie haben anschließend in der U21-Nationalmannschaft gespielt und waren drei Jahre später noch einmal für den DFB im Einsatz: Bei den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles.

Ja, das lief in etwa so: ich sollte während meines Urlaubs direkt zu einem einwöchigen Trainingslager fahren, weil sich einige Spieler verletzt hatten. Soweit ich mich erinnere, nominierte der damalige Trainer Erich Ribbeck ein paar Spieler nach und musste dann für den endgültigen Kader wieder einen Spieler streichen. Da ich in keinem optimalen körperlichen Zustand war, machte ich mir keine großen Hoffnungen. In letzter Sekunde gab aber irgendein Verein einen Spieler dann doch nicht frei, sodass sich die „Streichaktion“ erübrigte und ich dabei war. Während der Spiele brachte ich es leider nur auf einen Einsatz gegen Saudi-Arabien. Obwohl mir beim 6:0 zwei Assists gelangen, saß ich beim nächsten Spiel, dem Viertelfinale gegen Jugoslawien wieder auf der Bank. Wir unterlagen ziemlich klar mit 2:5 und die Spiele waren schon wieder beendet, bevor sie so richtig angefangen hatten. 

Heute sind Sie Scout. Wurden Sie damals vom SV Waldhof eigentlich auch gescoutet oder wie kam es genau zu Ihrem Wechsel von Wiesloch nach Mannheim?

Scouting spielte in dieser Zeit noch keine große Rolle. Ich habe zunächst bei meinem Heimatverein, dem FC Frauenweiler gespielt, solange der genügend Jugendliche zusammen bekommen hat. Als das nicht mehr der Fall war, ging ich zum VfB Wiesloch, wo ich bis zur B-Jugend aktiv war. In dieser Zeit wurde ich in die Badische Auswahl berufen, wo ich dem damaligen A-Jugendtrainer des SV Waldhof auffiel. Zudem legte ein Waldhof-Fan, der in Wiesloch wohnte, noch ein gutes Wort beim Trainer für mich ein.

Und trotzdem wären sie beinahe beim VfR Mannheim gelandet…

Ja, etwa zur gleichen Zeit machte ich ein Probetraining beim VfR Mannheim. Nach dem Training fuhren mein Vater und ich nach Hause und nahmen noch einen Spieler des VfR mit. Der meinte, ich hätte in der A-Jugend keine Chance. Ich dachte „na dann“ – und bin zum Waldhof gegangen.

Mit den Blau-Schwarzen sind Sie 1983 in die Bundesliga aufgestiegen und haben beim 2:0 gegen Werder Bremen das erste Bundesliga-Tor in der Geschichte des SVW erzielt. Wie oft werden Sie darauf angesprochen?

Sehr oft, aber es macht mir nichts aus. Im Gegenteil … es ist doch eine schöne Sache. Ich hatte tolle Jahre beim SV Waldhof und fühle mich heute noch verbunden.

Meinen Sie, es wäre mehr drin gewesen für Sie?

Das ist schwer zu sagen. Im Nachhinein bin ich zufrieden, denke manchmal nur, dass mir früher und öfter Luftveränderungen gut getan hätten.

Eine Luftveränderung haben Sie dann doch erlebt, als sie zur AS Nancy nach Frankreich gewechselt sind. Was war das für eine Erfahrung?

Eine sehr positive, auch wenn wir abgestiegen sind. In Nancy hat ja Michel Platini seine Karriere begonnen, sein Vater war zu meiner Zeit im Vorstand. Es war eine völlig neue und wichtige Erfahrung, sich in einem anderen Land durchschlagen zu müssen. Der Abschied nach zwei Jahren fiel sehr schwer.

Deutscher A-Jugendmeister, Bundesliga-Aufstieg, U20-Weltmeister, Olympia-Teilnahme … würden Sie ein Erlebnis herausheben wollen?

Nein. Jeder Erfolg war für sich ein herausragendes Erlebnis.

Abschließende Frage: Erkennen Sie die Spieler auf dem Bild alle wieder und haben Sie noch den einen oder anderen Kontakt?

Ich erkenne alle wieder, aber es gibt keinerlei Kontakte mehr. Es ist ja auch schon 34 Jahre her. Trainer Dietrich Weise habe ich später noch einige Male bei verschiedenen Spielen getroffen. Natürlich haben wir uns dann über die alten Zeiten unterhalten. 

ZUR PERSON

*13. Januar 1962 in Wiesloch

- Vereine: FC Frauenweiler, VfB Wiesloch, SV Waldhof Mannheim (1978-88), Stuttgarter Kickers (1988-90), SV Waldhof Mannheim (1990-91), AS Nancy (1991-93), FC Carl Zeiss Jena (1993-94), Karriereausklang bei der TSG 1899 Hoffenheim in der Landes- und Verbandsliga
- Bundesliga-Aufstieg mit dem SV Waldhof 1983
- U20-Weltmeister 1981 und Teilnehmer an den Olympischen Spielen 1984
- 340 Einsätze in der 1. und 2. BL / 15 Tore
- Als Trainer führte Schön die TSG 1899 Hoffenheim von der Verbands- in die Oberliga (1999/2000) und wurde danach Co-Trainer von Hansi Flick
  2006 übernahm er die erste Mannschaft in der Regionalliga noch einmal interimsmäßig, seitdem war er für mehrere Jugendmannschaften verantwortlich und arbeitet seit 2010 in der Scouting-Abteilung

Alle Spieler auf dem Bild erkannt? 

Stehend von links: Anton Schmidkunz, Alfred Schön, Ralf Loose, Thomas Herbst, Michael Zorc, Roland Wohlfarth, Thomas Brunner, Martin Hermann, Michael Nusöhr, Trainer Dietrich Weise.

Kniend von links: Bernhard Scharold, Ralf Sievers, Rüdiger Vollborn, Rainer Wilk, Martin Trieb, Axel Brummer.

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