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U23
12.02.2012

U23/Namibia: "Schön, dass Hoffenheim hier ist"

Für Hoffenheims U23-Trainer Frank Kramer ist das Trainingslager in Namibia so etwas wie eine Reise in die Vergangenheit. Drei Mal schon war der 39-Jährige im Südwesten Afrikas zu Besuch und hat viele Freunde gefunden. Einer von ihnen, Rolf Beiter, stand ihm am Freitagabend als Trainer im ersten Freundschaftsspiel der Kraichgauer gegenüber. Gegen eine Kombination der beiden Erstligisten SK Windhoek und Ramblers gewannen die Hoffenheimer mit 3:2 (2:0).

Wer Rolf Beiter reden hört, würde ihn glatt nach Norddeutschland verorten. Doch der 41-Jährige ist gebürtiger Namibier. Sein Vater, der aus Hechingen bei Tübingen stammt und unter anderem beim SSV Ulm Fußball spielte, wanderte 1963 nach Swakopmund aus, weil er sich erfolgreich um eine Stelle als Bierbrauer beworben hatte, und siedelte später in die Hauptstadt Windhoek um, wo er Teilhaber eines Elektrogroßhandels wurde und bei den Ramblers seine Fußballer-Karriere fortsetzte. „Das war so um die Zeit des Bundesliga-Skandals“, sagt Beiter. „Viele gesperrte Profis haben damals hier ein kurzes Gastspiel gegeben und dem Fußball in Namibia einen Boom verpasst.“ Beiter, Jahrgang 1970, hat sein Fußballer-Leben beim SK Windhoek verbracht, mit Ausnahme seines fünfjährigen Deutschland-Aufenthalts, als er zunächst in Memmingen sein Fachabitur nachmachte und anschließend eine Lehre zum Unterhaltungselektroniker absolvierte. „Über einen Freund meiner Gastfamilie kam ich zum FC Memmingen“, erinnert sich Beiter, der bei Schnee in kurzen Hosen zum ersten Training erschien und so für große Erheiterung sorgte. „Und hier lernte ich Frank Kramer kennen, der gerade aus der A-Jugend kam.“ Die Freundschaft hält bis heute an.

Beim FCM, der damals in der Bayernliga spielte, hatte Beiter eine tolle Zeit, an die Begegnungen mit dem FC Augsburg, bei dem er sogar ein Probetraining bestritt, oder 1860 München denkt er nur zu gerne zurück. „Eine Zukunft im Fußball war mir allerdings zu unsicher, deshalb habe ich mich auf meine Ausbildung konzentriert und dafür sogar eine Einladung auf Schalke abgesagt.“ Obwohl er sich in Deutschland sehr wohl fühlte, kehrte Beiter schließlich doch in einer Nacht- und Nebelaktion in seine Heimat zurück. „Ich habe zufällig im Fernsehen eine Reportage über Namibia gesehen, und als plötzlich der Oryx, unser Wappentier, über den Bildschirm sprang, bin ich los und habe mir ein One-Way-Ticket gekauft.“

Von europäischen Standards weit entfernt

Beiter war wieder Teil des SK Windhoek. Mit dem deutschstämmigen Klub, dessen Spieler in Anlehnung an den Schlachtruf „Immer wieder…“ die „Imawidas“ genannt werden, schaffte er den langersehnten Wiederaufstieg in die erste Liga und erzielte per Freistoß sogar den entscheidenden Treffer, zudem lief er für die „Brave Warriors“, die namibische Nationalmannschaft, auf. Mittlerweile hat Beiter seine Schuhe an den Nagel gehängt und den Elektrogroßhandel seines Vaters übernommen. Dem SKW ist er jedoch in verschiedenen Funktionen, vom Jugendtrainer bis zum Pressesprecher, treu geblieben. Seine Lizenz machte er beim einstigen DFB-Chefausbilder Erich Rutemöller. „Wir wollen den SKW zur Nummer eins im Land machen“, sagt er, während er das Training der Hoffenheimer auf dem SKW-Gelände an der Wika Street beobachtet.

Obwohl derzeit kein „Deutscher“ in der ersten Mannschaft spielt, haben Beiter und seine hauptsächlich deutschstämmigen Mitstreiter eine deutsche Trainingsqualität etabliert, allerdings auch mit mehreren Problemen zu kämpfen: „Das Engagement der Sponsoren hält sich hier in Grenzen und die Mentalität der afrikanischen Spieler ist natürlich etwas anders zu interpretieren, als unsere.“ Vieles habe sich in punkto Taktik und Disziplin schon zum Guten verändert. „Aber von europäischen Standards sind wir hier noch sehr weit entfernt.“ Dennoch hat der SKW eine große Jugendabteilung aufgebaut und erfreut sich derzeit regen Zulaufs aus sämtlichen ethnischen Gruppierungen. Mit dem populärsten Klub des Landes, den African Stars, könne man sich zwar noch nicht messen, aber bei den Derbys gegen die Klubs aus Windhoek kämen schon bis zu 5.000 ins Independence Stadium. Bei eher unwichtigen Partien können es aber auch mal nur 70 sein. Fernsehübertragungen gibt es nicht. „Wir haben mal versucht, eine Sportsendung zu installieren, sind aber aus verschiedenen Gründen leider nicht sehr weit gekommen.“

Hoffenheimer Besuch soll andere Vereine inspirieren

Die rund 20.000 Deutschen, die in Namibia, der „Schweiz Afrikas“ (Beiter) leben, sind über deutschsprachige Medien sehr gut über die Bundesliga informiert, auch wenn in der Bevölkerung der englischen Premier League das Hauptinteresse gilt. „Daher ist es eine tolle Sache, dass Hoffenheim jetzt hier ist. Das ist hier schon ein großes Thema“, bestätigt Rolf Beiter, der dem Freundschaftsspiel gegen seinen alten Kumpel Frank Kramer entgegenfiebert. „Ich bin sehr gespannt auf den Vergleich unserer Mannschaften mit deutschem Regionalliga-Standard. Wir hoffen aber auch, dass der Hoffenheimer Besuch in Namibia weitere Vereine inspiriert und wir so in einen regen Austausch kommen, davon kann der Fußball in unserem Land nur profitieren.“

Sowohl der SKW als auch die Ramblers haben eigens ihr Liga-Spiel verschoben, um gegen die Hoffenheimer U23 antreten zu können. „Dass wir mit den Ramblers ein Team zusammenstellen, ist ein absolutes Novum.“ Die Abstimmung fehlt zwar, dennoch kann sich Beiter, der die Spielgemeinschaft an diesem Abend coacht, über das Ergebnis nicht beklagen. Sein Team gleicht den 0:2-Pausenrückstand durch die Tore von Andreas Ludwig und Denis Thomalla im zweiten Abschnitt aus und unterliegt am Ende nach Björn Recktenwalds Siegtreffer nur knapp mit 2:3. Mit seinem Freund Frank Kramer verbringt Rolf Beiter den Rest des Abends und tauscht sich lange aus. Schön, dass die Hoffenheimer hier sind.

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