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U23
06.10.2011

Tobias Strobl: Der Steuermann

Es dauerte keine fünf Spiele, da hatte auch Tobias Strobl seinen Spitznamen weg. Eine Aussage von Trainer Frank Kramer in der Besprechung vor dem Auswärtsspiel in Memmingen wurde dem 21-Jährigen zum Verhängnis: „Tobias, Du steuerst im Zentrum“, wies der Coach seinen defensiven Mittelfeldmann an, die äußeren Sechser im Auge zu behalten. Für Kapitän Kai Herdling, der Späßen nur selten aus dem Weg geht, war das ein gefundenes Fressen. Ab sofort war Tobias Strobl „Der Steuermann“.

„So ist der Kai nunmal“, sagt Strobl und lacht. „Er zieht gerne andere auf. Aber das ist völlig ok und ich habe mit diesem Spitznamen überhaupt kein Problem.“ In Memmingen machte Strobl seinen Job jedenfalls gut, die U23 gewann 2:0 und auf der dreistündigen Heimfahrt fiel der Begriff „Steuermann“ mehr als nur einmal.

Tobias Strobl hat sich schnell eingelebt in Hoffenheim bzw. in Wiesloch, wo er die Wohnung des nach Nürnberg gewechselten Wilson Kamavuaka übernommen hat. 1990 in München-Pasing geboren und aufgewachsen, begann er als Sechsjähriger im benachbarten Stadtteil Aubing beim SV mit dem Fußballspielen. Als Schüler der Sportschule Taufkirchen wurde er 2001 angesprochen, ob er nicht zum TSV 1860 München wechseln wolle. Strobl wollte, obwohl er zugibt: „Eigentlich war ich ein Roter.“ Doch aus dem Bayern-Fan wurde im Löwen-Trikot rasch ein waschechter „Sechzger“.

An der Grünwalder Straße, eine halbe Autostunde vom Elternhaus entfernt, durchlief Strobl sämtliche Jugendteams, gewann mit der U16 die Bayernliga und feierte am 23. Mai 2009 beim 4:3-Sieg in Kassel sein Debüt in der zweiten Mannschaft. In der Folgesaison gehörte er zum Stamm des Junglöwen-Rudels und kam in den folgenden zwei Spielzeiten, nachdem er die Juniorenzeit im Mittelfeld verbracht hatte, vorwiegend als Außen- und Innenverteidiger zum Einsatz.

Genug vom Großstadt-Getue

Jetzt also der Tapetenwechsel, der nichts mit dem Positionswechsel zu tun hatte. „Ich wollte einfach mal aus München weg und etwas Neues kennenlernen“, stellt Strobl klar. Zwar wohnte er in München bereits allein und musste sich in dieser Beziehung nicht umstellen, aber vom Großstadt-Getue hatte er zunächst genug. Dass er sich als einziger externer Neuzugang der Hoffenheimer U23 so zügig zurecht gefunden hat, schreibt er neben den perfekten Bedingungen im Trainingszentrum vor allem der tollen Atmosphäre im Team zu. „Die Jungs haben mich super aufgenommen und es mir leicht gemacht. Natürlich war es am Anfang ein komisches Gefühl, aber das ist ja normal, wenn man neu ist.“

Selbst seine heutigen Mannschaftskollegen kannte er nur als Gegner, aber nicht persönlich. Doch Kai Herdling sorgte für eine schnelle Integration. „Er ist so etwas wie der große Papa und hat uns Jungs schon ganz gut im Griff“, lobt Strobl den Kapitän. „Er ist einfach ein super Spieler und durch seine Präsenz auf dem Platz natürlich auch eine Autorität.“

Wenn er nicht gerade Fußball spielt oder trainiert, treibt sich Strobl auch gerne auf dem Tennis- oder Golfplatz herum. „Ich bin bislang noch nicht dazu gekommen, mich hier nach Plätzen umzusehen, aber meine Sachen habe ich schon da.“ Mit Unterstützung von U23-Spielleiter Thomas Gomminginger wurde Strobl in Wiesloch heimisch und stellte fest, dass er nicht nur im Hoffenheimer Umfeld, sondern auch in seinem Wohnort keine Probleme hatte, Fuß zu fassen. „Die Menschen sind sehr nett und grüßen einen. Das war ich aus München gar nicht mehr gewöhnt.“

Gomminginger war es auch, der Strobl einen Fernlehrgang besorgte, denn nach seiner Mittleren Reife beginnt der 21-Jährige ab dem 1. Oktober eine Ausbildung zum Immobilienfachwirt. „Ich will mir ein zweites Standbein aufbauen, für den Fall, dass es mit der Profikarriere nicht hinhaut.“

Auf der zentralen Sechs zu Hause

Gerade hat es Dominik Kaiser vorgemacht. Vor zwei Jahren aus Schwäbisch Gmünd in den Kraichgau gekommen, absolvierte der 23-Jährige am Wochenende sein drittes Bundesliga-Spiel – das erste von Anfang an. „Das ist klasse“, freut sich Strobl für seinen Kollegen, mit dem er in der U23 schon zusammengespielt hat. „Aber man muss realistisch bleiben. Klar hat jeder von uns das Ziel Bundesliga, aber das kann man nicht planen“, sagt Strobl, der sich jedoch die Zweite Liga auf jeden Fall zutraut.

Neben dem Platz wirkt er eher wie der nette Junge von nebenan, doch auf dem Rasen kann der zweikampfstarke 1,88-Meter-Mann für den Gegner unangenehm werden. Kramer, der Strobl noch aus dessen Jugendzeit – und daher als Mittelfeldspieler – kennt, machte seinem Neuzugang gleich klar: „Du spielst bei mir auf der zentralen Sechs.“ Und Strobl gibt zu: „Da fühle ich mich auch am Wohlsten.“

Lücken stopfen, Mitspieler steuern

Nach einem holprigen Start mit zwei Niederlagen aus drei Spielen sind Strobl und Co. mittlerweile ins Rollen gekommen und kletterten mit vier Siegen in Serie, bei denen sie 18:1 Tore erzielten, auf Platz zwei. „Auch ich habe mich langsam gefangen“, sieht er seine Leistung zum Saisonstart noch etwas kritisch. „Ich musste mich erst auf das laufintensivere Spiel im Mittelfeld umstellen, aber zuletzt sah das wieder nach Fußball aus. In der letzten Saison habe ich mich auf das Schlagen langer Bälle beschränkt“, deutet er an, warum er den Wechsel nach Hoffenheim forcierte. Jetzt hat Strobl definitiv mehr zu tun, muss Lücken stopfen, hinten aushelfen, sich vorne mit einschalten – und eben seine Mitspieler auf den Außenbahnen steuern.

„Ich muss läuferisch noch zulegen“, sagt er über sich selbst. „Und ich könnte offensiv noch gefährlicher sein.“ Immerhin hat er schon einen Treffer erzielt, so viel wie in 59 Regionalliga-Partien zuvor für den TSV 1860 München II. Damals auch noch ausgerechnet gegen die SpVgg Greuther Fürth II und seinen jetzigen Trainer Frank Kramer.

In dieser Saison traf er am vierten Spieltag, beim 7:0-Kantersieg … an der Grünwalder Straße. Wieder könnte man „ausgerechnet“ sagen. Aber mit München hat der Münchner abgeschlossen, Strobl konzentriert sich auf das Hier und Jetzt. „Wir haben momentan einen sehr guten Lauf. So wie wir jetzt drauf sind, sollten wir am Ende schon unter den ersten Fünf landen.“ Am Sonntag, 14 Uhr, kommt das Schlusslicht SC Pfullendorf ins Dietmar-Hopp-Stadion.

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