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MÄNNER
13.09.2010

Sportler trifft Sportler - Tom Starke trifft Henning Fritz

Woche für Woche bringen sie die Stürmer der Bundesliga zur Verzweiflung – Tom Starke und Henning Fritz, zwei Torhüter aus unter-schiedlichen Sportarten mit einer ähnlichen Geschichte. Beide stammen sie aus dem Osten Deutschlands, wuchsen inmitten zweier riva-lisierender Fußballstädte – Magdeburg und Dresden – auf. Während Tom Starke nach einer anfänglichen Affinität für den Handballsport das größere Spielgerät bevorzugte, entschied sich Henning Fritz für den Handball. Doch beide haben sie eines gemeinsam: Sie lieben das, was sie tun und blicken gerne über den Tellerrand hinaus, wie sich im Gespräch mit achtzehn99 zeigte.

Henning Fritz, interessieren Sie sich für Fußball?

Fritz: Ich verfolge die Spiele leider nicht so sehr. Natürlich schaut man manchmal auf die Ergebnisse von 1899 Hoffenheim. Meine Teamkollegen sind da schon besser informiert als ich. Es gibt sogar eine interne Tippgemeinschaft bei uns. Aber ich halte mich da lieber zurück (lacht).


Sie haben auch nie selbst aktiv gespielt?

Fritz: Vor dem Handball habe ich schon ein bisschen Fußball gespielt, aber nie in einem Verein. Ich war der typische Freizeitkicker. Wenn ich dabei geblieben wäre, hätte ich bestimmt einen guten Verteidiger abgegeben. Aber es hat sich dann einfach ergeben Handball zu spielen, da in der Schulsportgemeinschaft nur Handball angeboten wurde. Da ich mich nicht allzu schlecht angestellt hatte, bekam ich im Alter von 14 Jahren die Möglichkeit in eine Sportschule zu wechseln, was zu dieser Zeit schon ein riesiges Privileg war. Somit war der Weg eigentlich schon vorgezeichnet.


Tom Starke, Sie haben in Ihrer Kindheit selbst Handball gespielt, Ihr Vater war auch Handball-Torhüter. Warum haben Sie sich letztlich doch für den größeren Ball entschieden?

Starke: Ja, das stimmt. Mein Vater stand in Dresden im Tor, daher habe ich auch mit dem Handball angefangen. Das war im F- und E-Jugendbereich. Ich war dann doch mehr für den Fußball zu haben. Es war einfach populärer in meiner Umgebung. Als ich dann zum ersten Mal bei einem Training war, wurde dort auch prompt ein Torhüter gesucht und Bälle fangen konnte ich eigentlich schon immer recht gut.


Weltmeister, Deutscher Meister, Welttorhüter - diese Aufzählung könnte man nahezu endlos fortführen. Gibt es denn einen Titel, den Sie noch nicht gewonnen haben und unbedingt noch Ihrer Vita hinzufügen möchten?

Fritz: Wenn man es geschafft hat Deutscher Meister zu werden oder einen Titel zu gewinnen, dann will man dieses Gefühl immer wieder haben. Man möchte die Leistung immer wieder aufs Neue bestätigen. Deswegen habe ich nie das Gefühl, dass ich schon alles erreicht habe. Mit Magdeburg und Kiel bin ich zwar schon Deutscher Meister geworden, jetzt möchte ich das auch mit den Rhein-Neckar-Löwen schaffen. Daraus schöpfe ich meine Motivation.


Ist man bei dieser beeindruckenden Vita Ihres Gesprächspartners etwas eingeschüchtert?

Starke: Eingeschüchtert ist das falsche Wort, beeindruckt ist vielleicht die treffendere Bezeichnung. Durch meinen Vater habe ich das Interesse am Handball ja quasi in die Wiege gelegt bekommen und habe seine Karriere verfolgt. Es ist herausragend, was er in seiner Laufbahn alles erreicht hat.


Welche Ziele haben Sie sich noch in Ihrer Karriere gesetzt? Welchen Titel würden Sie gerne noch gewinnen bzw. was ist denn Ihrer Meinung nach realistisch?

Starke: Natürlich will ich auch Meister werden, aber mein Weg ist im Moment noch ein anderer. Henning ist da in einer anderen Situation, er ist schon ganz oben angekommen. Ich spiele meine zweite Erstliga-Saison, da sollte man noch kleinere Brötchen backen. Der Verein verfolgt ja auch ganz andere Ziele. Damit kann ich mich gut identifizieren, was dann am Ende dabei raus kommt werden wir sehen. Aber Träumen ist ja erlaubt.


Henning, war der WM-Titel 2007 im eigenen Land rückblickend der größte Erfolg Ihrer Karriere?

Fritz: Weltmeister zu werden ist etwas ganz Besonderes und neben dem Olympiasieg der größte Erfolg, den man als Sportler erreichen kann. Im eigenen Land den Titel zu gewinnen, war eine unglaublich tolle Geschichte. Wir sind mit dem Ziel in dieses Turnier gegangen, den WM-Titel zu holen, die Voraussetzungen waren jedoch alles andere als gut. Wir haben eine enttäuschende Vorbereitung gespielt, auch die erste Gruppenphase ganz schwach begonnen und wussten daher überhaupt nicht, wo wir eigentlich stehen. Erst in der Hauptrunde, nachdem wir einige Siege eingefahren hatten, und sich nach und nach eine Euphorie im Land entwickelt hat, wussten wir, dass wir es schaffen können. Dass es letztlich dann wirklich zum Titel gereicht hat, macht mich sehr stolz. Daher kann ich auch sagen, dass dies der größte Erfolg in meiner Karriere war.


Die Handball-WM 2007 in Deutschland wurde als große Chance angesehen, den Sport populärer zu machen. Wurde diese Möglichkeit genutzt? Hat diese Euphorie dazu geführt, dass der Handball einen Schritt nach vorne gemacht hat?

Fritz: Wir haben sehr stark vom WM-Titel und der Euphorie profitiert. Die Nachhaltigkeit ist leider nicht so da. Man merkt schon, dass die Popularität sehr stark von der Nationalmannschaft abhängig ist. Auf Vereinsebene ist das Interesse zumeist nur regionaler Natur. Daher kann man nur hoffen, dass die Nationalmannschaft bei den nächsten großen Turnieren wieder eine so gute Rolle spielen kann, dass der Handballsport insgesamt wieder deutlich mehr Aufmerksamkeit bekommt.


Die Fußball-Bundesliga steht täglich im Fokus der Öffentlichkeit. Kommt es Ihnen gelegen, dass der Handball-Sport nicht mit dem großen öffentlichen Druck umgehen muss?

Fritz: Eigentlich nicht, denn das ist genau das, was man als Sportler möchte. Man sucht ja Herausforderungen, die man bewältigen muss. Hinzu kommt das gestiegene Interesse von Sponsoren, wenn man in der Öffentlichkeit steht. Wir haben in den letzten Jahren versucht, den Sport zu etablieren, populärer zu machen. Denn Handball ist traditionell eher ein Dorfsport. In den letzten zehn Jahren sind die Vereine vermehrt in die Großstädte umgezogen, in größere Hallen. Der Trend geht schon in Richtung große Arenen, um mehr Sponsoren und Zuschauer zu erfassen. Ich hoffe, dass der Handball in dieser Hinsicht einen weiteren Schritt nach vorne machen kann.


Und bei Ihnen Tom? Würden Sie sich manchmal einen nicht ganz so großen Trubel um Ihre Person und die Bundesliga wünschen?

Starke: Henning hat das schon richtig gesagt. Als Sportler suchst du ja die Herausforderung. Wenn sich das eine mit dem anderen so verbinden ließe - weniger Trubel, aber der Rest bliebe, dann natürlich lieber ohne den öffentlichen Druck. Aber das funktioniert nicht. Aber man wächst auch in diese Situation hinein und gewöhnt sich ein Stück weit daran.


Was glauben Sie denn, warum genießt der Fußball insgesamt einen höheren Stellenwert in Deutschland?

Starke: Ich denke, das ist schon etwas historisch bedingt. Zum Fußballspielen braucht man nur einen Ball, ein Paar Schuhe und du kannst spielen, auf dem Pausenhof in der Schule oder auf der Wiese. Beim Handball ist das schon etwas schwieriger. Aber direkt nach dem Fußball kommt auch schon der Handball in Sachen Popularität.

Fritz: Wir sind auch stolz darauf, dass wir direkt hinter dem Fußball stehen. In den letzten Jahren hat sich alles immer mehr professionalisiert, deswegen sind wir mit der Situation so wie sie ist auch zufrieden. Wir arbeiten natürlich daran, dass der Handball einen noch höheren Stellenwert bekommt. Aber es ist einfach so, dass die meisten Erwachsenen in ihrer Kindheit Fußball gespielt haben.


Torhüter im Fußball gelten zumeist als positiv verrückt. Stimmt dieses Klischee und lässt es sich problemlos auf Torhüter anderer Sportarten übertragen?

Starke: (lacht) Das Klischee stimmt schon. Es hat ja nichts mit Dummheit oder Intelligenz einer Person zu tun. Positiv bekloppt musst du schon etwas sein, dir aus kurzer Distanz die Bälle um die Ohren ballern zu lassen. Das ist ja im Handball ähnlich.

Fritz: Ja, aber dieses Klischee hat für mich eher eine negative Bedeutung. Ich denke schon, dass du eine besondere Art und eine gewisse Einstellung haben musst, wenn du eine gewisse Qualität abrufen möchtest. Das ist zum einen eine Trainingsfrage, aber auch eine Typ-Sache. Ich glaube nicht, dass das unbedingt jeder kann.


In Hoffenheim gibt es zwei Torwart-Trainer, die individuell mit Tom und seinen Torhüter-Kollegen arbeiten. Gibt es das bei Ihnen in dieser Form auch?

Fritz: Da ist der Handball noch sehr stiefmütterlich. In der Hinsicht beneide ich die Fußballer. Das müsste bei uns mehr genutzt werden. Wir trainieren doch sehr viel mit den Feldspielern zusammen. Es gibt zwar seit diesem Jahr einen schwedischen Torwart-Trainer, der uns betreut, aber nicht ständig vor Ort ist. Das spezifische Training ist absolut sinnvoll, denn wozu soll ich das machen, was die Spieler machen. Ein Torhüter muss andere Trainingsschwerpunkte setzen. Ich hoffe, dass sich der Handball in dieser Hinsicht noch mehr professionalisiert.


Henning, Sie feiern in ein paar Wochen Ihren 36. Geburtstag. Denken Sie schon über ein Ende Ihrer Karriere nach und welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Fritz: Ich denke noch nicht über ein Karriereende nach, aber man muss natürlich frühzeitig anfangen es zu planen und vorzubereiten. Ich könnte mir gut vorstellen, dem Verein auch über das Karriereende hinaus in irgendeiner Funktion verbunden zu bleiben. Da ich viele gute Trainer in meiner Laufbahn hatte, würde mir vielleicht der Trainerjob ganz gut liegen. Darüber hinaus gibt es noch ein, zwei Ideen. Ich könnte mir aber auch sehr gut vorstellen, mit Kindern zu arbeiten, sie bei ihrer Entwicklung zu unterstützen. In Deutschland wird in dieser Hinsicht noch viel zu wenig getan.


Und wie ist das bei Ihnen Tom? Beschäftigt man sich jetzt schon mit der Zeit danach?

Starke: Ich tendiere da in die gleiche Richtung wie Henning. Die Förderung von Kindern und Jugendlichen wurde zu meiner Zeit großgeschrieben. Sie wurden von der Pike auf gefördert. Man sieht, dass dies in Deutschland vernachlässigt wurde. In der Region hat sich durch das Engagement von Dietmar Hopp im Vergleich zu anderen Gegenden, in denen ich schon zuhause war, einiges bewegt. Ich bin froh, dass meine Kinder hier aufwachsen können.

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