Page 29 - Spielfeld_Dezember_2020
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SPIELFELD TSG HOFFENHEIM 29
 Herr Briel, das Land befindet sich aufgrund der außergewöhnlich schöne Erfahrung, gerade weil
Corona-Pandemie seit neun Monaten in einem
Ausnahmezustand, auch der Bundesliga-Fuß- ball ist massiv betroffen. Sie sind seit 2006 an Bord der TSG – ist die aktuelle Zeit trotz Abstiegsangst 2013 und 2016 die herausforderndste Phase Ihrer Amtszeit?
„Diese Zeit ist extrem intensiv. Die Pandemie hat die gesamte Gesellschaft mit einer unglaublichen Wucht getroffen und keiner hatte Erfahrungen im Umgang damit oder die passenden Werkzeuge zur Bewältigung verfügbar. Es ist aktuell alles sehr komprimiert, mit neun Spielen in 27 Tagen bis zum Weihnachtsfest und mit zahlreichen Unwägbarkeiten verknüpft. Das geht nicht spurlos an einem vorbei. Ich persönlich merke das schon am eigenen Energielevel. Ich freue mich auf das Weihnachtsfest, aber ich weiß auch, dass es da keine rechte Zeit zur Besinnung gibt, weil es am 2. Januar schon weitergeht. Es sind herausfordernde Zeiten. Wir alle sind in dieser Ausnahmesituation ja nicht nur beruflich, sondern auch im Privaten anders gefordert, haben unterschiedliche Themen zu managen. Das macht diese Phase in der Gesamtbetrachtung so besonders, unvergleichlich.“
Die abgelaufene Spielzeit war aufgrund der außer- ordentlichen Transfererlöse ebenso unvergleichlich, sorgte für ein wirtschaftliches Rekordjahr. Wie sehen die finalen Bilanzzahlen denn aus?
„Wir können für die abgeschlossene Spielzeit 2019/20 in der Tat die beste Bilanz unserer Geschichte vorlegen. Der Gesamtumsatz des Unternehmens lag bei 229 Millionen Euro und damit noch einmal um knapp 40 Prozent höher als bei der bisherigen Bestmarke aus der Saison 2018/19. Dieses Wachstum ist getrieben durch die Transfererlöse in Höhe von rund 114 Millionen Euro im Sommer 2019. Besonders erfreulich: Auch der Gewinn nach Steuern konnte auf 56 Millionen Euro verdreifacht werden.“
Ein Quantensprung für die TSG ...
„Diese Zahlen sind gewiss beeindruckend, vor dem Hintergrund der aktuellen Lage bedeuten sie aber nur eine Momentaufnahme. Denn schon jetzt zeichnet sich ab, dass beeinflusst durch die Corona-Pandemie dem Rekord- ein Krisenjahr folgen wird, in dem wir voraussichtlich auf einen Verlust in mittlerer zweistel- liger Millionenhöhe zulaufen werden.“
Aber können Sie sich dennoch als Finanzgeschäfts- führer kurz an dieser Rekordbilanz erfreuen? „Natürlich ist das für jeden Verantwortlichen eine
man weiß, wie schwer es ist, in diesem Business dauerhaft außerordentliche Erträge und Gewinne zu erwirtschaften. Auf dieses herausragende Er- gebnis dürfen und sollten wir alle stolz sein, das sollte auch nicht geschmälert werden. Mein Dank geht daher auch an dieser Stelle an alle Mitarbeiter, Partner, Sponsoren und weitere Wegbegleiter. Der Klub hat mit ihnen in den vergangenen 14 Jahren eine Entwicklung genommen, die sportlich, aber eben auch wirtschaftlich, sehr besonders ist. Und in der aktuellen weltweiten Krisenlage hilft uns dieses Ergebnis ja auch.“
Wie sehr schmerzt es, nach dem Rekord völlig un- verschuldet eine Vollbremsung einlegen und einen hohen Jahresfehlbetrag verschmerzen zu müssen? „Natürlich tut es weh, wenn die hart verdienten Rücklagen jetzt gefühlt in Schallgeschwindigkeit abschmelzen. Aber zugleich hat uns die Arbeit der vergangenen Jahre in die Lage versetzt, solche Krisen managen zu können und diese existenziellen Sorgen zumindest nicht in einer kurz- oder mittelfristigen Perspektive zu haben. Deshalb schlagen letzten Endes quasi zwei Seelen in der Brust. Einerseits bedrückt uns natürlich die größte Wirtschaftskrise, die wir im Profifußball, aber eben auch gesamtgesellschaftlich in den letzten siebzig Jahren hatten. Gleichzeitig aber stellen wir unter Beweis, für solche außerordentlich turbulenten Zeiten gut gerüstet zu sein. Wir sehen es ja bei zahlreichen Mitbewerbern, wie schwer es ist, diese immensen Umsatzeinbrüche, die alle – vom Deutschen Meister bis zum 18. der zweiten Liga – erleiden, zu verkraften. Das abzufedern, ist eine Herkulesaufgabe.“
Sehen Sie sich in Ihrer umsichtigen Ausgabenpolitik bestätigt?
„Auch wenn mit einer solchen weltweiten Krise niemand rechnen konnte, zeigt es sich doch, dass es unumgänglich ist, mit Weitblick und Vorsicht zu planen und in wirtschaftlich starken Jahren einen Teil der Gewinne in Rücklagen für herausfordernde Zeiten fließen zu lassen. Auch in Zukunft müssen wir die Möglichkeiten nutzen, die uns beispielsweise unsere Transferstrategie seit Jahren eröffnet. Dies ist und bleibt für einen Verein unserer Größenordnung die elementare Grundlage, um den Spielbetrieb und die weitere Entwicklung zu finanzieren. Spieler aus- zubilden, zu integrieren, weiterzuentwickeln und schließlich zu veräußern, wird ein wichtiger Bestand- teil unseres Geschäftsmodells bleiben.“





















































































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