Page 56 - Spielfeld_Juli_2020
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Das geht von der Bundesliga über ausländische Ligen bis zum FC Zuzenhausen in der Verbands- liga“, erzählt Becker. „Zu vielen habe ich auch noch Kontakt. Nur ganz wenige sind abgetaucht.“
„Internat Zimmer 301-312“ steht auf einem Schild am Eingang zum langen Flur mit den zwölf Zimmern. Eigentlich ist der Begriff Internat nicht ganz korrekt, weil daran immer direkt eine Schule angesiedelt sein muss. Die Bewohner fühlen sich hier unter Gleichaltrigen wohl, egal ob das Haus Internat oder Spielerwohnheim genannt wird. Nahuel Noll und Bambasé Conté sind an diesem Mai-Tag auf ihren
die Gefühlslage der Jungen genau. Wo liegt das eigentliche Aufgabengebiet der Sozialpädagogen? „Da habe ich eine einfache Antwort: Wir müssen dafür sorgen, dass sich die Jungs wohl fühlen. Das war vor zehn Jahren, als ich noch allein gearbeitet habe, schon so und stimmt heute immer noch“, sagt Becker. „Wir sind immer Ansprechpartner für die Bewohner, haben unheimlich viel zu organisieren, weil die Jugendlichen ja tausend Fragen haben“, erklärt Becker. Die Hilfestellung aber darf nie zu weit gehen. „Das meiste müssen die Jungs schon selbstständig hinbekommen. Nur wenn sie hier- herkommen, muss man ihnen am Anfang etwas
  Nahuel Noll (links) bei „Kopfübungen“ in seinem Zimmer. Bambasé Conté (rechts) hatte sich gerade von einer langen Verletzung erholt – dann kam Corona.
Zimmern. Noll, der von 1860 München gekommene U17-Torwart, der nach der Verletzung von Daniel Klein sogar schon das Tor der U19 hütete, paukt für die Schule. Sein Zimmer sieht aus wie ein Mix aus Studentenbude und Fitnessraum. Die Kopfübun- gen für die Schule kann er auch mal unterbrechen für Körperübungen. „Das ist schon ideal hier“, sagt Nahuel Noll. Die Fitnessgeräte sind nur im Zimmer, weil der große Kraftraum wegen Corona nicht genutzt werden kann. Zwei Türen weiter wohnt U17-Mitspieler Bambasé Conté, der vom 1. FC Kaiserslautern zur TSG wechselte, um hier eine Karriere zu entwickeln, die in der Bundesliga weitergehen soll. Er kann aus seinem Zimmer sehnsuchtsvoll auf den Trainingsplatz blicken. Mehrere Monate fiel der Mittelfeldspieler mit einer Schambeinverletzung aus. Als er wieder ins Training einsteigen konnte, kam das Coronavirus dazwischen. „Bamba wurde kirre, dass er lange sportlich kaum etwas machen konnte. Aber er war nicht der einzige, der an dieser Zwangspause fast verzweifelt ist“, weiß Becker. Er kennt, wie auch seine Kollegin Julia Jäger,
stärker unter die Arme greifen.“ Von den 17 Plätzen werden pro Saison fünf bis acht neu belegt, teilweise mit den vorherigen U16-Jahrgängen, die zuvor im TSG-Haus in Zuzenhausen untergebracht waren. „Die Abgänge ziehen in eine eigene Wohnung oder wechseln den Verein“, sagt Becker.
Immer ein offenes Ohr für die Spieler zu haben, ist eine besonders wichtige Aufgabe. Heimweh wäre kein Thema, betont der Sozialpädagoge. Lediglich zwei Spieler hätten in den zehn Jahren den Aufent- halt nach einem halben Jahr abgebrochen, um nach Hause zurückzukehren. „Beide haben aber auch nicht gespielt“, erklärt Becker. Und genau das, nämlich „Fußballkummer“, wie er es nennt, ist das größte Thema bei den sehr persönlichen Gesprächen. „Wenn sie verletzt sind oder nicht spielen, sind die Jungs unglücklich. Dann kommen sie und wollen reden“, schildert Becker die ärgste Seelenpein der Talente. Liebeskummer spielt dagegen seltener eine Rolle. Konflikte untereinander seien auch kaum zu schlichten. „Ehrlich, das gibt es bei uns nicht.
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