Page 72 - Spielfeld_April_2018
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  „RAUS AUS DER NISCHE“
Das olympische Eishockey-Finale sah Adler-Geschäftsführer Daniel Hopp während einer Scouting-Tour in Toronto. Schon das Halbfinale gegen Kanada hatte der 37-Jährige dort verfolgt. Nach dem sensationellen 4:3-Erfolg ging er in einen Laden für Sportkleidung – und bat fröhlich um ein Deutschland-Trikot. „Den kleinen Spaß musste ich mir gönnen“, sagt Hopp. „Das war ja historisch.“ Im Interview spricht der Vizepräsident des Deutschen Eishockey- Bundes über die Perspektiven der Sportart, neue Vorbilder und echte Chancen.
Herr Hopp, was erhoffen Sie sich von dieser olympischen Silbermedaille?
„Das deutsche Eishockey kann jetzt definitiv einen großen Schritt machen. Bis Pyeongchang hat man doch immer noch und nur über Olympia-Bronze 1976 gesprochen. Diese Sensation mit Olympia-Silber kann jetzt wirklich einen Effekt haben für die gesamte Sportart. Es ist die Aufgabe von Funktionären, Klubs wie Spielern, dass diese Vorlage jetzt verwertet wird.“
Wie denn?
„Neben den sportfachlichen Themen hat Eishockey eine rie- sige Chance, in die Mitte der Gesellschaft gerückt zu werden. Das hat in den ersten Wochen nach Olympia ja schon gut begonnen. Ein Interview im stern, ein Auftritt bei Markus Lanz – so etwas hilft, dass die Sportart breiteren Bevölke- rungsschichten nahegebracht wird. So kommen wir raus aus der gewohnten Nische, da kommt das Eishockey auch in TV-Formate, wo man früher nicht beachtet wurde. Auch die öffentlich-rechtlichen Sender haben schon ein spürbar gesteigertes Interesse. Das gilt es zu nutzen, um die Spieler jetzt zu positionieren. Gerade laufen die Playoffs, der Meister wird gekürt, Anfang Mai kommt die WM. Das sind echte Highlights. Es ist schon eine große Chance, das Eishockey weiter zu verankern. Die nächsten Monate sind ganz, ganz wichtig, um Kinder zum Eishockey zu bringen.“
Aber wie lässt sich dieser Effekt konservieren?
„Es geht nur zusammen mit Liga und Verband. Wir haben alle ein großes Ziel: Eishockey nachhaltig sportlich zu entwickeln, aber eben auch stärker in der Bevölkerung zu verankern. Dabei geht es vor allem um die Nachwuchsarbeit. Denn die Kinder, die sind unsere große Chance für die Zu- kunft. Es wurden in Korea sportliche Idole geboren: Danny aus den Birken, Christian Ehrhoff, Marcel Goc – das sind jetzt Vorbilder. Wir haben zudem mit Marco Sturm einen charismatischen Bundestrainer, der selbst zuvor schon eine großartige Spielerkarriere hingelegt hat. Nun gilt es, diese Persönlichkeiten in den Vordergrund zu stellen.“
Warum soll es jetzt besser klappen als nach der erfolgreichen Heim-WM 2010?
„Wir haben heute definitiv bessere Chancen. Wir können unsere Themen, unsere Botschaften etwa über die digitalen Medien, die sozialen Netzwerke mit viel geringeren Mitteln platzieren und Aufmerksamkeit generieren. Zudem kam damals nach unserer WM direkt die Fußball-WM in Süd- afrika – da war der Effekt sofort verpufft. Aber natürlich:
Eishockey hat aus dem Erfolg 2010 auch nichts gemacht. Es gab kein Konzept, keinen Plan, das zusätzliche Geld wurde nur zur Schuldentilgung eingesetzt. Wir dagegen werden jetzt in die Zukunft investieren.“
Um das Eishockey als Mannschaftssportart Nummer zwei zu positionieren ...
„Da sind wir schon. Alle Zahlen sprechen dafür, egal ob Umsätze oder Zuschauerzahlen. Wir hatten mit dem Eis- hockey-Finale hierzulande den höchsten TV-Marktanteil aller olympischen Wettbewerbe – das ist Wahnsinn. Aber deshalb hören wir jetzt nicht auf, weiter alles für das deut- sche Eishockey zu tun.“
Ihr Zukunftsplan „Powerplay 2026“, mit dem sie 2014 an die Spitze des Deutschen Eishockey-Bundes kamen, hatte eigentlich die Zukunftsvision, im Jahr 2026 um eine olympische Medaille zu spielen ...
„Wir haben unser Ziel mit dieser sportlichen Sensation nun schon erreicht. Aber das heißt ja nicht, dass wir deshalb zwangsläufig alles richtig gemacht haben und jetzt alles Friede, Freude, Eierkuchen ist. Es muss der Ansporn sein, noch fokussierter zu sein, noch intensiver in Jugend- und Trainerausbildung zu investieren. Es gibt noch viel Verbes- serungspotenzial. Über die erhöhten Zuschüsse
durch den Erfolg erhalten wir größeren finanziellen Spielraum – den müssen wir nutzen.“
Wie zum Beispiel?
„Wir dürfen nicht nur in Beine, sondern müssen auch in Steine investieren; da sind neben dem Verband aber eben auch Kommunen und Vereine gefordert. Derzeit verlieren wir pro Jahr im Schnitt eine Eishalle. In ganz Deutschland haben wir noch 250, zum Vergleich: Allein
in Greater Toronto stehen 5.000 Eis- f lächen zur Verfügung. Und nur über Hallen, über Flächen werden wir Spieler entwickeln. Das ist ja eine entscheidende Problematik. Dass die Kinder, die Lust auf Eishockey haben, den Sport dann nicht selbst ausüben können.“
Plant die Zukunft des deutschen Eishockeys und geht dabei innovative Wege: Adler-Geschäftsführer Daniel Hopp.
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