Page 73 - Spielfeld_April_2018
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  Sensation auf dem Weg zum historischen Erfolg: Im Viertelfinale besiegte das DEB-Team den amtierenden Weltmeister Schweden 4:3.
„Das tat schon weh, so ist das nicht. Wir hatten eine Hand an der Goldmedaille und haben sie dann noch so bitter verloren. Aber nach der Siegerehrung hat sich die Enttäuschung schnell in Freu- de umgewandelt. Mit einer Medaille zurück nach Deutschland zu kommen, davon hatten wir alle geträumt“, sagt Wolf. Der Stürmer, 99 Kilogramm schwer, war der heimliche Held im hart umkämpften Halbfinale gegen Kanada, als er nach einem bösen Check erst mi- nutenlang behandelt werden musste – und wenig später plötzlich wieder auf dem Eis stand. „Das hat mich gut durchgeschüttelt. Ich habe meinen Gegenspieler im letzten Moment zum Glück kommen sehen und die Schulter hochreißen können, so dass er mich nicht am Kopf erwischt hat. Ansonsten wäre Feierabend gewesen. Nach so einem Check muss man sich durchchecken lassen, aber als der Arzt grünes Licht gegeben hat, war für mich klar: Das Halbfinale bei Olympia lasse ich mir davon nicht nehmen und bin zurück aufs Eis.“ Es war eine der vielen emotionalen Randgeschichten dieser Mann- schaft, die Sport-Deutschland begeisterte. Auch Goc blieb vielen Fans in Erinnerung, als er nach dem Halbfinal-Triumph ein hoch emotionales Interview gab. Völlig paralysiert vom gerade Erlebten stammelte er ein paar Sätze in die Kamera und wurde von einer weiteren emotionalen Welle erfasst, als er auf den Geburtstag seines Sohnes angesprochen wurde. „Ich konnte das in dem Moment alles gar nicht fassen. Mein Sohn hatte mir vor dem Turnier gesagt: Papa, wenn Du eine Medaille mit nach Hause bringst, ist es okay, wenn Du an meinem Geburtstag nicht da bist. Das habe ich erfüllt.“ Als die Worte seinen Mund verlassen, blickt Goc in der Sinsheimer Arena ähnlich ungläubig in die Ferne wie beim TV-Interview in Südkorea. Es ist unschwer zu erkennen, dass der 34-Jährige noch immer nicht wirklich fassen kann, was er erlebt und vor allem geleistet hat: „Ich bin stolz, dass ich diese Medaille tragen darf. Das ist das Highlight meiner Karriere. Aber dass wir Eishockey-Geschichte geschrieben haben, wird uns vielleicht erst bei den nächsten Olympischen Spie- len bewusst. Das dauert noch eine Weile.“ Wolf stimmt ihm zu: „Ich weiß immer noch nicht, wie ich damit umgehen soll. Wir haben ja nicht damit gerechnet. Wahrscheinlich können wir erst im Sommer am Strand realisieren, was wir da geleistet haben.“
Viel Zeit zur Verarbeitung blieb bisher auch nicht. Nach der Landung und dem Empfang durch Hunderte Fans am Frankfurter Flughafen standen gleich DEL-Spiele und der Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Mannheim auf dem Plan. „Der Rückflug mit all den anderen Sportlern war etwas ganz Besonderes, auch der Empfang in Frankfurt. Ich hätte niemals gedacht, dass so viele Menschen uns empfangen, da kamen die ganzen Emotionen vom Finale wieder hoch. Meine Familie war auch da, mittlerweile haben wir den Kindergeburtstag auch nachgeholt“, sagt Goc.
Nun laufen die Playoffs um die Deutsche Meisterschaft, nach dem Gewinn der Silbermedaille wollen die Adler weitere Erfolge feiern und „den Schwung mitnehmen und auf die anderen Jungs übertra- gen“, sagt Wolf. Vielleicht wird dann auch in einen Trophäenschrank investiert – denn bislang werden die Silbermedaillen noch meist am Körper getragen: „Ich habe sie eigentlich immer dabei und lasse sie aus Angst, sie zu verlieren, nie irgendwo allein“, sagt Wolf lächelnd. Und Goc ergänzt: „Beim TSG-Spiel habe ich sie im Koffer im Mannschaftsbus gelassen. Zu Hause muss ich mir jetzt erst einmal einen besonderen Ort für die Medaille überlegen – es konnte ja niemand damit rechnen, dass wir bei Olympia Silber gewinnen.“
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