Page 52 - Spielfeld_Januar_2016
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 Doch spätestens, als 2005 aus regionalen Wirtschaftskreisen laut vernehmbar der Wunsch nach Profifußball und der Bundesliga in der heutigen Metropolregion geäußert wurde, wurden dem Fußball-Märchen der TSG weitere Kapitel hinzugefügt. Und als Dietmar Hopp, nach mehreren ver- geblichen Gesprächen über Fusionen und Kooperationen mit Clubs wie Waldhof Mannheim, dem SV Sandhausen oder Astoria Walldorf sowie dem verhinderten Stadionbau in Heidelberg im Jahr 2006 vollends auf die Dorfkarte Hoffenheim setzte, wuchs auch in Hofmann der Wunsch, es bis nach ganz oben zu schaffen. Hoffenheim sollte, wenn es ginge, neben Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Dortmund stehen.
„Fußball war die Nummer Eins,
dann kam das Geschäft.“
PETER HOFMANN
Der Tag sollte kommen, an dem die Bayern nicht aus persönlicher Freundschaft Franz Beckenbauers mit Dietmar Hopp zur Einweihung anreisten, sondern im Kraichgau um Punkte kämpfen müssten. Für den bekennenden Bayern-Sympathisanten Peter Hofmann ist dies bis heute ein ganz besonderes Erlebnis. Denn von klein auf war er Bayern-Fan: „In meiner Generation gab es nur Gladbach oder Bayern.“ Als ihn der Pfarrer anlässlich der bevorstehenden Kommunion bat, alles über sein Idol aufzuzeichnen, gab es für Hofmann kein Vertun. „Der Pfarrer dachte, ich nehme Jesus, aber ich habe Franz Beckenbauer gewählt.“ Sogar Mitglied bei den Münchnern war Hofmann. Bis ihm bei der Jahreshauptversammlung der TSG im Jahre 2009 ein Mitglied die Stimme verweigerte und bei der Präsidenten-Wahl mit Enthaltung votierte. „Bist du mit meiner Arbeit nicht zufrieden?“ habe er den Mann gefragt. „Doch. Alles gut“, habe jener geantwortet: „Aber du bist ja auch Bayern-Fan. Das geht nicht.“
Eigentlich hatte Hofmann damit ein Ziel erreicht: Dass es Menschen gibt, für die es neben der TSG keinen anderen Club mehr gibt, deren Vereinsliebe selbst Sympathie für andere Clubs ausschließt. Ein Phänomen, das im achten Jahr der Bundesliga-Zugehörigkeit insbesondere bei den jugendlichen Fans zu spüren ist, denen die TSG als fester Bestandteil der Eliteliga vertraut ist. Sie haben den langen Weg aus den Niederungen nicht mitmachen müssen. Die heutige Situation nennt Hofmann „einen Traum“. „Ich fahre in zehn, zwölf Minuten ins Stadion und kann dort die vielleicht beste Fußball-Liga der Welt sehen.“ Seine Stimme klingt angemessen enthusiastisch.
„Das ist doch fantastisch.“ Ein wenig mehr Dankbarkeit, noch mehr echte Begeisterung für dieses Geschenk – das würde sich
Peter Hofmann wünschen. Gerade in einer sportlich so
prekären Situation wie in dieser Saison.
Ganz abgesehen von der Wirtschaftskraft, die der Bundesliga-Fußball in die Region bringt. Der Club ist längst zu einem großen Arbeitgeber geworden, die TSG ist ein Wirtschaftsfaktor rund
um Sinsheim. Das soll so bleiben, auch wenn die momentane sportliche Lage den Präsidenten na- türlich nicht kalt lassen kann. „Ich werde ja auch dauernd darauf angesprochen“, so Hofmann. „Da gab es schon angenehmere Situationen.“ Aber da muss er durch, da muss die TSG durch, mit der er als erstes Werte wie „Bescheidenheit, Vertrauen, Stabilität“ verbindet. „Familiär“ solle die TSG Hoffenheim sein, sagt Hofmann. In guten wie in schlechten Zeiten. Er will es vorleben. Denn, so sagt Peter Hofmann, „der Verein ist doch auch ein Stück von mir.“
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