Page 54 - Spielfeld_Januar_2016
P. 54

 FANCLUB FRAUENPOWER 1899
EIN HERZ FÜR SPIELER
Sie stehen geschlossen hinter ihrer Mannschaft – Männer brauchen sie dazu nicht. Frauen, so sagen sie, sind ohnehin die loyaleren Fans.
Eine reine Männerdomäne ist Fußball längst nicht mehr. Weder auf dem Platz noch auf den Rängen. Auch in Sinsheim ist das so. In der Südkurve der WIRSOL
Rhein-Neckar-Arena hängt seit einigen Jahren ein kleines Manifest: ein blau-weißes Herz mit dem integrierten TSG-Logo – das Banner des Fanclubs Frauenpower 1899.
Am 8. Mai 2011 – dem Mut- tertag – gründeten 14 Frauen den Club. Karin Osinga, eine der Gründerinnen, erinnert sich: „Es hat uns so angenervt, was in den Foren und sozialen Medien abging. Spieler und Trainer wurden regelmäßig und
oft weit unter der Gürtellinie beleidigt.“ „Pfeife“ sei da noch einer der eindeutig harmloseren Ausdrücke. „Kritik muss sein, klar. Aber bitte sachlich und leistungsbezogen und nicht dermaßen niveaulos.“ Auch das heutige Vorstandsmitglied Susanne Quast sah das so. Damals waren sie auf der Suche nach einem geeigneten Fanclub und gründeten kurzerhand ihren eigenen – Männer aber mussten draußen bleiben.
Deren Reaktionen fielen größtenteils positiv aus, manche belächelten die Damen aber auch. Von den gängigen Klischees wollen die Powerfrauen aber nichts wissen: „Uns geht es nicht um stramme Waden, sondern um die Mannschaft. Die wollen wir unterstützen“, sagt Osinga. Außerdem wollten sie einen Fanclub, der frei von Zwängen ist. „Der Spaß steht im Vordergrund. Es gibt keine verpflichtende Anzahl von Auswärtsfahrten oder Treffen, die man besuchen muss. Viele von uns sind beruflich und familiär ziemlich eingespannt.“ Dennoch besuchen sie regelmäßig gemeinsam Trainingsein- heiten oder Trainingslager, treffen sich bei Heimspielen, fahren zu Auswärtsspielen, helfen bei Festen und wirken bei Choreografien mit.
Besonders am Herzen liegen ihnen TSG-Spieler, die gerade Vater geworden sind: „Wenn wir das spitzkriegen, bekommen die Papas eine Fanartikel-Startausstattung von uns geschenkt. Wir überreichen die Präsente meistens nach dem Training, an einer Leine aufgehängt.“ Edson Braaf heid und Vedad Ibišević seien einst extra aus ihrem Auto ausgestiegen, um Fotos von den Frauen und den Hoffe-Stramplern zu machen.
Der Fanclub Frauenpower mit Karin Osinga (4. v. l.) und Susanne Quast (r.).
Fast könnte man meinen, Frauen seien die besseren Fußball- fans. „Vielleicht nicht die besseren, aber auf jeden Fall die loyaleren. Wir sehen die Spieler immer noch als Menschen und nicht als Objekte an. Das sind doch keine Roboter“, sagt Quast. Und so stellt sich die geballte Frauenpower auch schon mal vor die Spieler, wenn die Beschimpfungen im Internet wieder einmal etwas harsch ausfallen.
Trotz allem haben es zwei Männer in den Fanclub geschafft. Einer der Ehrenmitglieder hat das Logo entworfen, der andere ist Frank Puritscher. Er reiste mit den Damen zum Trainings- lager nach Österreich und bekam spontan den Spitznamen „Franka“ – allzu männlich sollte es schließlich nicht werden. Als kleinen Scherz druckten sie ihm ein Fanclub-Shirt: „Franka Potente“ sollte darauf stehen. „Da sein Nachname auch mit P beginnt, fanden wir das passend.“ Doch die Frauen hatten die Rechnung ohne die Druckerei gemacht. Die setzte den Namen falsch und so überreichten die Damen ihrem Ehrenmitglied ein Shirt, auf dem stand: „Potente Franka“. Puritscher trug es dennoch – „mit gemischten Gefühlen“.
FRAUENPOWER 1899
Gegründet: Mai 2011 Mitglieder: 13
   54
  



















































































   52   53   54   55   56