Page 79 - Spielfeld_Mai_2021
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SPIELFELD TSG HOFFENHEIM
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             Als Helmut Kafka 2005 einen neuen Job an- geboten bekommt, ist er bereits 65 Jahre alt, fast 50 Jahre im Fußball-Business un- terwegs und an dem Punkt im Leben angelangt, an dem sich viele Mitmenschen den Traum einer Karibik-Kreuzfahrt erfüllen möchten. Seiner Frau Ruth hätten schon gemeinsame Wochenenden am Neckarufer gut gefallen, doch es kam mal wieder anders im Leben der Kafkas – und wieder einmal richtete sich alles nach den Spielplänen der Region. Denn als das Angebot der TSG Hoffenheim ins Haus flatterte, da war Ruth schnell klar, dass sich das Thema gemeinsame Freizeit für lange Zeit erledigt hatte. Mal wieder. Und zwar ab sofort, wie Helmut Kafka verschmitzt erzählt: „Matthias Born (heutiger Trainer von FC-Astoria Walldorf, Anm. d. Red.) baute damals die TSG-Akademie auf und fragte mich, ob ich nicht ein Team für das Jugend-Scouting aufbauen will. Ich sprach dann mit Ralf Rangnick sowie Bernhard Peters – und kurz darauf haben wir schon die ersten Spiele beobachtet.“ Mittlerweile fahndet der 81-Jährige schon fast 16 Jahre lang im Auftrag der TSG nach Talenten – und hat das Scouting des hochmodernen und innovativen Klubs maßgeblich revolutioniert.
Bilder aus der aktiven Zeit: Helmut Kafka vor der Bundesliga-Saison 1966/67 als Spieler des Karlsruher SC (links), als Kapitän in einem Freundschaftsspiel bei der Platzwahl mit Bobby Moore von West Ham United (mitte) sowie auf dem Titel des Fachmagazins kicker im Kopfball-Duell mit Eintracht Frankfurts Jürgen Grabowski.
Veränderungen, Mut und Visionen haben das Leben des früheren Bundesliga-Spielers schon früh geprägt und seit vielen Jahrzehnten begleitet. Kafka kam 1940 während des Zweiten Weltkriegs in Ostschlesien zur Welt und wurde gemeinsam mit seiner Mutter sowie seinen beiden Schwestern aus der Heimat vertrieben, sein Vater kam im Krieg ums Leben. Die Familie wuchs in einfachen Verhältnissen in Friesland auf, so dass Helmut Kafka bereits mit 14 Jahren nach Essen zog und dort eine Bergmannslehre absol- vierte, ehe er zurück nach Niedersachsen ging, um Fußball zu spielen. Über Germania Wilhelmshaven, Werder Bremen und Arminia Hannover fand er den Weg in den Süden Deutschlands. Es war die Zeit im Leben Kafkas, in der nicht er nach Talenten suchte, sondern Späher nach ihm.
Und so wie er noch immer junge Spieler und ihre Eltern von den Vorzügen der TSG überzeugt, ließ auch er sich 1965 vom Werben eines Klubs beeindrucken. Der Karlsruher SC, damals eine Top-Adresse im deutschen Fußball, sichert sich das umworbene Talent. „Wir hatten als einer der ersten Vereine sogar ein Entmüdungsbecken mit Unterwassermassage“, sagt Kafka und lacht.





























































































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