Page 8 - TSG_Spielfeld_Februar_2022
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   Immer im Einsatz: Uli Hoeneß demonstriert, ob- gleich schwer gezeichnet, seine Leistungsfähigkeit schon aus dem Krankenbett (oben). Und der heute 70-Jährige stand folgerichtig über viele Jahrzehnte im Zentrum des FC Bayern München.
Kinder, wie die Zeit vergeht EINE TRAGÖDIE UND EIN WUNDER
Die gedruckten Würdigungen seines Lebenswerks waren zahlreich, die Glück- wünsche auch der einstigen Konkurrenten aufrichtig und voller Anerkennung: Am 5. Januar feierte der Weltmeister, ehemalige Bayern-Manager sowie
Präsident Uli Hoeneß seinen 70. Geburtstag – und quasi ganz Fußball-Deutschland zog den Hut vor diesem überaus erfolgreichen wie streitbaren Macher. Kein Wunder, denn – ganz wertneutral betrachtet – hat wohl neben Franz Beckenbauer niemand den deutschen Fußball so geprägt und verändert wie dieser Ulrich Hoeneß, der am 5. Januar 1952 in Ulm geboren wurde.
Doch für Hoeneß hatte der 17. Februar 1982, also vor nunmehr genau 40 Jahren, eine ähnlich große Bedeutung. Nach jenem Abend beging Hoeneß den 17. Feb- ruar eine Zeit lang als seinen „zweiten Geburtstag“, wie er später verriet. Dabei kann er sich an kaum etwas erinnern, weitere Augenzeugen der Tragödie gibt es nicht. Der damals 30-jährige Hoeneß war, gemeinsam mit drei Freunden, in einer zweimotorigen Propellermaschine vom Typ Piper PA-34 Seneca, auf dem Weg nach Hannover – zum Länderspiel der deutschen Nationalelf gegen Portugal. Das Privatflugzeug stürzte gegen 20 Uhr kurz vor der beabsichtigten Landung in Hannover im rund zehn Kilometer entfernten Schwarzen Moor ab. Die drei Freunde starben, einzig Hoeneß überlebte wie durch ein Wunder. Ein Jäger fand den völlig orientierungslosen, blutüberströmten und unterkühlten Hoeneß im Wald. Dem
Bayern-Manager, der während des Flugs geschlafen hatte, hatte offenbar sein Sitzplatz hinten rechts das Leben gerettet – und die Tatsache, dass er nicht angeschnallt war und deshalb aus dem Flugzeug geschleudert wurde. So kam Hoeneß mit Arm-, Bein- und Rippenbrüchen, einer Lungenquetschung und einer Gehirnerschütterung ins Nordstadt-Krankenhaus von Hannover.
Dorthin eilten, nach dem Abpfiff des Länderspiels auch die Nationalspieler und Bayern-Profis Paul Breitner und Karl-Heinz Rummenigge – im Trainingsanzug, wie es der SPIEGEL einst beschrieb: „Drei Stunden vergingen. Breitner hockte in sich ver- sunken im Wartezimmer, die Zigarette in seiner Hand glimmte vor sich hin, ohne dass er daran zog. Rummenigge weinte.“ Aber der Manager, der Freund überlebte. Seine angeblich erste Frage am nächsten Morgen: „Wie ist das Länderspiel ausgegangen?“
Und Uli Hoeneß formte den FC Bayern fortan weiter zu jenem Weltklub, der er heute ist. Als zweiten Geburtstag, so hat es der Onkel des heutigen TSG-Trainers später mal gesagt, sieht er den 17. Februar nicht mehr: „Am Anfang habe ich an diesem Tag immer ein kleines Fest gefeiert. Aber irgendwann habe ich mir gedacht: Bist du bescheuert? Du feierst und drei andere sind tot.“ Aber seinen 70. Geburtstag, sozusagen den echten, feierte Uli Hoeneß natürlich.
Härringers Ecke
  © 2022 Christoph Härringer, www.facebook.com/Spottschau
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