Page 15 - TSG_Spielfeld_Januar_2022
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 SPIELFELD TSG HOFFENHEIM
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Du hast Deine Familie mit 17 Jahren verlassen und bist zu Maccabi Tel Aviv gewechselt. War das ein großer Schritt für Dich?
„Es war unfassbar hart. Vier Tage vor meinem 17. Geburtstag ist mein Vater bei einem Autounfall ver- storben. Ich wollte danach mit dem Fußball aufhören. Aber meine Mutter kam zu meinem Bruder und mir und hat uns überredet, weiterzumachen. Es war der Traum unseres Vaters, dass wir Fußball-Profis werden. Ab dem Zeitpunkt war mir klar, dass ich es für ihn schaffen werde. Er hat so viel für uns getan, ich bin ihm einfach unfassbar dankbar, was er uns Kindern gegeben und für uns geopfert hat. Nach jedem Tor von mir deute ich zum Himmel und widme ihm jeden Treffer.“
Es muss unglaublich schwer sein, so jung mit solch einem Verlust umzugehen...
„Momente wie diese können einen Menschen brechen, aber auch stärken. Das ist ein schmaler Grat. Ohne die Unterstützung meiner Brüder und meiner Mutter wäre ich vermutlich noch immer ein gebrochener Mensch. Aber zusammen sind wir stärker geworden. Dadurch habe ich das Gefühl entwickelt, dass ich daran wachsen werde. Es war eine unfassbar harte Erfahrung, aber es hat mich im Leben weitergebracht.“
Beurteilst Du dadurch auch Jahre später Dinge im Leben anders?
„Auf jeden Fall. Ich gehe die Dinge ganz anders an. Mein Vater war alles für mich. Aber wenn mich nicht mal der Tod einer so wichtigen Person brechen kann, dann kann mich gar nichts brechen. Es gibt immer Situationen, in denen es mir schlecht geht und ich unzufrieden bin. Aber es könnte immer schlimmer sein. Dieses Wissen gibt mir Kraft und lässt mich anders auf Dinge schauen. Jeder Rückschlag lässt mich nun wachsen. “
„Vor meinem ersten Spiel wurde ich beim Warmmachen von den eigenen Fans beleidigt. Als Jugendlicher ist es schwer, das zu akzeptieren.“
In Nazareth leben vor allem arabische Israelis. Im ganzen Land sind Muslime jedoch eine Minderheit. Hast Du dadurch schon negative Momente erlebt? „Unzählige. Es fing an, als ich nach Tel Aviv gewech- selt bin. Ich war der einzige muslimische Spieler im gesamten Verein – von der Profi-Mannschaft bis zum jüngsten Team in der Akademie gab es keinen anderen. Vor meinem ersten Spiel wurde ich beim Warmmachen von den eigenen Fans beleidigt. Als Jugendlicher ist es schwer, das zu akzeptieren. Wieso beleidigt ein 40 Jahre alter Familienvater mich, einen jungen Fußballer, wegen meiner Religion? Ich habe es nicht verstanden. Natürlich ist es nur eine kleine Gruppe und der Großteil der Fans hat mich unterstützt, aber an so etwas erinnere ich mich immer zurück.“
Wie gehst Du mit solchen Situationen um?
„Damals hatte ich keine Ahnung, wie ich darauf re- agieren soll. Ich war ja fast noch ein Kind und kann- te so etwas nicht. Am schlimmsten waren die Spiele bei Beitar Jerusalem. In dem Klub werden muslimi- sche Spieler nicht akzeptiert. Die Fans haben mich und auch andere Muslime immer beleidigt und atta- ckiert. Das war keine schöne Zeit.“
    Besonderer Gruß: Nach jedem seiner Treffer zeigt Munas Dabbur zum Himmel und widmet das Tor seinem verstorbenen Vater.
  





















































































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