Page 84 - TSG_Spielfeld_September_2021
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Über den Zustand des Great Barrier Reefs, das man- che auch als „achtes Weltwunder“ bezeichnen, zeigte sich die UNESCO zuletzt in einer offiziellen Erklärung „zutiefst besorgt“. Die langfristigen Aussichten des Ökosystems hätten sich von „schlecht zu sehr schlecht“ entwickelt. Als wichtigsten Grund nannte sie den Klimawandel. Veränderte Umweltbedingungen wie der Anstieg der Wassertemperatur und die Versaue- rung des Meerwassers machen dem Riff schwer zu schaffen. Allein in den vergangenen fünf Jahren litt es unter drei großflächigen Bleichen. Die australische Regierung steuert der Zerstörung mit einem breiten und milliardenschweren Schutzmaßnahmenkatalog entgegen, doch Wissenschaftler warnen, dass die Hälfte des Riffs bereits unwiderruflich verloren sei. „Es bewegt mich, wenn ich solche Nachrichten höre. Ich habe die Schönheit gesehen und erlebt, eine Be- ziehung dazu aufgebaut“, sagt Asisi.
Dass er mit seinem Panorama etwas verändern kann, glaubt der Wahl-Berliner nicht, aber Fragen wolle er schon aufwerfen. „Wenn wir über Natur reden wollen, müssen wir den Menschen erstmal ein Gefühl vermitteln. Australien ist einfach unfass- bar weit weg von hier. Die Emotionalität und dieses erhabene Erstaunen, welches entsteht, wenn man vor dem Panorama steht, lässt die Betrachter vielleicht noch einmal anders nachdenken. Ich glaube, dass wir nur über den Bauch oder das Herz an den Kopf herankommen. Was man liebt, verteidigt man.“
Asisi denkt gern groß. Der 66-Jährige schuf schon viele andere Panoramen: Die Mauer, die gesunke- ne Titanic, das kriegszerstörte Dresden aus dem Jahr 1945 oder den Regenwald Amazoniens. Von 2014 bis 2018 war in Pforzheim seine Version des prachtvollen Roms aus dem Jahr 312 nach Christus zu sehen. Der Mount Everest war 2003 sein Pilot- projekt. Hier versetzte er die Betrachter auf 6000 Meter Höhe ins letzte Basislager vor dem finalen Gipfelaufstieg.
Der Entstehungsprozess seiner Werke ist äußerst komplex. „Malerei mit neuen Mitteln“, nennt Asisi seine Arbeit. Beim Great Barrier Reef bestand das Problem darin, dass er keine großen zusammen- hängenden Räume fotografieren konnte, da die Sichtweite unter Wasser stark beschränkt ist. „Nach den Tauchgängen entstand bei mir die Idee für eine Landschaft, die ich erschaffe. Und diese musste stellvertretend für all das sein, was ich gesehen habe.“ Asisi machte auf seinen Tauchgängen tau- sende Fotos, hatte dabei stets eine selbst erdachte Panorama-Skizze vor Augen. „Das Bild folgt einer inneren Fantasie, bestückt mit den Dingen, die ich dort entdeckt habe.“ Seine Fotos seien Puzzleteile.
In akribischer Arbeit fügte er sie dann zu einem übergroßen Ganzen zusammen. Drei Meter breit und 35 Meter lang sind die einzelnen Stoffbahnen, die er bedrucken und später zusammennähen ließ.
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