Page 35 - Spielfeld_November_2020
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 SPIELFELD TSG HOFFENHEIM
   Bekannte Vorfahren
Mijat Gaćinović wurde in Novi Sad, einer an der Donau gelegenen Stadt in Serbien geboren, wuchs aber in Trebinje in Bosnien-Herzegowina in der Nähe der Adria auf. „Dort habe ich im Alter von fünf Jahren mit dem Fußball angefangen, dort bin ich zur Schule gegangen, dort leben meine Familie und meine Freunde. Wenn ich nicht Fußball-Profi geworden wäre, wäre ich wohl noch immer dort“, sagt der 25-Jährige, der erneut zum Grenzgänger zwischen Bosnien-Herzegowina und Serbien wurde. Denn mit 15 Jahren wechselte er von seinem Heimatklub FK Leotar Trebinje zum serbi- schen Erstligisten FK Vojvodina in Novi Sad, wo er mit 18 Jahren einen Profivertrag erhielt. Nur zwei Jahre später landete er, gerade U20-Weltmeister geworden, bei Eintracht Frankfurt. Sein Debüt für Serbien – er hätte sich auch für Bosnien-Herzegowina entscheiden können – absolvierte er im März 2017. Ein Einsatz am 11. November, wenn Serbien im Playoff in Belgrad gegen Schottland die Qualifikation für die Europameisterschaft 2021 perfektmachen kann, wäre sein 22. Länderspiel. „Es wäre ein Traum, wenn wir nach der WM 2018 auch bei der EM dabei wären“, sagt Gaćinović.
Der Schauplatz der Entscheidung ist legendär; mit der TSG Hoffenheim wird der offensive Mittelfeldspieler am 3. Dezember ebenfalls am im Belgrader Stadion Rajko Mitić, auch bekannt als Marakana, antreten. Auf die Europa-League-Partie sprechen ihn Freunde und Bekannte aus der Heimat seit Wochen an. „Sie fragen mich, ob ich dann gegen Roter Stern Belgrad auch drei Tore schieße, genau wie es mein Vater einmal geschafft hat“, erzählt Gaćinović. Sein Vater spielte mehrere Jahre für den jugoslawischen Erstligisten FK Bečej (heute 2. Liga in Serbien) und erzielte 1991 bei einem Pokalspiel im Marakana gegen Roter Stern jene besagten drei Tore. „Die Belgrader waren die Superstars damals, sie hatten kurz zuvor die Champions League gewonnen“, erklärt Gaćinović junior. Der Senior unterlag zwar mit dem FC Bečej 3:4, „aber bisher hat es kein anderer geschafft, gegen Roter Stern in Belgrad drei Mal zu treffen“, sagt Mijat. Sein Vater Vladmir (54), der 1997 seine Spielerkarriere beendete und seitdem als Trainer arbeitet, sei wegen seines Drei-Tore-Auftritts für ältere serbische Fußballfans bis heute ein „Held“.
Historische Taten liegen offenbar in der Familie. Ein Vorfahre namens Vladimir Gaćinović war zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wie die Frankfurter Allgemeine Zei-
tung herausfand, ein bosnischer Revolutionär und am Attentat auf den österreichischen Erzherzog Franz Ferdinand beteiligt, das den I. Weltkrieg auslöste. „Er gründete und leitete die Jugendbewegung Mlada Bosna (Junges Bosnien), die sich gegen die österreichisch-ungarische Regentschaft auflehnte. Zu dieser Gruppe gehörte auch der Attentäter von Sarajewo“, bestätigte Mijat Gaćinović seine Her- kunft. Er selbst habe aber kein revolutionäres Blut in den Adern, sondern seit seinem fünften Lebensjahr
„vor allem Fußball im Kopf“.
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 Wechselte in diesem Sommer zur TSG: Mijat Gaćinović
   

























































































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