Page 56 - Spielfeld_September_2020
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 Mann: „Es gehört ein Stück weit zur sozialen Verant- wortung, den Spielern einfach nochmal die Möglichkeit zu geben, ein, zwei Jahre im Männerfußball Fuß zu fassen, um über diesen Zwischenschritt doch noch nach oben zu kommen.“
Die Akademie muss sich zugleich regelmäßig von Spielern trennen, weil die Kapazitäten begrenzt sind. Gehört es auch zur sozialen Verantwortung, den Spielern ihre Grenzen zu erklären? Drobisch: „Es ist wichtig, dass eine ordentliche Trennungskultur gepflegt wird und dass man sie offen, ehrlich und frühzeitig gestaltet. Wir achten auf einen fairen Umgang nicht nur bei der U17, der U19 und der U23. Es geht ja oft eher um Jüngere, um Kinder, die zum Teil schon fünf, sechs Jahre bei uns verbracht haben. Diese jungen Menschen haben es einfach verdient, dass wir frühzeitig und ehrlich mit ihnen sprechen.“
Wie sieht ein anständiger Abschied in der Praxis aus? Drobisch: „Wir teilen den Betroffenen im besten Fall noch im Dezember mit, dass es eng werden könnte mit der Übernahme in die nächstältere Mannschaft. Wenn dann wirklich der Punkt der Trennung kommt, sollte das so früh wie möglich auch kommuniziert werden: ‚Der Weg geht für Dich hier leider nicht weiter.‘ Dann unterstützen wir sowohl die Familie als auch das Kind, um andere Wege aufzuzeigen. Wir haben unser Partnernetzwerk mit diversen Vereinen und helfen den Spielern so weiter, dass es nahtlos in eine Nach-Akademie-Zeit übergeht.“
Die TSG bringt, verglichen mit der Bundesliga-Kon- kurrenz, dennoch mit die meisten jungen Spieler in die Eliteklasse.
Drobisch: „Es ist ein Fakt, dass wir eine hervorragende sportliche Ausbildung haben, die alle Möglichkeiten bietet, hier Profi zu werden. Sportlich sind wir sehr gut. Nicht nur die Infrastruktur, auch unser Personal und die Arbeit auf den Plätzen ist professionell. Vieles ist bei uns außergewöhnlich. Im Rahmen unserer Kooperation mit ‚Anpfiff ins Leben‘ kümmern sich drei hauptamtliche Mitarbeiter nur um schulische Themen der Jungen. Dazu haben wir nochmal fünf Pädagogen, vier davon in Vollzeit, die dafür sorgen,
dass es den Spielern gutgeht. Wir haben die Mittel und die Manpower, dass wir alle diese Bereiche abdecken können. Das funktioniert so gut, dass wir schon aufpassen müssen, dass es nicht zu viel ist. Bei aller sozialen Verantwortung geht es am Ende um Leistung. Diese herauszukitzeln, ist oft- mals gar nicht so einfach, wenn man den Jungen alle Steinchen aus dem Weg räumt. Das ist unsere Herausforderung in der nahen Zukunft.“
Es geht also um das Thema Resilienz, die Wider- standsfähigkeit. Geht es letztlich darum, den Talenten zwar viel zu bieten, aber die berühmte Komfortzone zu vermeiden?
Mann: „In meiner Zeit in Saarbrücken habe ich das Gefühl bekommen, dass Jungs, die aus einem Nachwuchsleistungszentrum kommen, teilweise Probleme bei ihrem ersten Vereinswechsel haben, weil sie aus dem behüteten Heim rauskommen. Man muss einen Mittelweg finden, dass sie nicht beim geringsten Gegenwind umfallen. Das ist bei aller Fürsorge zu beachten, denn am Schluss geht es ja trotzdem um Leistungsfußball. Aber um da- rauf zurückzukommen: Eltern, deren Kind zu uns kommt, wissen, dass die Jungs bei uns in besten Händen sind. Sie können darauf vertrauen, dass wir verantwortungsvoll mit ihrem Sohn umgehen. Nicht jeder Junge kann Profi werden, aber jeder erhält ein zweites Standbein, indem er mit unserer Hilfe einen bestmöglichen Schulabschluss bekommt.“
Dominik, inwieweit kann Marcus der Akademie beim Thema Widerstandsfähigkeit eigene Impulse geben? Drobisch: „Der allgemeine Austausch, zu dem immer die kritische Betrachtung gehört, ist wichtig. Dazu gehört dann vielleicht auch mal der Ansatz: ‚Ihr macht das super, hier und da ist es vielleicht einen Tick zu viel.‘ Ich bin sehr froh, dass wir mit Marcus jetzt genau die Expertise dazu gewinnen. Dass wir an verantwortlicher Stelle einen Ex-Profi haben, der bei einem Regionalligisten erfolgreich unter dem Aufstiegsdruck gearbeitet, on-top noch das DFB- Pokal-Halbfinale erreicht hat und auch noch aus unserer Region kommt. So entstehen im Austausch einfach neue Dinge, veränderte Sichtweisen. Und da wird dann sicher auch mal die Frage gestellt: ‚Müs- sen wir das überhaupt machen? Ist das nicht vielleicht zu viel des Guten?‘ Es ist die Aufgabe von Marcus, das Ganze auf das nächste Level zu heben.“
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