Page 17 - Spielfeld_Mai_2020
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SPIELFELD TSG HOFFENHEIM
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Verstehen Sie, wenn manche Fußball­Fans angesichts der zurückliegenden Rekorde die vermeintlich plötzlich auftretende Existenznot einiger Klubs irritiert?
„Das kann ich absolut nachvollziehen. Aber ich erinnere auch daran, dass viele Menschen, egal ob Fans oder Medien, uns in der Vergangenheit für unser umsichtiges Management bei der TSG Hoffenheim kriti- siert oder gar gescholten haben: ‚Ja, warum kauft ihr denn jetzt nicht mehr oder teurere Spieler, ihr müsst doch investieren. Was wollt ihr mit dem Geld auf dem Konto?‘. Mit derartigen Fragen, die einem fast schon das gezielte Verhindern von sportlichem Erfolg in der Zukunft unterstellt haben, wurden wir regelmäßig konfrontiert und bei allem Verständnis für die jetzigen Reaktionen, gehört das auch zur Wahrheit.“
Die Geschichte gibt Ihnen nun sozusagen Recht.
„Wir agierten stets aus Überzeugung und nicht mit dem Motiv, Recht zu bekommen. Natürlich hat bei der gelebten Praxis keiner von uns an eine Pandemie dieses Ausmaßes gedacht – das will ich an dieser Stelle gerne noch einmal betonen. Ich war und bin einfach ein bedingungsloser Verfechter unseres Weges des nachhaltigen Wachstums, der wirtschaftlichen Vernunft bei gleichzeitiger sportlicher Ambition. Es ergibt einfach keinen Sinn, ,All-in‘ zu gehen und zu hoffen, dass es irgendwie gut geht. Wir sind als Klub durch die Arbeit der vergangenen Jahre in dieser unvorhersehbaren Situation zumindest in einer stabilen Position und wir haben einen langen Atem. Das freut mich ganz besonders auch für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier im Klub, die diesen Weg immer voller Leidenschaft mitbeschritten haben und denen wir derzeit auch eine entsprechende Perspektive geben können.“
Was bedeutet die aktuelle Situation für Ihre Arbeit in der Zukunft?
„Das ist weder für mich noch für meine Kollegen zum heutigen Tag vorherzusagen, aber es wird Veränderungen geben – wie auch immer diese aussehen mögen. Auch wenn es nicht leicht von der Hand geht, so darf man sich als Führungskraft davor nicht scheuen. Niemand konnte die Schwere der
Last, die dieses Virus über uns alle gebracht hat, erahnen oder beeinflussen. Wir können lediglich die Art und Weise steuern, wie wir diese Last in Zukunft tragen wollen, auch wenn es bei bestimmten Themen wie Transfers eine gewisse Unsicherheit, vor- aussichtlich sogar langfristig, geben wird.“
Und ängstigt Sie diese Unsicherheit?
„Ich halte es für ratsam, nicht mehr zu viel Energie auf die Umstände an sich zu richten. Wir können selbstbewusst auf das Geleistete zurückblicken, aber wir dürfen uns dabei auch nicht in der Vergangenheit verlieren. Veränderungsmanagement ist ein entscheidendes Stichwort, das heißt wir müssen uns sowohl bei der TSG als auch in der gesamten Fußballbranche kurz- und mittelfristig anpassen und gegebenenfalls neue Wege entwickeln. Dabei dürfen wir uns auch in Zukunft nicht vor kalkulierbaren Risiken scheuen und müssen weiterhin mutige Entscheidungen treffen, selbst wenn Manches nicht so berechenbar scheint wie noch vor kurzer Zeit.“
Sie sprachen vorher in diesem Zusammen­ hang das Thema Transfers an. Inwieweit stellt die kommende Transferperiode eine besondere Herausforderung für Sie dar? „Darauf kann es keine abschließende Antwort geben, weil niemand weiß, wie sich die Din- ge konkret entwickeln. Aber auch hier blicke ich mit Vertrauen und Optimismus nach vorne. Wir verfügen über einen entwick- lungsfähigen Kader und sind in einer recht komfortablen Situation, die wir uns in den vergangenen Jahren erarbeitet haben. Wir sind gut aufgestellt. Wir haben nur drei auslaufende Verträge, die der Torhüter Mi- chael Esser und Alexander Stolz sowie von Leihspieler Sebastian Rudy. Zudem haben wir einige Leihspieler im Markt, auf die wir zur neuen Saison wieder Zugriff haben, hinzu kommen die Talente aus unserer Akademie. Selbst wenn wir die Transferaus- gaben wegen eines möglichen Worst-Case- Szenarios extrem oder sogar gegen Null reduzieren müssten, hätten wir sofort eine schlagkräftige Truppe, die erst am Anfang ihrer Entwicklung steht. Ich bin also trotz der allgemein schwierigen Situation dies- bezüglich angemessen gelassen.“
  






















































































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