Page 35 - Spielfeld_Maerz_2019
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 Seine Heimat erschwerte vielen ehemaligen Weggefährten den Schritt ins Berufsleben. Für Ishak Belfodil war sie eine Hilfe, ein Motor, ein stetiger Antrieb. „Ich wusste, dass ich außerhalb meines Viertels das Doppelte leisten muss, um die gleichen Chancen zu haben. Man muss härter arbeiten, da man nicht auf dem gleichen Level beginnt wie viele andere. Aber ich wusste auch, dass man am Ende belohnt wird, wenn man Leistung bringt. Hinzu kommt, dass man nicht nur an
durch die Erfahrungen schüchtert mich so schnell nichts mehr ein.“ Aspekte, die den Angreifer auch fußballerisch weiterbringen: „Innerhalb einer Mannschaft ist es hilfreich, so viele Sprachen zu sprechen und zu wissen, wie Menschen ticken. Ich kenne die Mentalitäten der Jungs und verstehe sie in ihrem Handeln – vielleicht besser als jemand, der bislang nur in Deutschland gelebt hat und dann auf Spieler aus ganz vielen Nationalitäten trifft.“
sich denkt, sondern an die ganze Mitglieder hat. Der Fußball bietet eine Chance, es allen besser gehen zu lassen. Mein Ansporn war deshalb vielleicht höher als bei anderen talentierten Spielern.“
Familie, die viele ärmere
„Ich wusste, dass ich außerhalb meines Viertels das Doppelte leisten muss, um die gleichen Chancen zu haben.“
Der Schritt in die Bundesliga war dabei wohl überlegt – auch wenn es im Bekanntenkreis Vorbehalte gab, wie er sich lächelnd erinnert: „Bei uns gelten Deutsche zwischenmensch- lich eher als kalt, sehr ernst und diszipliniert. Das ist natürlich etwas klischeehaft, aber es ist auch etwas dran. Aber es hilft mir auch: Wenn
Der Fokus war stets auf die Karriere
gerichtet, Belfodil war zu Beginn
seiner Lauf bahn kein Weg zu weit
– nicht auf dem Platz und nicht bei der Auswahl seiner Arbeitgeber. Im Alter von 18 Jahren begann sein Leben als Entdecker, erst zog es ihn nach Italien, er wechselte jährlich die Klubs, spielte in den Vereinten Arabischen Emiraten, in Belgien und schließlich in Deutschland. Dazu kamen Spiele für die französischen Junioren-Nationalteams und dann seit 2013 für die A-Nationalmannschaft Algeriens. Aus dem mittellosen war ein rastloses Leben geworden. Ishak Belfodil entwickelte sich: als Fußballer, vor allem aber als Mensch. „Die Zeit hat meinen Charakter geprägt. Ich spreche mittler- weile f ließend Französisch, Italienisch und Arabisch, zudem gut Englisch und mittlerweile auch ein wenig Deutsch. Ich habe viel gelernt, viele Mentalitäten kennengelernt und viel gesehen. Ich hatte zwar auch früher kaum mal Angst, aber
in Algerien oder teilweise auch in Frankreich der Treffpunkt um 10 Uhr ist, kann man eine Viertelstunde später kommen. Man reagiert entspannt. Hier hat man dann das Gefühl, man hat jemandem etwas angetan.“
Belfodil bekam das deutsche Faible für Pünktlichkeit und Dis- ziplin bei der TSG früh zu spüren. Er und Joshua Brenet wurden aus dem Kader des ersten Champions-League-Spiels bei Schachtar Donezk gestrichen, da sie eine Videoschulung verpasst hatten. Eine bittere, aber durchaus lehrreiche „disziplinarische Maß- nahme“, wie Belfodil zugibt: „Das war wichtig, seitdem bin ich nie wieder zu spät gekommen. Hier beginnt das Training schon vor dem Training. Man muss gut vorbereitet und auch mental präpariert sein. Mir gefällt diese Mentalität, sie tut mir gut.“
Profis
   Ein Mann mit vielen Gesichtern: Ishak Belfodil im Trikot seiner früheren Vereine in den vergangenen zehn Jahren. Der Algerier spielte dabei für (v.l.n.r.) Olympique Lyon (– 2012), den FC Bologna (2012), Parma Calcio (2012/13), Inter Mailand (2013/14), AC Livorno (2014), Parma Calcio (2014/15), Baniyas SC (Abu Dhabi / 2015/16), Standard Lüttich (2016/17) und Werder Bremen (2017/18).
SPIELFELD TSG HOFFENHEIM 35
        



















































































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