Page 78 - TSG_Spielfeld_April_2022
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Wer heute auf die SAP schaut, erblickt einen wirtschaftlichen Rie-
sen: Marktführer für Geschäftssoftware, ein Jahresumsatz von zuletzt 27,84 Milli- arden Euro, rund 440.000 Kunden in mehr als 180 Ländern und mehr als 107.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, notiert an der Frankfurter Börse ebenso wie an der New Yorker Wall Street. Rund 80 Prozent der Kunden sind kleine und mittelständische Firmen, zugleich aber sind auch 99 der 100 größten
Unternehmen der Welt stolze SAP-Kunden.
Entsprechend groß ist auch die Verant-
wortung der SAP, wie Vorstandsspre-
cher Christian Klein im SPIELFELD-
Gespräch betont: „SAP-Software
wird dazu beitragen, dass unsere
Kunden den notwendigen Wandel in
digitale Unternehmen erfolgreich be-
wältigen können. Wir transformieren
jeden unserer Kunden in ein intelli-
gentes Unternehmen.“ Dazu gehört
aktuell insbesondere auch der Fokus
auf die Nachhaltigkeit. Angesichts der
sich verschärfenden Klimakrise steht
die Verringerung ihrer Umweltauswir-
kungen ganz oben auf der SAP-Agenda.
Das Walldorfer Unternehmen möchte
im eigenen Geschäftsbetrieb bereits 2023 klimaneu- tral sein – und zudem auch in dieser Hinsicht dazu beitragen, die Abläufe der weltweiten Wirtschaft und das Leben der Menschen zu verbessern. „SAP hat und wird die Welt weiter verändern“, sagt Klein (siehe auch Interview auf den folgenden Seiten).
Wie tiefgreifend die Veränderung sein würde, ahnte am 1. April 1972, als die Firma „Systemanalyse und Programmentwicklung GbR“ mit Sitz in Weinheim entstand, vielleicht nicht einmal SAP-Gründer Dietmar Hopp. Der damals 31-Jährige war zuvor ein hoch angesehener Kundenbetreuer der Weltmarke IBM gewesen – und sollte in dieser Funktion die Auftrags- und Versandabwicklung der Nylon-Fab- rik Imperial Chemical Industries (ICI) in Östringen modernisieren. Sein Assistent für diese Aufgabe: Hasso Plattner. Es war der Schlüsselmoment für die Gründung der SAP. Das Duo sah, dass von Seiten der Software stets die gleichen Aufgaben zu bewäl- tigen waren, egal ob Lohnbuchhaltung, Einkauf oder Auftragseingang. „Es war ein echtes Aha-Erlebnis“, nannte Hopp es später im SPIELFELD-Gespräch. Und so schlugen sie der ICI vor, ein Programm zu schreiben, in dem die Eingaben im Real-Time- Verfahren verarbeitet werden, erzählt Hopp. „Das war außerordentlich kühn.“ Der 31-Jährige schließt mit
den ICI-Verantwortlichen ein Abkommen. Tagsüber erledigen sie ihren Auftrag – am Wochenende und in den Nächten, wenn der IBM-Großrechner nicht benötigt wird, können Hopp und Co. an ihrem neuen Wunderprogramm arbeiten.
Die Finanzbuchhaltungssoftware namens RF soll die Daten in Echtzeit verarbeiten, die Datenein- gabe direkt auf dem Bildschirm erscheinen. Das, was heute, 50 Jahre später, für jedes Kind eine Selbstverständlichkeit ist, war nichts weniger als eine Revolution. Denn damals wurden Aufträge noch per Lochkarte erfasst, von Dutzenden von
Mitarbeitern, die bestimmte Muster in Pappen stanzten. Denn der klobige IBM-Großrechner von ICI hatte einen Arbeitsspeicher von lächerlichen 28 Kilobyte. Zum Vergleich: Heute arbeitet jedes Laptop mit mehre- ren Gigabyte RAM, der mehr als 100.000-fachen Leistung.
Dietmar Hopp kündigt bei der IBM, nimmt neben seinem Assistenten Hasso Plattner auch Klaus Tschira, den Betriebswirt Claus Wellenreuther sowie den Mathematiker Hans-Wer- ner Hector mit ins Boot. Das Fernziel ist klar: Eine Software, die für alle
Unternehmen tauglich ist, ein Standardprogramm, das alle Firmen gleichermaßen nutzen können und welches die verschiedenen Arbeitsgebiete eines Unternehmens miteinander verzahnt. „Bei solchen Projekten säßen heute Teams von locker 200 bis 300 Mann, was wir da mit unseren paar Jungs gemacht haben“, sagte Hopp einst in der Rückschau – und doch: „Wir waren keine Zauberer.“ Aber Revolutionäre.
Am 1. Januar 1973, exakt neun Monate nach dem Start, funktioniert das System. Nach nicht viel mehr als einem Augenzwinkern erscheinen die eingegebenen Daten auf dem Monitor. Der Weg ist geebnet. Große Unternehmen wie Burda und Boehringer greifen bei der neuen Software zu, 1974 nutzen schon 40 Unter- nehmen SAP-Produkte. Zwei Jahre später wird die „SAP GmbH Systeme, Anwendungen und Produkte in der Datenverarbeitung“ gegründet, die später zur Hauptgesellschaft wird. Mit fast vier Millionen D-Mark Umsatz und 25 Mitarbeitern wächst SAP schnell, der Firmensitz wird nach Walldorf verlegt, wo ihnen eine passende Fläche als Firmensitz angeboten wird. Als die SAP schließlich im Jahr 1988 nach Jahren der Expansion an die Frankfurter Börse geht und zehn Jahre später auch an der Wall Street gelistet wird, wissen alle: Aus dem 70er-Jahre Start-up ist ein Weltkonzern geworden.
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