Page 76 - TSG_Spielfeld_Oktober_2021
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 Guter Schuss“, lobt eine mechanische Stimme den Torschützen. Der sechsjährige Ludwig hat gerade an der Elfmeter-Station der Heilbronner
experimenta den Fußball hinter einem Roboter-Keeper versenkt. Fünf Versuche, drei Treffer. Doch um Tore geht es eigentlich nur in zweiter Linie. In welche Ecke kippt der Torwart als Nächstes? Er folgt einer bestimmten Regel – und eben diese sollen Ludwig und sein Vater herausfinden.
„Erleben schafft Wissen“ lautet die Philosophie, die sich Deutschlands größtes Science Center auf die Forscherfahne geschrieben hat. Aufgeteilt in vier Themenfelder entdecken die Besucher naturwissen- schaftliche und technische Zusammenhänge, das Wesen und eben auch die Regeln der Dinge. Rund 300 Mitmach-Stationen erklären die Welt. Ludwig hat seine liebste für heute gefunden: „Die Elfmeter machen mir am meisten Spaß“, sagt er. Zuhause kickt er auch gerne und schaut sich Fußballspiele an. „Das ist echt stark, was hier auf die Beine gestellt wurde“, findet sein Vater. Nicht nur für Kinder sei das super interessant.
„Unsere Zielgruppe sind wissbegierige Menschen von 3 bis 103. Wir kümmern uns auch stark um die Best-Ager. Man lernt schließlich nie aus“, sagt Thomas Rauh, PR-Manager der experimenta. Kinder gehen völlig unbefangen an die Sache. „Die Erwachsenen beobachten erstmal, trauen sich dann aber meistens auch“, sagt Rauh. Tatsächlich stürmen hauptsäch- lich Schüler von Station zu Station und beantworten
spielerisch Fragen, die sie sich vielleicht noch nie gestellt haben. Wie fühlt es sich im Auge des Sturms an? Wie kommt die Welt ins Gehirn? Wie sieht der eigene Körper aus, wenn er sich zu Wasser, Eis oder Gummi verwandelt? Wie bekommt man ein künstliches Känguru zum Hüpfen? Und landet ein Brot wirklich immer auf der Marmeladenseite?
Eröffnet wurde die experimenta im November 2009. Damals war sie noch im umgebauten „Hagenbucher“ angesiedelt, einem alten Ölsaatspeicher auf der Neckarinsel mitten in Heilbronn. Heute ist dort das Schülerforschungszentrum mit verschiedenen Labo- ren untergebracht. 2015 knackte die Ausstellung die Marke von einer Million Besuchern. 2019 schließlich eröffnete TV-Moderator Günther Jauch den spektaku- lären Neubau aus Glas und Stahl. Ministerpräsident Winfried Kretschmann war damals ganz besonders am Marmeladenbrot-Fall interessiert und staunte über die simple Lösung: Die Tischhöhe und die Größe des Brots sind die entscheidenden Faktoren.
Würde man es aus einer entsprechend größeren Höhe fallen lassen, würde es höchstwahrscheinlich eine komplette Drehung machen und auf der Unterseite landen. Wer es ausprobieren möchte, kann das – mit selbst belegtem, künstlichem Brot – direkt vor Ort am „Fallturm“.
Durch den Neubau hat sich die experimenta mit einer Fläche von 25.000 Quadratmetern deutlich vergrößert und stark digitalisiert. Fast 200 Menschen arbeiten inzwischen dort. „Unser Team besteht aus mehr als 60 Berufsgruppen – vom Astrophysiker zum Matrosen, von der Psychologin bis zur Schau- spielerin“, sagt Geschäftsführer Dr. Wolfgang Hansch. Unter anderem produziere das Team Filme, kura- tiere Sonderausstellungen und entwickle Mit- mach-Stationen, wovon bis zu zehn Prozent pro Jahr ausgetauscht würden, so Rauh.
   Wohin mit dem Ball? Der sechsjährige Ludwig und sein Vater überlegen an der Elfmeter-Station, welcher Regel der Robotertorwart folgt.
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