Page 8 - TSG_Spielfeld_September_2021
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Kinder, wie die Zeit vergeht
Am 11. September 2001, vor nunmehr exakt zwei Jahrzehnten, trat der FC Schalke 04 zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte in der UEFA Champions League an. Nur 1958/59 waren die Schalker im Vorgängerwettbewerb, dem Europapokal der Landesmeister, einmal dabei gewesen. Alles war hergerichtet, die Kulisse perfekt für ein Ereignis, auf das Gelsenkirchen mehr als 40 Jahre gewartet hatte. Zu Gast in der neuen Schalker Arena, deren Eröffnung erst einen Monat zurücklag, war der griechische Klub Panathinaikos Athen. Zum Auftaktspiel in der Gruppe C war auf Schalke eine große Party geplant, mit 52.333 Gästen. Was folgte war eine Trauer- veranstaltung, die allen Beteiligten immer in Erinnerung bleiben wird.
Denn zum 20. Mal jährt sich am 11. September ein Ereignis, das die gesamte Welt erschütterte. Um 14.46 und um 15.03 Uhr Mitteleuropäischer Zeit geschah das bis dahin Unvorstellbare – zwei Flugzeuge, von Terroristen entführt, schlagen kurz nacheinander in die Türme des World Trade Centers ein und bringen diese zum Einsturz. In einer Zeit ohne Smartphones versammelten sich Menschenmassen vor den Fernsehern und wurden Zeuge der dramatischen Bilder aus New York. Unter den Fassungs- losen waren auch die Schalke-Spieler, die sich im Hotel auf den großen Auftritt in der Königsklasse vorbereiteten. Huub Stevens, damals Cheftrainer der „Knappen“, ver- suchte seine Profis davon abzuhalten: „Macht die Fernseher aus! Macht sofort die Dinger aus.“ Doch die Bildschirme blieben an, und die dramatischen Bilder brannten sich in die Köpfe. Das womöglich letzte, woran die Spieler in diesem Moment dach- ten, war wohl ein Fußballspiel. Die Schalker Akteure, allen voran Andreas Möller, forderten eine Spielverlegung, für die sich auch Manager Rudi Assauer einsetzte. Die UEFA jedoch ignorierte alle Proteste und ordnete die Austragung des Duells an. Im Stadion, das fast alle Zuschauer trotz der Umstände aufsuchten, herrschte schließlich Totenstille. Ohne Jubel oder Anfeuerungen betraten die Mannschaften die Arena, die Aufstellungen wurden ohne Applaus verkündet, es folgte eine Schweigeminute. Niemand wagte es, diese zu stören.
Schalke schoss an diesem Abend nicht ein einziges Mal aufs gegnerische Tor, Athen gewann 2:0. Sie seien besser „mit der Sache“ klargekommen, äußerte Stevens im Anschluss. Die UEFA, die scharf kritisiert wurde, die Spiele unter diesen Bedingungen durchzupeitschen, reagierte mit Verspätung: Die Mittwochpartien wurden verschoben. Auch der FC Schalke 04 lernte danach mit dem Geschehenen umzugehen – und sorgte nur vier Tage später für eine Aktion, die eine Woche zuvor noch undenkbar war: beim Derby gegen den Erzrivalen Borussia Dortmund standen die Spieler beider Teams Hand in Hand auf dem Rasen. Die Gelsenkirchener siegten anschließend 1:0 im Revierderby – durch ein Tor des früheren Dortmunders Andreas Möller.
  Kein Tag wie jeder andere:
Nico van Kerckhoven (r.) vom FC Schalke 04 am 11. September 2001 im Spiel gegen Athen.
MIXED ZONE
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