Page 36 - Spielfeld_Februar_2021
P. 36

 36
 „Ich war völlig außer Gefecht gesetzt“
Mitte November war plötzlich alles anders im Leben von Kevin Vogt. Das Coronavirus sorgte nicht mehr nur für Einschränkungen im Alltag von Vogt, der TSG-Profi spürte die Infektion am eigenen Körper – und wurde von ihr „umgehauen“: „Die ersten drei Tage habe ich nichts gemerkt. Aber dann hat es mich richtig erwischt, da war ich vier, fünf Tage komplett weg vom Radar. Wenn ich die Treppe runtergegangen bin und dann wieder hoch, war ich völlig fertig, konnte kaum atmen und hab dann erstmal 20, 30 Minuten auf der Couch gelegen.“ Eine heftige Erfahrung für den Hochleis- tungssportler: „Normalerweise funktioniert mein Körper wirklich gut und ich komme auch immer gut durch die englischen Wochen. Dass ein Virus mich dann so außer Gefecht setzt, war schon ein spezielles Gefühl und absolutes Neuland.“ Zwei Spiele verpasste Vogt aufgrund der Infektion. Es dauerte allerdings, bis er keine Folgen mehr spürte. „Die ersten zwei, drei Trainingseinheiten musste ich schon extrem pumpen. Ich war vorher total fit, da fragt man sich, was da plötzlich los ist, wenn man dann so gar nicht in Tritt kommt.“
Aufgrund der eigenen Erfahrung sieht Vogt in der Vielzahl der Corona-Fälle im TSG-Kader auch einen direkten Einfluss auf die bisherigen Ergebnisse. „Das soll absolut kein Alibi sein, aber wir waren in einer vielversprechenden Phase, als es dann zehn, elf Spieler bei uns erwischt hat. Einige hat es schwerer getroffen als andere und sie haben mehr Zeit benötigt, um zurückzukommen. Da hat man schon gemerkt, dass die Leistungen und Resultate in der Bundesliga nicht mehr so waren, wie wir es uns gewünscht haben.“
Die stete Isolation von Spielern sowie eingeschränkte Kon- takt-Möglichkeiten wirkten sich auch auf das Teamgefüge aus. „Es ist klar, dass das auch den Spirit beeinflusst. Aber wir haben versucht, nicht zu viel zu hadern. Alle Menschen sind derzeit sehr eingeschränkt und wir Profi-Fußballer extrem privilegiert. Das ist mir völlig bewusst und darum bin ich weit davon entfernt, mich zu beklagen.“
Das gilt für Vogt auch in Bezug auf den eng getakteten Spielplan dieser Saison, der den Profis einiges abverlangt: „Viele Men- schen wären aktuell froh, wenn sie normal arbeiten könnten. Und deswegen kann und will ich mich auch gar nicht darüber beschweren, dass die Belastung deutlich höher ist als zuvor. Da überwiegen ganz klar Dankbarkeit und Glücklichsein darüber, dass ich meinen Job ausüben kann“, sagt der 29-Jährige. „Wenn ich sehe, wie viele Menschen extrem damit zu kämpfen haben, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch im Alltag, ist das wirklich hart.“
Vogt hofft auf eine baldige Rückkehr zur Normalität – im Alltag und im Profifußball: „Es wäre schön, wenn sich bald alles wieder reguliert. Und damit meine ich nicht den monetären Part, sondern die Romantik. Ich glaube, da spreche ich auch den Fans aus der Seele. Im Privatleben gewöhnt man sich an alles und auch an die Einschränkungen. Aber im Stadion – das ist nicht dasselbe. Die Fans und Zuschauer fehlen so sehr, das wird niemals Alltag. Ich wünsche mir von Herzen, dass das möglichst schnell wiederkommt.“
„Die TSG Hoffenheim ist nicht einfach irgendein Verein für mich, sondern die prägendste und lehrreichste Station meiner Fußballkarriere. Wir haben hier zusammen Geschichte geschrieben.“
Schulter und Daumen sind mittlerweile wieder hergestellt. Darum kann er den bösen und vor allem schmerzhaften Sturz im Berliner Olym- piastadion bereits süffisant kommentieren: „Im Nachhinein ist es ganz lustig. Ich bin aus dem MRT gekommen und der Daumenspezialist hat gesagt: 'Geh mal hoch zum Schulterspezialisten. Und wenn der sagt, du musst operiert werden, dann operieren wir deinen Daumen direkt mit.' Das war geil.“
Kevin Vogt ist also bester Laune und bereit für das Wiedersehen mit Werder am 21. Februar. Auch wenn es „ein besonderes Spiel“ ist und Vogt Bremen dankbar für die gesammelten Erfahrungen sowie die Chance des Perspektiv- wechsels ist – Zweifel an seinem Herzensklub gibt es nicht: „Die TSG Hoffenheim ist nicht einfach irgendein Verein für mich, sondern die prägendste und lehrreichste Station meiner Fußballkarriere. Wir haben hier zusammen Geschichte geschrieben. Man weiß nie, was passiert, aber das kann ich dennoch mit Aus- rufezeichen sagen: Es wird auch die beste Station sein, die ich in meiner Karriere hatte und auch haben werde.“
 Enge Verbindung zu den Kollegen: Kevin Vogt herzt Håvard Nordtveit
PROFIS
 






















































































   34   35   36   37   38