Page 35 - Spielfeld_Oktober_2020
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 SPIELFELD TSG HOFFENHEIM 35
Kein Weg zu weit
João Klauss de Mello ist im Sommer nach einer Leihe zum Linzer ASK nach Hoffenheim zurückgekehrt. Der 23-Jährige überzeugte in der Vorbereitung und hat trotz der großen Konkurrenz im TSG-Angriff gute Chancen auf seinen Durchbruch in der Bundesliga. Um dorthin zu gelangen, hat der Brasilianer seit seiner Kindheit zahlreiche Herausforderun- gen gemeistert.
Bereits im Alter von neun Jahren wusste João Klauss de Mello, dass seine fußballerischen Fähigkeiten im Vergleich zu seinen gleich-
altrigen Kumpel herausragen. Bei einem Testspiel seines Heimatklubs Esporte Clube Juventude wurde er vom gegnerischen Trainer entdeckt – und erhielt ein ungewöhnliches Angebot
des rund drei Autostunden entfernt beheimateten SC Internacional Porto Alegre: „Trainier' am Freitag, spiel' am Wochenende – und fahr' wieder nach Hause.“ Klauss, wie er von seinen Freunden meist genannt wird, nahm das Angebot an. Fortan fuhren ihn seine Eltern freitags von Caixas do Sul vorbei an Nuevo Hamburgo nach Porto Alegre. Eine im Südosten Brasiliens gelegene Stadt, die durch deutsche und italienische Migranten geprägt wurde und übersetzt den Namen „freundlicher Hafen" trägt.
Doch das Projekt „Langes Wochenende
in Porto Alegre“ wurde bald modifi-
ziert. Zum einen, da die Fahrtstrecke
doch recht kraft- und zeitaufwendig
wurde, besonders für die Eltern, zum
anderen, weil seine Sonderrolle trotz
vieler Tore nur schwer vermittelbar
war. De Mello schmunzelt, als er sich an die Zeit erinnert: „Sie haben mir nach einem Jahr gesagt, dass es nicht gehe, dass ich nur einmal mit der Mannschaft trainiere und trotzdem spiele. Das sei unfair den anderen gegenüber – auch wenn ich
in meiner Heimat natürlich auch täglich gekickt habe. Aber es war verständlich, so zog ich bereits als Zehnjähriger ins Internat.“ Dort blieb er vier Jahre, bis ihn das nächste Angebot erreichte, das er nicht abschlagen konnte: Der große Stadtrivale Gremio klopfte 2011 bei Klauss an – und dann wagte
er den Schritt zum traditionsreichen Weltpokalsieger von 1983 (2:1 im Fi- nale gegen den Hamburger SV). „Es ist ein berühmter Klub in Brasilien, für den schon viele Legenden gespielt haben. Es war eine besondere Ehre, ein Angebot zu erhalten.“
Einer der Helden Gremios ist Carlos Eduardo – einst Aufstiegsgarant der TSG und Mitglied des legendären TSG-Teams, das im ersten Bundes- ligajahr gleich die Hinrunde auf Rang eins beendete. So hatte Hoffenheim einen großen Trumpf in der Hinter- hand, als sich die TSG im Jahr 2016 bei Klauss nach dessen Zukunfts- planung erkundigte. „Ich kannte die TSG aus dem Fernsehen, weil ich in Brasilien sehr viel Bundesliga ge- schaut habe und der Klub durch Roberto Firmino hier sehr bekannt ist. Als ich das Angebot erhielt, habe
ich sofort mit Carlos Eduardo gesprochen, der ein guter Freund von mir ist. Er hat von Hoffenheim geschwärmt. Ich habe keine Sekunde gezögert und wusste gleich, dass es die Chance ist, auf die ich Jahre hingearbeitet hatte.“
 Stolzer Sieger: João Klauss de Mello gewann mit Grêmio Porto Alegre zahlreiche Pokale.
















































































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